Feldafing:Reif für die Insel

Feldafing Konzert Jazz

Auf der Roseninsel konnten Asja Valcic (Cello) und Klaus Paier (Akkordeon) nicht spielen - aber sie bezauberten das Publikum in der Bücherei.

(Foto: Georgine Treybal)

Cellistin Asja Valcic und Akkordeonist Klaus Paier schließen das SeeJazz-Festival ab

Von Armin Greune, Feldafing

Eigentlich müsste man ja von Pechsträhne sprechen, wenn vier- oder fünfmal nacheinander ein geplanter Konzertausflug auf die Roseninsel wetterbedingt ausfällt. SeeJazz-Chef Bernhard Sontheim konnte sich dennoch glücklich schätzen am Samstagabend in der Feldafinger Bücherei, wo er als Bürgermeister ja auch Hausherr ist. Denn das fünfte SeeJazz-Festival war bereits vor der Abschlussveranstaltung "nach vier zum größten Teil ausverkauften Konzerten" ein so großer Erfolg gewesen, dass er bereits die Fortsetzung für 2018 ankündigte. Auch für die Besucher hielt das Gastspiel von Asja Valcic und Klaus Paier ausschließlich Glücksmomente bereit. Bedauernswerte Pechvögel waren hingegen diejenigen, die vorbestellte Karten nicht abholten, weil ihnen die romantische Kulisse offenbar wichtiger war als musikalischer Hochgenuss.

So blieben in der gut gefüllten Gemeindebücherei ein paar Stühle frei. Schade, denn das Konzert hätte nicht nur Jazz- und Weltmusikfans, sondern auch jeden eingefleischten Freund der ernsten, klassischen Musik begeistert. Nicht umsonst war der Auftritt des Duos nach dem Titelstück seines jüngsten Album "Timeless Suite" überschrieben: Natürlich basiere seine Komposition auf dem Konzept der Tanzfolgen und sei von Johann Sebastian Bach inspiriert, sagte Paier. Das Sujet Klassik habe sie dann weiter geführt, meinte der Akkordeonist augenzwinkernd: "Wir haben Igor Strawinski für uns entdeckt."

Zumindest die Partnerin am Cello dürfte mit dem russischen Modernisten schon zuvor Kontakt aufgenommen haben: Asja Valcic schloss mit 18 die Musikakademie in Zagreb ab, studierte am Tschaikowsky-Konservatorium Moskau und hat seitdem unter Zubin Mehta und Kazushi Ono als Solistin gespielt. Sie arbeitet als Arrangeurin, Komponistin sowie Dozentin; doch ihre Leidenschaft gilt musikalischen Grenzgängen. So begründete sie vor 13 Jahren das radio.string.quartet.vienna mit. Die Genregeneralisten waren mit Paier Opener zum ersten Festival, das Sontheims Verein "Jazz am See" 2007 auf die Beine stellen konnte: Bei der Premiere von "Alpenjazz" sei die Idee des Duos mit Valcic geboren worden, erzählte Bernhard Sontheim und war zu recht stolz, "dass wir da einen Input leisten konnten".

Inzwischen sind Valcic und Paier musikalisch ein Paar geworden, das sich blind versteht, wie in Feldafing für alle klar zu sehen war. Beide hielten eigentlich durchgehend die Augen geschlossen, versunken in die facettenreichen, meist ungemein melodischen Kompositionen, die zum überwiegenden Teil aus Paiers Feder stammten. Seit seinem siebten Lebensjahr spielt der 51-Jährige Akkordeon, das er am Konservatorium in Klagenfurt studiert hat. Schon früh lotete er die spieltechnischen und kompositorischen Möglichkeiten des Instruments aus; heute darf bezweifelt werden, ob ihm in Hinsicht auf Vielseitigkeit und Virtuosität ein anderer in Europa das Wasser reichen kann. Die Kombination mit Cello mag ungewöhnlich sein, bietet aber einen schier unerschöpflichen Spielraum: Das Cello kann die ganze Bandbreite an Streichinstrumenten vom gezupften Kontrabass bis zur Violine abdecken und das Akkordeon verfügt fast noch über mehr Ausdrucksreichtum, der von der meterlangen Orgelpfeife bis zur Piccoloflöte reicht.

Wunderbar ist mitzuerleben, wenn Paier und Valcic sich in traumwandlerischer Sicherheit gegenseitig die Bälle zuspielen, die Rollen von Rhythmus- und Melodieführung wechseln, sich darin ergänzen oder in kunstvoll verästelten Klangstrukturen mikroskopisch genau ineinandergreifen. Trotz aller technischen Perfektion wirkt das nie verkopft, sondern strahlt eine intensive Sinnlichkeit aus, die das Publikum ebenso in den Bann zieht, wie der mächtige Groove, den das Duo auch entfalten kann. Tröstlich für alle, die dieses Wunder verpasst haben: Valcic, die sich schon 2014 mit dem radio.string.quartet. in die Bibliothek verlegen lassen musste, meinte, dass für sie "die Roseninsel eine Lebensaufgabe bleibt".

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