Feldafing:Bundeswehr will Kasernengelände doch nicht aufgeben

Es ist ein Rückschlag für das größte Wohnungsbauprojekt in der Region: Das Bundesverteidigungsministerium will einen Teil des Grundstücks bis Ende 2027 für Ausbildungszwecke nutzen. Bürgermeister Bernhard Sontheim ist ratlos.

Von Astrid Becker

Für Bürgermeister Bernhard Sontheim ist der Donnerstag ein rabenschwarzer Tag. Der Rathauschef hat Post vom Bundesverteidigungsministerium bekommen. In dem Schreiben wird ihm mitgeteilt, dass die Bundeswehr das Kasernengeländes in seiner Gemeinde nicht komplett 2020 aufgeben wird, sondern einen Teil davon noch bis Ende 2027 für einen "temporär erhöhten Ausbildungsbedarf" benötige. Für Sontheim und Feldafing bedeutet dies: das Konversions-Konzept, an dem seit 2001 gearbeitet wird, "völlig neu zu überdenken", wie der Bürgermeister sagt. Sein Hauptproblem dabei sind die bezahlbaren Wohnungen, die gleich nach dem Umzug der Bundeswehr dort entstehen sollten - ein Plan, der nun wohl Makulatur geworden ist.

Konkret geht es nun um den nordwestlichen Teil des 31,7 Hektar großen Kasernengeländes, den die Bundeswehr auch noch in den kommenden acht Jahren für sich beansprucht - also "etwa um ein Viertel bis ein Fünftel der Gesamtfläche", wie Sontheim schätzt. Dort befinden sich neben dem Offiziersheim auch drei der sogenannten Sturmblockhäuser aus der Nazizeit. Insgesamt gibt es auf dem Areal acht dieser denkmalgeschützen Bauten, einer davon sollte für kommunale Zwecke genutzt werden, etwa für das Gemeindearchiv, ein Kommunalunternehmen und ein Museum. In den restlichen sieben Sturmblockhäusern sollte Wohnraum geschaffen werden - und zwar bereits von 2021 an, wenn die Informationstechnologie-Schule der Bundeswehr, wie ursprünglich geplant, das gesamte Gelände verlassen hat und in die Pöckinger Maxhof-Kaserne umgezogen ist.

Feldafing: Nach dem Abzug der Bundeswehr 2020 sollte sich Feldafing auf dem 31,7 Hektar großen Gelände der IT-Schule weiterentwickeln.

Nach dem Abzug der Bundeswehr 2020 sollte sich Feldafing auf dem 31,7 Hektar großen Gelände der IT-Schule weiterentwickeln.

(Foto: Gemeinde Feldafing)

Mit allem hatte Sontheim gerechnet, mit einem aber nicht: dass sich an diesen Plänen etwas ändern könnte. "Wir haben ja sogar schon die Bürgerbeteiligung abgeschlossen, die Konversion ist also weit fortgeschritten", so Sontheim. "Natürlich" habe er gewusst, dass einige der Bundeswehr-Liegenschaften in Deutschland nun doch nicht aufgegeben würden, weil die Armee wachse und deswegen Platz brauche, wie es das Bundesverteidigungsministerium am Donnerstag auch begründete. "Es hieß aber immer, dass davon keine Standorte betroffen seien, an denen die Konversion schon weit fortgeschritten ist", sagt Sontheim und klingt dabei recht ratlos.

Zwar hatte das Ministerium seine Pläne für Feldafing positiv formuliert, in dem Sinne, dass ja Teile der Schule für Informationstechnik wie geplant dort aufgegeben würden. Ein Teil der Fläche werde aber noch für den erhöhten Ausbildungsbedarf benötigt - voraussichtlich, wie es heißt, bis Ende 2027. "Unser ganzes Konzept ist aber wie ein Uhrwerk aufgebaut, da greift eines ins andere", sagt Sontheim. Das betreffe in erster Linie die besagten Sturmblockbauten und die darin geplanten bezahlbaren Wohnungen: "Wir haben den Bedarf, und die Frage ist nun, wie und ob wir das, was jetzt wegfällt, anderweitig lösen können."

Feldafing Kaserne Fernmeldeschule

Die Sturmblockhäuser sind in den Jahren 1938 bis 1944 errichtet worden und stehen unter Denkmalschutz.

(Foto: Georgine Treybal)

Etwa 50 bis 100 bezahlbare Wohnungen, so schätzt der Rathauschef, würden nun nicht realisiert werden können. Insgesamt sollten auf dem Areal laut Sontheim etwa 450 Wohneinheiten im Laufe der nächsten 15 Jahre entstehen, so lange ist auch die Konversion, also die zivile Umnutzung ehemals militärischer Gelände, angelegt. Geplant war unter anderem aber auch noch ein Hotel in dem nordwestlichen Teil, den die Bundeswehr nun noch behalten will. Dessen Bau sei allerdings nicht so bald vorgesehen gewesen, "vielleicht auch erst in 15 Jahren", daher treffe das die Gemeinde nicht so hart, so Sontheim. Aber fast die Hälfte der für Wohnraum vorgesehenen Sturmblockhäuser erst in vielen Jahren zu bekommen, werfe womöglich die gesamte Planung weit zurück: "Genau lässt es sich noch nicht sagen, aber wir müssen noch einmal alles genau prüfen, zum Beispiel auch, ob wir wieder ein Bürgerbeteiligungsverfahren durchlaufen müssen."

Eine Änderung des Konzepts könnte tatsächlich unangenehme Folgen haben: Im Gemeinderat wurde erst Ende Juni nichtöffentlich darüber diskutiert, ob die geplante Bebauung deutlich zu verringern sei. Nur, weil dies ein Neuaufrollen aller Pläne zur Folge gehabt hätte - was das Projekt verzögert und verteuert hätte -, hatten Vize-Bürgermeister Anton Maier und der Gemeinderat Boris Utech (beide Grüne) ihren Antrag dazu zurückgezogen.

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