Festakt:Eklat bei Geburtstagsfeier für Buchheim

Der Neffe des Museumsgründers erhebt aus dem Publikum schwere Vorwürfe gegen die Buchheim-Stiftung. Das Wohnhaus des Künstlers hätte niemals abgerissen werden dürfen.

Von Katja Sebald, Bernried

Die Festrede und die übrigen Elogen auf den Jubilar schweben noch im Raum. Man hatte die ins Museum verbrachten kurios-schönen Wohnräume besichtigt und sich noch einmal die Anekdoten über die legendäre Sparsamkeit des Ehepaars Buchheim erzählt. Klaus Doldinger hatte die Titelmelodie aus dem Film "Das Boot" gespielt und will gerade zum Abschluss auf die Bühne, als sich jemand aus dem Publikum erhebt und mit lauter Stimme fordert: "Lassen Sie jetzt doch auch noch einen Buchheim zu Wort kommen!" Es ist Nikolaus Buchheim, Zahnarzt aus Feldafing und Neffe des Museumsgründers, der bei der Feier zum 100. Geburtstag von Lothar-Günther Buchheim schwere Vorwürfe gegen Kuratorium und Vorstand der Buchheim-Stiftung erhebt.

Festakt: Erzählen von Buchheim: Kurt Faltlhauser, Günter Rohrbach, Carla Schulz-Hoffmann, Klaus Doldinger, Hans Brög und Michael Skasa.

Erzählen von Buchheim: Kurt Faltlhauser, Günter Rohrbach, Carla Schulz-Hoffmann, Klaus Doldinger, Hans Brög und Michael Skasa.

(Foto: Arlet Ulfers)

Er verstehe nicht, warum man Yves Buchheim, den Sohn des Museumsgründers, nicht eingeladen habe, sagte Nikolaus Buchheim. "Er wäre sowieso nicht gekommen, aber es hätte sich trotzdem gehört, ihm eine Einladung zu schicken." Kurt Faltlhauser, der als Moderator der Veranstaltung noch das Mikrofon in Händen hielt, konterte sofort, man habe ihn zwar nicht eingeladen, verkaufe aber doch immerhin sein Buch im Museumsshop. Dieses soeben erschienene Buch mit dem Titel "Buchheim - Künstler, Sammler, Despot" ist eine bittere Abrechnung mit dem Vater, der seinen einzigen Sohn einst als "Bastard" beschimpft haben soll. Jetzt wirft der ihm vor, seine Sammlung mit fragwürdigen Methoden zusammengetragen und Steuern hinterzogen zu haben.

Feldafing: Haus von L. Buchheim

Es gibt Ärger - auch wegen des abgerissenen Wohnhauses des Museumsgründers Lothar-Günther Buchheim.

(Foto: Nila Thiel)

Dann aber stellte sich Nikolaus Buchheim, Sohn des ehemaligen Feldafinger Bürgermeisters Klaus Buchheim, auf die Seite seines Onkels: "Er hätte niemals gewollt, dass sein Wohnhaus abgerissen wird, und er hätte niemals zugestimmt, dass die Sammlung Gerlinger in seinem Museum gezeigt wird." Der Unternehmer Hermann Gerlinger, der ebenfalls bei der Geburtstagsfeier anwesend war, hatte wie Buchheim Werke der Brücke-Maler gesammelt. Gerlinger, der seine Sammlung zuvor der Sammlung der Stiftung Moritzburg in Halle an der Saale als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt und sie wegen einer Vertragsverletzung wieder abgezogen hatte, gab seine Sammlung im vergangenen Jahr als Leihgabe für einen Zeitraum von zehn Jahren an das Buchheim Museum in Bernried. In der aktuellen Ausstellung "Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim" wurden die beiden sich ergänzenden Sammlungen zum Teil in direkter Gegenüberstellung zusammengeführt.

Legendäre Sparsamkeit

Zum 100. Geburtstag des Museumsgründers Lothar Günther Buchheim gab es in Bernried freien Eintritt für alle. Mehr als 200 Besucher drängten sich bei der ersten Führung durch die ins Museum translozierten Räume aus Buchheims Feldafinger Wohnhaus und versammelten sich anschließend, um mit dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und anderen Buchheim-Kennern des Jubilars zu gedenken.

Stoiber ließ noch einmal die lange Entstehungsgeschichte des Museums Revue passieren und berichtete, dass man "bei Kuchen" nach Lösungen gesucht hätte. Walter Schön als Vorstand der Buchheim-Stiftung hatte zuvor schon zu bedenken gegeben, dass Buchheim, wäre er tatsächlich 100 geworden, sicherlich keinen freien Eintritt gewährt hätte. Carla Schulz-Hoffmann, ehemals stellvertretende Generaldirektorin der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, berichtete von einem Schweinebraten und bezeichnete die Zusammenlegung der Sammlungen Buchheim und Gerlinger als "unglaublichen Glücksfall". Hans Brög, der Buchheim einst in Duisburg den Ehrendoktor überreichte, hob seine "bis heute großartigen wissenschaftlichen Bücher" hervor. Der Journalist Michael Skasa berichtete von seinem Vater, der zu Arbeitstreffen mit Buchheim belegte Brote mitbringen musste, weil er nicht zum Essen eingeladen wurde. Der Filmproduzent Günter Rohrbach wiederum musste im ungeheizten Haus der Buchheims "erbärmlich frieren", wenn er mit dem unbeugsamen Sparer über Geld verhandelte, bekam aber ein Mittagessen, Tee und Discounter-Kekse. Der ehemalige bayerische Finanzminister und ehemalige Stiftungsvorstand Kurt Faltlhauser, der immerhin im Speisezimmer auf den Campingstühlen sitzen durfte, erinnerte sich an billigen Wein. Klaus Doldinger berichtete, dass Buchheim gerne bei der Filmmusik gespart hätte, dafür gab es "schon mal ein kleines Häppchen und was zu trinken". kase

Buchheim hatte seine Kunstsammlung und sein Vermögen bereits zehn Jahre vor seinem Tod in eine Stiftung eingebracht und im Stiftungsvertrag ausdrücklich verfügt, dass in seinem Museum nur Werke aus seiner eigenen Sammlung gezeigt werden dürfen. Der Neffe vertrat nun vehement die Ansicht, man hätte die Stiftung erst gar nicht annehmen dürfen, wenn man sich jetzt nicht an die Vereinbarungen halten will.

Die Forderung, man hätte das Haus des Stifters und Museumsgründers unbedingt erhalten müssen, ist nicht neu. Aus dem Mund von Nikolaus Buchheim aber waren die Vorwürfe bislang nicht zu hören gewesen. Nachdem Faltlhauser sie zunächst rigide zurückgewiesen hatte, stellte sich jedoch Burkhard Stich, Mitglied des Stiftungsvorstands, vor den Buchheim-Neffen: Er sei eine integere Persönlichkeit und habe stets vermittelnd auf seinen schwierigen Onkel eingewirkt, betonte er. Auch der Bernrieder Altbürgermeister Walter Eberl ergriff das Wort und hob die Verdienste von Nikolaus Buchheim um die Entstehung des Museums hervor. Stiftungsvorstand und Stiftungsrat hatten sich die Entscheidung zum Abriss nicht leicht gemacht. Der marode Zustand des Hauses hätte jedoch den Erhalt unmöglich gemacht.

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