Vor dem Amtsgericht:Schreckliches Ende einer Einkaufstour

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Autofahrer legt nach Unfall, bei dem ein Biker zu Tode kommt, Einspruch gegen den Strafbefehl ein

Von armin greune, Feldafing

Die tief stehende Sonne und die langen Schatten der Bäume haben sicher zum Unfall beigetragen, bei dem vor einem Jahr ein 66-jähriger Motorradfahrer aus Feldafing das Leben verlor. Auch die Tatsache, dass er sein Licht nicht eingeschaltet hatte, spielte wohl eine Rolle. Dennoch trifft den Cabriofahrer, der zwischen Kaserne und Garatshausen trotz des entgegenkommenden Motorrads von der Staatsstraße zu seinem Anwesen abbog, nach Ansicht der Justiz eine Teilschuld: Sie verhängte gegen den Unternehmensberater wegen fahrlässiger Tötung einen Strafbefehl über 180 Tagessätze a 125 Euro und eine dreimonatige Führerscheinsperre. Weil der Beschuldigte dagegen jedoch Einspruch erhob, musste das Starnberger Amtsgericht tagen.

Am letzten Aprilsamstag 2014 kamen der Unternehmensberater und seine Frau gegen 16.15 Uhr von einer Einkaufstour aus München zurück. Vor ihrer Hauszufahrt habe er im Gegenverkehr nur ein Auto in 300 Meter Entfernung gesehen, deshalb glaubte er, gefahrlos nach links abbiegen zu können, sagte der Feldafinger aus. Es sei eine "totale Überraschung" gewesen, als der 66-Jährige auf seiner Maschine mit 90 Stundenkilometern gegen die Beifahrerseite des Cabrios krachte.

Der Fahrer wurde vom Motorrad gerissen und über das Auto geschleudert, verlor noch im Flug seinen Helm und prallte 16 Meter hinter dem Cabrio mit dem Kopf auf den Asphalt. Obwohl sich mehrere zufällig vorbeikommende Ärzte sofort um ihn kümmerten, erlag er noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen. Der Cabriofahrer und seine Frau kamen ohne äußerliche Blessuren davon, erlitten aber schwere Schocks, weshalb sie im Krankenhaus ambulant behandelt wurden. Die beiden Fahrzeuge hatten nach der Kollision nur noch Schrottwert.

Wie der Angeklagte gaben auch zwei Zeugen an, dass sie den Biker erst Sekundenbruchteile vor der Kollision gesehen hätten. "Der ständige Wechsel von Licht und Schatten hat die Sicht erschwert", sagte ein 63-jähriger Arzt aus, der zum Unfallzeitpunkt mit seinem Porsche hinter dem Cabrio fuhr. Seiner Erinnerung nach habe der Motorradfahrer kurz vor dem Aufprall mit der rechten Hand zum Helm gegriffen. Diese Beobachtung hatte allerdings kein anderer Zeuge gemacht. Und der Aussage des 63-Jährigen, die Beifahrerin im Cabrio sei beim Unfall verletzt worden, wurde von ihr selbst widersprochen. Dass der Biker sein Licht nicht eingeschaltet hatte, bestätigte freilich auch ein 50-jähriger Starnberger, der in seinem offenen Sportwagen hinter dem 66-Jährigen fuhr. Auch die Bremsleuchten der Yamaha hätten nicht aufgeleuchtet: "Der Motorradfahrer hatte keine Chance", sagte der 50-Jährige.

Nach den Zeugenvernehmungen führten Verteidiger, Staatsanwalt, Nebenklägeranwalt und Richterin hinter verschlossenen Türen ein Rechtsgespräch. Nach längerer Beratung mit seinem Anwalt zog der Beschuldigte seinen Einspruch unter der Voraussetzung zurück, dass die Führerscheinsperre erst nach dem Sommer wirksam wird. Die Nebenklage verzichtete mit Ausnahme eines Schmerzensgeldes für die Hinterbliebenen auf weitere Ansprüche. Die zwei Sachverständigen aber kamen trotz vier Stunden Wartens im Gericht nicht dazu, aus ihren kostspieligen Gutachten zu zitieren.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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