„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ So lautet Erich Kästners wohl weisester Satz. Aber es gelingt nicht immer, aus einer Initiative wirklich Gutes hervorgehen zu lassen, und dies womöglich über Jahre hinweg. Da müssen schon mehrere Faktoren zusammenspielen, und Fortuna aus ihrem Füllhorn muss auch etwas fallen lassen.
Der in Feldafing lebende Axel Spring, pensionierter Professor für Neurochirurgie, wagte vor zehn Jahren sein Glück: Um die Nachbarschaftshilfe zu unterstützen, rief er ein Musikfestival als Benefizveranstaltung ins Leben. Die in Feldafing lebende Pianistin Margarita Höhenrieder spielte mit, ein persönlicher Kontakt lockte den jüngeren Tastenvirtuosen Kit Armstrong herbei, die reizvolle Kirche „Peter und Paul“ mit guter Akustik stand ohnehin kaum genutzt in der Ortsmitte herum. Und unweit davon bot die Heilig-Kreuz-Kirche sogar Platz für Orchesterkonzerte. Renommierte Musiker, Ensembles und Orchester waren bereit, diese Herausforderung anzunehmen.
Spender, Mäzene und Förderer machten etwas Kleingeld locker, willige Mitstreiter packten mit an – und schon klappte es 2014 mit den ersten Konzerten auf höchstem Niveau. Seit 2021 zeichnet für die Organisation der Verein Freundeskreis der Musiktage Feldafing verantwortlich. Festivals auf dem Land – zumal in historischen Räumen – haben für Mitwirkende wie Besucher einen besonderen Reiz. Und die Liste der mitwirkenden Musiker in den bisher 34 weitgehend ausverkauften Konzerten ist ein untrüglicher Beweis dafür. Trotz seiner Berufung als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ließ es sich sogar Kirill Petrenko nicht nehmen, sein damals Bayerisches Staatsorchester in Feldafing selbst zu dirigieren.
Dies waren wohl die höchsten Weihen für die Feldafinger Musiktage. 2019 übernahm Armstrong das künstlerische Zepter von Höhenrieder und die Geigerin Franziska Hölscher ließ sich ebenfalls dauerhaft mit dem Landfieber anstecken – ein überragendes Führungsduo. Als Schützling von Alfred Brendel ist Armstrong schon am Flügel eine Ausnahmeerscheinung. Seine Hochbegabung widmete er aber auch der Komposition und dem Orgel- und Cembalospiel. Er studierte Naturwissenschaften und machte bereits als Jugendlicher den Studienabschluss in Mathematik.
Jüngere Zuhörer anzulocken, gelingt nur zaghaft
Franziska Hölscher, die schon mit 19 Jahren gemeinsam mit Martha Argerich musizierte, ist indes die Experimentierfreudige und arbeitet konzeptuell mit dramaturgisch ausgeklügelten Programmen. So steht den Feldafinger Musiktagen eine Festivalleitung vor, der es gelingt, außergewöhnliche Musiker nach Feldafing einzuladen: den Cellisten Daniel Müller-Schott, den Klarinettisten Sebastian Manz, das Aris Quartett, den Pianisten Lars Vogt, den Tenor Julian Prégardien, den Cellisten Julius Berger, das Münchener Kammerorchester unter Daniel Giglberger, den Bariton Michael Volle, das Bläserquintett der Staatskapelle Dresden und viele mehr.
Allerdings konnte diese Verjüngung in der künstlerischen Leitung kein jüngeres Publikum erreichen. Erst zuletzt waren zaghafte Erfolge erkennbar. Und der nächste Versuch steht unmittelbar an: Die elften Feldafinger Musiktage gehen vom 6. bis 9. Juni mit breit gefächertem Repertoire über die Bühne. Und einmal mehr ist das Festival besetzt mit Musikern mehrerer Generationen.
Neben Hölscher und Armstrong stehen höchst interessante Persönlichkeiten auf der Bühne beziehungsweise vor dem Altar. So ist der in Amsterdam geborene japanische Bratscher Takehiro Konoe zu Gast, der beim renommierten ARD-Musikwettbewerb einen Preis errang. Fürs Cello wählte das Führungsduo zwei unterschiedliche Musikertypen: Harriet Krijgh stammt aus den Niederlanden und ist eine hervorragende Kammermusikerin, die es 2019 schaffte, Eckart Runge im Artemis Quartett zu beerben. Alban Gerhardt ist Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs, engagiert sich sozial und konnte sich als Interpret zeitgenössischer Musik einen Namen machen.
Auch der Portugiese José Trigo ist ARD-Preisträger. Er studierte in Mannheim und Nürnberg und ist seit 2019 Solokontrabassist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. 1983 gewann der kroatische Hornist Radovan Vlatković den ARD-Musikwettbewerb, nachdem dieser Preis zuvor 14 Jahre lang nicht vergeben worden ist. Heute bekleidet er eine Professur am Mozarteum in Salzburg. Als Liedinterpret ist Mauro Peter, der lyrische Tenor aus der Schweiz, zu Gast. Er studierte in München und wirkte dort auch lange vor allem als Opernsänger. Seit 2013 ist er Mitglied des Ensembles am Züricher Opernhaus.
Ein Konzert alter Musik in der Heilig-Kreuz-Kirche mit Werken der Bach-Familie bestreitet die 1982 in Ostberlin gegründete Akademie für Alte Musik Berlin, die in der Regel von einem Konzertmeister, hier von Bernhard Forck, als primus inter pares geleitet wird. Am Cembalo ist Kit Armstrong zu hören.
Die Details zu allen Konzerten und der Link zum Kartenverkauf finden sich unter musiktage-feldafing.com im Internet.