Festival:Zukunftsmusik aus der Vergangenheit

Festival: Der junge Klarinettist Roman Gerber aus Feldafing tritt in der Aula des Gymnasiums Tutzing auf, das er einst als Schüler besucht hatte.

Der junge Klarinettist Roman Gerber aus Feldafing tritt in der Aula des Gymnasiums Tutzing auf, das er einst als Schüler besucht hatte.

(Foto: Christina Körte)

Roman Gerber und Oliver Bunnenberg spielen in Tutzing Brahms, Berg und Bernstein

Von Gerhard Summer, Tutzing

Vor drei Jahren hatte er ein exotisches Instrument mit nach Tutzing gebracht, eine Bassettklarinette, diesmal kommt Roman Gerber mit dem Pianisten Oliver Bunnenberg und einem aufregenden Programm. Die beiden spielen zu den Brahmstagen die drei großen Bs, aber eben nicht Bach und Beethoven zu Brahms. Sie kombinieren vielmehr Spätwerke des rauschebärtigen Hamburgers mit früher Musik von Berg und Bernstein.

Wie der junge Klarinettist aus Feldafing sagt, seien die Stücke auf ihre Weise allesamt Zukunftsmusik. Johannes Brahms habe mit seinen zwei spätherbstlichen Sonaten, die er drei Jahre vor seinem Tod im oberösterreichischen Ischl für Richard Mühlfeld schrieb, den Klarinettisten der herzoglichen Meininger Hofkapelle, gleichsam den Teppich für Komponisten wie Alban Berg ausgerollt. Der Wiener wiederum lege mit seinen vier Stücken "sehr expressive, anspruchsvolle und klangschöne" Musik vor, die Wien und den Jugendstil reflektierten, aber "wie durch ein Kaleidoskop" betrachtet. Das seien vier mal 15 Takte "allerfeinster Alban Berg", sagt Gerber. Und Leonard Bernsteins in Florida entstandene Sonate bilde den Gegenpol zu Brahms und Berg. Musik, die mal "charmant und aufgewühlt à la Hindemith" daherkomme, mal mit ausgefuchsten Rhythmen in Richtung Aaron Copland gehe, zwischendrin kurz Igor Strawinskys einst skandalumwittertes "Le sacre du printemps" zitiere und schon vorausweise auf ein Musical wie die "West Side Story".

Gerber gehört zu Recht zu den Stammgästen des Klassikfestivals, sein Gastspiel nächste Woche ist sein viertes Konzert zu den Brahmstagen. Er tritt in der Aula des Gymnasiums Tutzing auf, das er einst als Schüler besucht hatte. Der Feldafinger war durch Zufall zur Klarinette gekommen. Er hatte mit Blockflöte angefangen, aber weil seine Lehrerin im Rentenalter nach Norwegen auswanderte, schaute er sich in der Musikschule Starnberg um. Er war damals acht oder neun Jahre alt und lauschte an den großen weißen Türen des Instituts. Und traf auf den Lehrer Stefan Komarek, der gerade mit einer Klarinette in der Hand aus dem Unterrichtszimmer trat, "einem Instrument, das ich noch nie gesehen hatte." Der ganzheitliche Unterricht bei Komarek, mit dem er auch über Aufführungen in der Staatsoper München oder Literatur reden konnte, hat Gerber wohl die wichtigsten Impulse zum Durchstarten gegeben.

Nach einem Jungstudium an der Musikhochschule München kam er in die Klasse der Starklarinettistin Sabine Meyer und ihres Ehemanns Reiner Wehle in Lübeck. Und nach Bachelor und Master legte er noch das Konzertexamen bei Rupert Wachter in Hamburg drauf. Seit fünf Jahren lebt er nun in der Hansestadt und hat sich "ein Netzwerk als freischaffender Musiker aufgebaut". Die Corona-Zeit überstand Roman Gerber einigermaßen gut, auch weil ihn eine Hamburger Stiftung unterstützte. Er sagt dazu: Er habe die Pause wie ein "zwangsweises Sabbatical" empfunden. Und "Es ging irgendwie". Er konzentrierte sich auf neues Repertoire, machte Live-Streams und Studioaufnahmen, "für die man ein anderes Energielevel aufbringen muss" als für Live-Auftritte. Seit Juli gibt er wieder Konzerte vor leibhaftigen Zuhörern, unter anderem vor drei Wochen in Brüssel. "Ich musste mich erst wieder an Publikum gewöhnen", sagt er.

Das Konzert von Roman Gerber und Oliver Bunnenberg am Donnerstag, 14. Oktober, im Gymnasium Tutzing beginnt um 20 Uhr. Kartenbestellung: Telefon 08151/ 559721 und per Mail an kontakt@kunstraeume-am-see.de.

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