Süddeutsche Zeitung

Feldafing:"Ein Verein, der sich nicht treffen kann, der stirbt"

Im Vorfeld des Bürgerentscheids tauschen die Initiatoren von Bürger- und Ratsbegehren ihre Argumente im Streit um den künftigen Feuerwehrstandort in Feldafing aus.

Von Sabine Bader, Feldafing

Kein Zweifel, ein wenig emotional kann es schon zugehen, wenn die Feldafinger Bürger die Zukunft ihrer Vereine in Gefahr sehen. Wenn befürchtet wird, ihnen werde buchstäblich der Boden unter den Füßen entzogen. Erst Corona und jetzt das? Als wäre das Vereinsleben nicht schon geschunden genug. Gleichzeitig will man aber auch, dass die Gemeinde der örtlichen Feuerwehr gute Arbeitsbedingungen bieten kann. Schließlich könnte sie jeder einmal brauchen. In diesem Zwiespalt befinden sich die Feldafinger im Augenblick. Die Frage, die sich ihnen stellt, lautet schlicht: Bleibt der Makarska-Grill als Treffpunkt der Vereine erhalten - oder wird auf diesem Grundstück ein neues Feuerwehrhaus gebaut? Um sich vor dem anstehenden Bürgerentscheid am 16. Oktober noch einmal über die Argumente von Befürwortern und Gegnern beider Varianten informieren zu können, hatte die Gemeinde am Mittwochabend in den Bürgersaal zur Podiumsdebatte geladen -und rund 60 Bürger kamen.

Günter Rusche, zweiter Schützenmeister der Altschützen und Mitinitiator des Bürgerbegehrens, hob unter der Moderation von Peter Schiebel, dem Redaktionsleiter des Starnberger Merkur, noch einmal die Beweggründe für das Bürgerbegehren hervor. Von Seiten der Initiatoren sei man nicht angetreten, um etwa den Bau eines neuen Feuerwehrhauses zu verhindern, man halte lediglich diesen Standort für ungeeignet. Zum einen sei die Kreuzung unübersichtlich und berge darum Gefahren. Zum anderen könne ein Zweckbau wie ein Feuerwehrhaus dem Ortsbild mit seinen historischen Gebäuden schaden. Und außerdem sei das Gasthaus mit seinem Saal ein beliebter Treffpunkt der örtlichen Vereine.

Rusche nannte nur einige von ihnen: den Soldaten- und Kameradschaftsverein, den VDK, den Verschönerungsverein, die Böllerschützen und allen voran die Altschützen, die dort ihre Schießstände haben. Und was die Lage der Vereine noch schlimmer mache: Sie könnten auch nicht ausweichen. Denn laut Rusche gibt es im Ort keine andere Gaststätte mehr, die nicht saniert würde oder ohnehin geschlossen sei. "Es bleibt eigentlich kein Standort mehr übrig", an dem sich die Vereine zu Kaffeenachmittagen, Weihnachtsfeiern und Hauptversammlungen treffen könnten. Rusche: "Ein Verein, der sich nicht treffen kann, der stirbt." Auch gäbe es künftig für Besucher und Bürger keine Möglichkeit mehr, zum Mittagessen zu gehen.

Rathauschef Bernhard Sontheim erläuterte, warum im Gemeinderat die Entscheidung für den Standort gefallen ist. Zuerst habe man das neue Feuerwehrhaus am alten Platz errichten wollen, aber schnell feststellen müssen, dass dieser viel zu klein sei. "Wir bringen hier weder das Gerätehaus selbst unter, geschweige denn entsprechende Aufstellplätze, Parkplätze und so weiter." Die Gemeinde habe daraufhin etliche Standorte untersucht: darunter den des jetzigen Bauhofs, der Bundeswehr, ein Gelände gegenüber vom Rathaus, eines am Starzenbach, auf den sogenannten Lipp-Wiesen und eben das Makarska-Grill-Areal. Nur auf den letzten beiden sei der Bau des Feuerwehrhauses grundsätzlich möglich, sagte Sontheim. "Alle anderen Standorte sind entweder zu klein oder so weit weg, dass wir die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen nicht mehr einhalten könnten."

Der Rathauschef räumte zwar ein, auch er sei anfangs gegen das Gaststätten-Grundstück gewesen. Zum Umdenken hätten ihn aber letztlich gleich mehrere Gründe bewogen. Da sei der große Sanierungsbedarf der Gaststätten - schließlich sei der Keller undicht, der Brandschutz nicht gegeben und die Abwasserleitungen marode. Nach ersten Schätzungen würde das rund 700 000 Euro kosten. "Das Geld haben wir nicht." Zudem wolle der jetzige Pächter in zwei bis drei Jahren ohnehin aufhören. Auch würde der Bau des neuen Feuerwehrhauses auf der Lipp-Wiese wesentlich länger dauern, weil dafür ein Bebauungsplan vonnöten wäre.

Die anschließende Debatte verlief zwar teilweise impulsiv - es wurden auch mal Stimmen lauter -, aber die Versammlungsbesucher waren dennoch darum bemüht, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Es ging um Lagerflächen und zusätzliche Veranstaltungsräume für die Vereine. Den Gordischen Knoten konnten die 60 Gäste an diesem Abend dennoch nicht durchschlagen. Eines aber wurde deutlich: Das Feldafinger Vereinsleben ist trotz Corona noch so weit intakt, dass man die Bedürfnisse der anderen ernst nimmt und respektiert. Das machte Kommandant Dirk Schiecke deutlich, der erklärte, die Feuerwehr habe kein Problem damit, wenn beispielsweise auf ihr geplantes Feuerwehrhaus noch ein Stockwerk für eine Gaststätte draufgesetzt würde und im Keller ein Schießstand entstehe. "Wir sind dafür sehr offen."

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