Fernsehsendung im BR:Ein Dackel mit Starallüren

Titel: freizeit Untertitel: Schmidt Max und der bayerische Dackel

Die Dackelhündin "Maxi" hat am Set schnell die Regie übernommen. In ihrer Rolle als "Fernsehstar" scheint sie sich sichtlich wohlzufühlen.

(Foto: BR)

Die Pöckingerin Marita Krauss ist eine bekannte Historikerin. Nun befasst sie sich am Sonntag vor laufender Kamera aber mit der Geschichte des als besonders eigenwillig geltenden Vierbeiners. Ihre eigene Hündin "Maxi" spielt dabei die Hauptrolle.

Von Katja Sebald

Diesmal haben sie die Rollen getauscht: Die Dackeldame Maxi steht im Rampenlicht und ihr Frauchen hat nur einen kurzen Auftritt. Marita Krauss aus Pöcking ist eine mehr als bekannte Historikerin, sie hat eine Professur für Europäische Regionalgeschichte sowie Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg inne. Am kommenden Sonntag aber wird sie im Bayerischen Fernsehen als Expertin für Dackelgeschichte zu sehen sein. Die Hauptrolle in der aktuellen Sendung "Freizeit" spielt nun ihre Rauhhaardackel-Hündin Maxi.

Das ist umso ungewöhnlicher, als eigentlich der "Schmidt Max" Protagonist der Sendung sein sollte. Laut Drehbuch ist er zum Hundehüten verpflichtet und soll in Begleitung von Maxi die Welt der Dackel erkunden. Gedreht wurde unter anderem am Possenhofener Seeufer. Dort fühlte sich Maxi offensichtlich so zuhause, dass sie auch gleich noch die Regie übernahm und in jeder Szene eigene Akzente setzte. "Es sind Dinge passiert, die nicht im Drehbuch standen", berichtet Maxis Herrchen Erich Kasberger, der als "Dackel-Coach am Set" verpflichtet worden war. Kasberger, der seit vielen Jahren immer wieder Komparse in der Sendung ist, hatte den Kontakt zur Regisseurin Sylvie Menning hergestellt und so gewissermaßen zur Idee für diese Folge beigetragen.

Marita Krauss hat ihren Auftritt darin als Dackelhistorikerin vor einem ausgestopften Dachs im Bayerischen Jagdmuseum in München. Dort gibt sie einen kurzen Abriss, wie der Hund mit den kurzen krummen Beinen über die Jahrhunderte vom spezialisierten Jagdbegleiter des Hochadels erst zum Hund des kleinen Mannes und schließlich zum Repräsentant der Stadt München wurde. Vorbereitet hat sie sich mit den üblichen wissenschaftlichen Methoden: "Ich habe mich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt." Und so erläutert sie fachkundig, dass bereits im Mittelalter Hunde für den Einsatz im Fuchs- und Dachsbau gezüchtet wurden. Dackel sind kurzbeiniger und wendiger als ihre Vorfahren, die Bracken. Mit ihren krummen Beinen können sie besonders gut graben. Auch der geradezu sprichwörtliche Eigensinn des Dackels hat bereits hier seinen Ursprung, erklärt Krauss: "Er musste als Alleinjäger unter der Erde eigene Entscheidungen treffen, daher der eigene Kopf und sein besonderer Charakter."

Seit jeher wurden Dackel auch zum Aufstöbern des Wildes im Unterholz und zum Verfolgen der Schweißspur eingesetzt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts legte man die Rassekennzeichen fest, der "Deutsche Teckelklub" wurde gegründet - nicht in München, sondern in Duisburg. Kaiser Wilhelm II., Paul von Hindenburg und Königin Viktoria von England besaßen Dackel, in Bayern ging Prinzregent Luitpold mit einem Dackel auf die Jagd. Es waren aber wohl die Künstler, die den Dackel berühmt und zum bayerischen Zamperl schlechthin machten: Ludwig Ganghofer setzte ihm im "Schloß Hubertus" ein Denkmal, Genremaler wie Franz von Defregger oder der "Dackelmaler" August Roeseler machten ihn populär.

Um die Jahrhundertwende trat der Dackel als treuer Begleiter des gemütlichen Münchner "Drei-Quartel-Privatiers" seinen Siegeszug in den "Fliegenden Blättern", im "Simplicissimus" und der "Jugend" an. Die Zeichnerin Franziska Bilek holte ihn an der Seite des "Herrn Hirnbeiß" in die Sechziger. Und von dort war es dann nicht mehr weit zum großen Auftritt als "Waldi", dem von Otl Aicher gestalteten offiziellen Maskottchen der Olympischen Spiele von 1972.

Falls der Dackel jemals aus der Mode gekommen sein sollte, an Marita Krauss lag es jedenfalls nicht: Sie ist seit vielen Jahren Dackelbesitzerin und hat dem Phänomen "Dame mit Dackel" sogar schon eine Radiosendung gewidmet. In der Reihe "Bayerische Traumpaare" berichtete sie von ihrem Leben mit Dackel, von der Zwiesprache mit Maxis Vorgängerin Leni, die sehr erfinderisch war, wenn sie ihr viel beschäftigtes Frauchen vom Schreibtisch weglocken wollte. Damals war zu hören: "Will sie in den Garten, vollführt sie einen besonderen Tanz: Sie dreht sich dabei vor der Tür in schnellem Tempo um sich selbst, so lange, bis ich ihr Anliegen begreife und sie hinauslasse. Dann juchzt sie vor Vergnügen."

Fernsehsendung im BR: Erich Kasberger unterstützt seine Frau Marita Krauss als "Dackelcoach" am Set. Er war es auch, der den Kontakt zur Regisseurin hergestellt hat.

Erich Kasberger unterstützt seine Frau Marita Krauss als "Dackelcoach" am Set. Er war es auch, der den Kontakt zur Regisseurin hergestellt hat.

(Foto: Arlet Ulfers)

Auch die Trauer des Menschen um seinen Hund, dessen Leben nun einmal kurz ist, thematisierte sie in dieser Sendung. Ein Hund ist kein Spielzeug, sondern jemand, für den man viele Jahre Verantwortung trägt, so ihr Tenor - und das ist angesichts des Hunde-Booms in Corona-Zeiten auch eine der Botschaften der aktuellen "Freizeit"-Sendung. Der "Schmidt Max" formuliert es so: "Was will Maxi mir sagen, wenn sie mich mit Dackelblick anschaut?"

Marita Krauss, 1956 in Zürich geboren und in Pöcking aufgewachsen, promovierte bei Friedrich Prinz über die Nachkriegskultur in München und befasste sich in ihrer Habilitationsschrift mit der Herrschaftspraxis in Bayern und Preußen im 19. Jahrhundert. Sie ist Autorin zahlreicher Buchveröffentlichungen und versteht es wie nur wenige Wissenschaftler, komplexe Themen auf ebenso fundierte wie fesselnde Weise aufzubereiten. Zuletzt erschien ihre Biografie von Lola Montez, die sich liest wie ein Krimi. Zusammen mit ihrem Mann Erich Kasberger verfasste sie das Buch "Ein Dorf im Nationalsozialismus" über ihre Heimatgemeinde Pöcking, aktuell erforschen sie gemeinsam die Geschichte von Feldafing während der NS-Zeit.

Der Auftritt als Dackelhistorikerin war wohl in erster Linie ein Spaß, aber Marita Krauss verweist gleichzeitig darauf, dass die Erforschung von Mensch-Tier-Beziehungen seit einiger Zeit ein durchaus ernst zu nehmender Bereich der Geschichtswissenschaften ist. Bleibt noch hinzuzufügen, dass die Dackeldame Maxi bislang noch keine weiteren Rollenangebote bekommen hat. Aber das kann ja noch kommen.

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