Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:Stich um Stich zum Logo

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Das Familienunternehmen Steinmüller bedruckt und bestickt seit 70 Jahren Berufskleidung, unter anderem für Olympia. Im Sommer ist es von Tutzing nach Feldafing gezogen.

Von Christina Rebhahn-Roither, Feldafing

Während Jürgen und Ute Steinmüller von mehr als 70 Jahren Familientradition erzählen, hängt im Hintergrund an der Wand ein Abbild einer alten Kinowerbung aus dem Jahr 1952. "Stickerei Steinmüller" steht in verschnörkelter Schrift darauf, in der Mitte prangt ein Handschuh mit Stickmuster. Damals, als das Unternehmen in den fünfziger Jahren von Jürgen Steinmüllers Vater gegründet wurde, war es noch auf die Modeindustrie spezialisiert und in Tutzing angesiedelt. Heute führt der 61-jährige Jürgen Steinmüller den Betrieb in zweiter Generation in Feldafing, gemeinsam mit seiner Frau Ute. Mittlerweile ist die Firma auch nicht mehr auf Mode, sondern auf Berufskleidung spezialisiert.

Egal ob mittelständischer Handwerksbetrieb oder großer Konzern, Unternehmen verschiedener Branchen und Größen können die Steinmüllers heute damit beauftragen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzukleiden. Zu den Kunden zählen bekannte Marken wie Bosch oder VW, aber auch Bekleidung für die olympischen Winterspiele in Peking hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bestickt. Für eines der Sponsorenlogos auf der Kleidung seien 23 000 Stiche nötig gewesen, wofür die Stickmaschine etwa eine halbe Stunde braucht. Wer genau die Kleidung mit den Sponsorenlogos trägt, weiß man im Unternehmen aktuell aber nicht.

Der Betrieb berät seine Kunden beim Auswählen der Kleidungsstücke und lässt diese bei Zulieferern produzieren oder kauft sie bei Großhändlern ein. In Feldafing gibt es auch einen Showroom, in dem Musterware hängt - zum Beispiel T-Shirts, Pullis, Jacken und Hosen. Die bestellte Kleidung trifft dann hier ein und wird veredelt. Das heißt, dass zum Beispiel das Firmenlogo auf ein T-Shirt gestickt oder eine Jacke bedruckt wird. Bei Kleidungsstücken, die regenfest sein sollen, empfiehlt die Firma Druck, da auf diesem Weg keine Nadel das Material durchbohrt. Steht die Haltbarkeit im Vordergrund, wird zu Stick geraten. Das Besticken und Bedrucken findet dann direkt in Feldafing statt, wobei deutlich mehr bestickt als bedruckt wird, wie es heißt.

1200 Teile am Tag könnten die Maschinen besticken, wird beim Besuch im Produktionsraum erklärt. Wie das abläuft, zeigt Vitor Duarte vor. Er ist Produktionsleiter und schon fast 20 Jahre bei der Firma. Duarte spannt ein Kleidungsstück in einen Rahmen und legt diesen in die Stick-Maschine, in der senkrecht zahlreiche verschiedenfarbige Fäden eingespannt sind. Dann wählt er auf einem kleinen Bildschirm Logo, Farbe und Position aus. Und schon geht es los. Die Nadel sticht immer wieder in den Stoff, der untere Teil des Geräts mit dem eingespannten Kleidungsstück bewegt sich währenddessen, sodass die Nadel genau dort den Stoff durchbohrt, wo sie es soll. Insgesamt 15 Stickköpfe gibt es in der Produktion, manchmal könne ein Stickmuster auch eine Stunde lang laufen, sagt Duarte.

Die programmierten Stickanleitungen würden nur sehr selten von der Firma zugekauft, erzählen die Steinmüllers. Die meisten programmiere Jürgen Steinmüller, der gelernter Ingenieur ist, selbst. Im Durchschnitt seien das fünf bis sechs Programme pro Woche, die er neu schreibt oder anpasst. Dabei müsse man zum Beispiel beachten, dass ein stabiler Stoff anders reagiert als ein elastischer, oder bei einem dunklen Stoff mit heller Schrift die Stiche enger gesetzt werden müssen. Blickt man dem Geschäftsführer über die Schulter, als er die Computeranimation öffnet, wird schnell klar: Das Unternehmen hat sich von der Handarbeit zur Bildschirmarbeit gewandelt. Die letzte Handstickerin ist vor etwa zehn Jahren in Rente gegangen.

Auf den Tag genau 70 Jahre nach der Firmengründung stand im August vergangenen Jahres auch eine andere große Veränderung an: der Umzug von Tutzing ins Gewerbegebiet Wieling. Gerne hat der Firmenchef Tutzing nicht verlassen, doch der Platz war am alten Standort zu knapp, ein Umzug innerhalb Tutzings auch keine Option, denn "leider gab es in Tutzing für uns keine Alternative, deshalb haben wir uns für den Standort Wieling entschieden", wie er sagt. Das bestätigt auch die Tutzinger Bürgermeisterin Marlene Greinwald, die es bedauert, dass das Traditionsunternehmen die Gemeinde verlassen hat. "Wir haben keine geeigneten Flächen gehabt", sagt sie. "Wir konnten ihnen leider nichts anbieten."

Den neuen Standort im Gewerbegebiet Wieling findet Jürgen Steinmüller nun aber "mega", wie er sagt. Beim Rundgang durch das Gebäude erzählt er auch, dass dieses nach Feng-Shui-Prinzipien ausgerichtet worden sei. Und einen Vorteil sieht der Firmenchef außerdem in der Lage und der Verkehrsanbindung an die Bundesstraße 2. Für die Zukunft am neuen Standort in Feldafing wünscht sich das Ehepaar Steinmüller nun noch mehr Kunden aus der Umgebung.

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