Integration„Ein Paradebeispiel dafür, dass es funktioniert“

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Die neue Unterkunft für Geflüchtete mit 20 Wohnungen in der Wielinger Straße soll im Januar 2025 in Betrieb gehen.
Die neue Unterkunft für Geflüchtete mit 20 Wohnungen in der Wielinger Straße soll im Januar 2025 in Betrieb gehen. (Foto: Georgine Treybal)

In Feldafing leben bereits 110 Geflüchtete, im Januar kommen noch einmal so viele dazu. Für große Aufregung sorgt das nicht, was vor allem am Helferkreis und an klaren Regeln liegt.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Feldafing

Ein Bett, ein Schrank, Bettwäsche zum Wechseln, dazu eine genau berechnete Ausstattung an Geschirr und Töpfen pro Person sowie eine Waschmaschine nebst Wäschetrockner in jeder Wohnung: Die Grundausstattung für Geflüchtete, die in Deutschland ankommen, ist in ganz Bayern gleich, betonte Sabine Neumann, Leiterin des Fachbereichs Asyl, Migration und Integration im Landratsamt, bei der Vorstellung der neuen Gemeinschaftsunterkunft in Feldafing. Wie Bürgermeister Bernhard Sontheim (FW) auf der Informationsveranstaltung am Mittwoch mitteilte, soll sie am 20. Januar übergeben werden. Dann werden auch die Bürger zu einem Tag der offenen Tür eingeladen.

Die Veranstaltung fand großen Zuspruch. Der Bürgersaal war voll besetzt. Die Befürchtung des Rathauschefs, wonach es zu einer kritischen Diskussion kommen könnte, blieb unbegründet. Es wurden lediglich sachliche Fragen zu Details gestellt. Das mag nicht zuletzt am Feldafinger Helferkreis unter der Leitung der ehemaligen Gemeinderätin Nandl Schultheiß liegen. Er trägt seit nunmehr neun Jahren vorbildlich dazu bei, dass die Geflüchteten in Feldafing integriert werden. „Feldafing ist ein Paradebeispiel dafür, dass es funktioniert“, resümierte Sontheim am Ende der Veranstaltung. „Das ist eine Chance für uns alle und für das Dorf.“

Vor zwei Jahren wurde festgestellt, dass die Unterkünfte im Landkreis Starnberg nicht mehr ausreichen. Da es in Feldafing bis dahin noch keine Gemeinschaftsunterkunft gab, sollte die Gemeinde Standorte für einen Neubau vorschlagen. Nachdem Grundstücke an der Stadionstraße sowie im Bereich des Bahnhofs ausgeschieden waren, einigte man sich auf ein Areal auf dem Gelände der GIZ GmbH (Gesellschaft für Internationale Entwicklung) in der Wielinger Straße. Doch ausgerechnet das Land Bayern als Grundstückseigentümer lehnte das Vorhaben ab. Laut Sontheim musste Landrat Stefan Frey (CSU) hart verhandeln, um den Freistaat zu einer Zustimmung zu bewegen.

Feldafing hatte bislang zwar keine Gemeinschaftsunterkunft, aber in einem Hotel in Wieling leben 85 Geflüchtete aus der Ukraine sowie weitere 25 Geflüchtete in Privatwohnungen. Insgesamt werden laut Neumann im kommenden Jahr 205 Geflüchtete in der Gemeinde leben.

In den holzverkleideten Gebäuden sollen 20 Wohnungen für insgesamt 120 Geflüchtete entstehen. Da das Landratsamt bei der Belegung großen Wert darauf legt, „dass sich die Menschen vertragen“, wie Neumann betonte, werden in der Unterkunft voraussichtlich nur 100 Personen wohnen. Denn es wird nach Nationen und Religionen belegt. Damit habe man die besten Erfahrungen gemacht, so Neumann. Zudem sollen in der Unterkunft vorwiegend Familien einziehen, die Zahl der jungen Männer sei auf maximal 50 Prozent begrenzt.

Den Besprechungsraum kann auch der Helferkreis nutzen

Wie Neumann ausführte, verfügt jede 60 Quadratmeter große Wohnung, die mit maximal sechs Personen belegt werden kann, über drei Schlafzimmer. Hinzu kommt ein Gemeinschaftsraum mit Küche sowie Duschen. In der Gemeinschaftsunterkunft gibt es zudem Büros für die Mitarbeiter sowie einen Besprechungsraum, in dem Beratungen durch geschultes Personal sowie Deutschkurse stattfinden.

Der Besprechungsraum kann auch vom Helferkreis genutzt werden. Er bietet zusätzliche Beratungen an, beispielsweise beim ersten Ankommen. Die rund 25 ehrenamtlichen Helfer informieren zur Bezahlkarte, zu Einkaufsmöglichkeiten oder zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Zudem bietet der Helferkreis Nachhilfestunden an, Unterstützung bei Behördengängen oder bei der Arbeitssuchte. Auch ehrenamtliche Dolmetscher werden vermittelt, etwa Mahdi Ahmadi, der 2015 als Geflüchteter nach Feldafing kam. Er habe aus seinem Leben etwas machen wollen, wusste aber nicht wie. „Als ich hier ankam, war das Leben dunkel“, sagte Ahmadi. „Der Helferkreis war das Licht am Ende des Tunnels.“ Geflüchtete kommen seiner Erfahrung nach ohne Helfer nur schwer voran. Über den Helferkreis bekam er einen Paten, der ihm ein Praktikum und später eine Ausbildung zum Labortechniker bei Roche in Penzberg vermittelte. „Der Helferkreis war nicht nur wichtig, er war essenziell“, sagte Ahmadi.

Wie Schultheiß betonte, steht der Helferkreis nicht in Konkurrenz zu den Feldafinger Bedürftigen. Das sei wichtig, damit Integration gelinge. So gebe es beispielsweise strikte Regeln, damit nicht der Eindruck entstehe, Geflüchtete würden bevorzugt. Auch müssten die Geflüchteten bei Kleidung oder Fahrrädern einen Eigenanteil bezahlen, damit die Zuwendungen geschätzt werden. Wer sich im Helferkreis engagieren möchte, kann sich für Informationen per E-Mail an helferkreis.feldafing@gmail.com oder an nandl.schultheiss@web.de wenden.

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