Schaurig, finster und gespenstisch wirkt der Wald. Zwischen den Bäumen wabern Nebelschwaden. Alle Geräusche sind übertrieben laut zu hören. Sogar die Regenwürmer, die sich auf einem Haufen zusammenringeln, wirken wie gefährliche Tiere. Die Atmosphäre ist bedrohlich. Die Musik nimmt die düstere Stimmung auf, so dass der Zuschauer den Schauspieler im Film innerlich beschwört: "Fliehe, so schnell Du kannst, sonst rennst Du in Dein Verderben." Der Film "Schweigend steht der Wald" ist nicht nur ein spannender Krimi. Regisseurin und Produzentin Saralisa Volm erzählt in ihrem ersten Langfilm eine vielschichtige Geschichte mit überraschenden Wendungen. Der Film, der erstmals auf der Berlinale gezeigt wurde, war in dieser Woche beim Fünfseen-Filmfestival in Starnberg zu sehen. Ende Oktober soll er in die Kinos kommen.
Die Handlung: Die Forstwirtschaftsstudentin Anja (Henriette Confurius) kommt als Praktikantin in das Dorf zurück, in dem vor 20 Jahren ihr Vater verschwand. Sie nimmt Bodenproben auf einer Wiese und stößt dabei auf Ungereimtheiten, die damals auch ihr Vater schon festgestellt hat. Zudem will sie herausfinden, was mit ihrem Vater geschehen ist, denn sie glaubt, dass der behinderte Xaver (Christoph Jungmann) damals zum Sündenbock gemacht wurde, weil er sich nicht wehren konnte. Der pensionierte Polizist Gustav Dallmann (August Zirner) will verhindern, dass Anja die alten Geschichten ausgräbt. Er setzt seinen Sohn und Nachfolger im Polizeidienst Konrad (Robert Stadlober) unter Druck und verlangt, dass er Anja dazu bringt, das Dorf zu verlassen.
Auch bei den Dorfbewohnern trifft Anja auf eine Mauer des Schweigens. "Sonst hätte ja die ganze Welt davon erfahren", erklärt Waltraud (Johanna Bittenbinder), warum alle ein früher begangenes Unrecht verschleiern und sie ebenso wie ihre Ahnen nicht in die alten Geschichten hineingezogen werden wollen. Sie hätten ja nichts verbrochen, beruhigen sie sich selbst. Die eigenen Interessen siegen über die Moral, wie bei Anjas Kindheitsfreund Rupert (Noah Saavadra), der auf der verdächtigen Stelle einen Märchenwald bauen will. Anja gräbt tiefer und tiefer, und am Ende nimmt das Unglück seinen Lauf.
Die Geschichte reicht zurück bis ins Konzentrationslager Flossenbürg und zu den Todesmärschen im Jahr 1945. Man habe nie einen Nazi-Film drehen wollen, sagte Co-Produzent Ingo Fliess, der beim Filmgespräch kurzfristig für die erkrankte Regisseurin eingesprungen war. Ziel des Films sei es, Erinnerungen wachzuhalten. Wegen Corona hatte das Team zwei Jahre für die Umsetzung des Films nach dem Roman von Wolfram Fleischhauer benötigt. Fleischhauer hat auch das Drehbuch geschrieben. Alle Szenen im Film sind an Originalschauplätzen gedreht worden. Nur dort gebe es so verwahrloste Bauernhöfe und so viele Schlaglöcher auf den Straßen, wie sie benötigt hätten, sagte Fliess.
Zunächst hatte man den Film ohne Musik geplant. Doch dann hatte Volm Malakoff Kowalski gewinnen können, der die Musik ohne Gage komponiert habe. Im Gegensatz zum Roman gibt es im Film kein Happy End; das Ende bleibt offen. Auch wenn es im Film nicht thematisiert wird, ist Fliess überzeugt, dass sich der Mörder selbst richten wird. Es drängt sich aber auch die Frage auf, ob der Mörder, der schon früher über Leichen ging, überhaupt ein Gewissen hat und womöglich unbehelligt weiterlebt, wie bisher auch.