Fasching im Landkreis Starnberg:Häme für Grüne und Klimaaktivisten

Fasching im Landkreis Starnberg: Kritik an den sogenannten Klimaklebern der "Letzten Generation": Beim Faschingsumzug in Unterbrunn gab es auch manch politische Botschaft.

Kritik an den sogenannten Klimaklebern der "Letzten Generation": Beim Faschingsumzug in Unterbrunn gab es auch manch politische Botschaft.

(Foto: Georgine Treybal)

Beim Umzug in Unterbrunn stehen erstmals auch Vertreter der Ökopartei in der Kritik. Auf dem Starnberger Kirchplatz ist es voll wie selten zuvor. Viele sind maskiert und die Garden begeistern das närrische Volk

Von Carolin Fries und Peter Haacke

"Gauting ist für die Hochkultur zuständig, Unterbrunn für die Unterhaltung". So einfach ist das - zumindest für zwei als Kühe verkleidete Gemeindebürger, die am Dienstag bei strahlendem Sonnenschein gemeinsam mit Hunderten Schaulustigen den Faschingsumzug verfolgt haben. Dabei widmen sich die Dorfbewohner auf ihren Wagen in humorvoller Kritik der örtlichen Politik. Was die als Fleckvieh getarnten Gautinger dabei besonders gefreut hat: "Zum ersten Mal haben auch die Grünen eins drauf gekriegt!"

Dass Grünen-Gemeinderat Matthias Ilg "den Gemeindewald abholzen will, um die Gemeindekasse zu füllen", wie ein Unterbrunner dem Kommunalpolitiker wetternd am Rednerpult vorwarf, das führe die Umweltpolitik der Ökopartei doch ad absurdum. Häme gab es auch für die sogenannten Klimakleber der "Letzten Generation". "Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt", stand auf den Schilder der Unterbrunner "Klimaaktivisten", die nicht nur den Flüssigkleber in Kanistern hinter sich herzogen, sondern auch die fertig gepackten Koffer für die Fernreise nach Bali.

Ob das überhaupt noch mal was wird mit der Energiewende? In Gauting sicher nicht, da sind sich die Unterbrunner Narren einig. Schließlich sei die Gemeinde schon seit zwei Jahren erfolglos auf der Suche nach Erdwärme. "Bis die Bürgermeisterin weiß, wo sie kann bohren, ist Gauting schon fast erfroren", stand an einem der Anhänger, die von Traktoren durchs Dorf gezogen wurden.

Aufgespießt wurden außerdem die hohen Spritpreise trotz niedriger Ölpreise ("40 Milliarden Reingewinn für Shell"), der schummelnde Schuhbeck ("Es gibt nichts mehr zum Naschen, trotz Millionen in den Taschen") und die Corona-Regeln, Stichwort Home-Office im Handwerk: "Wir nageln jetzt zu Hause". Die Dorfjugend reklamierte im Kettcar-Korso die mangelnde Parkdisziplin im Ort. Anstatt die Autos in die Garagen zu fahren, würden diese bequem entlang der Hauptstraße abgestellt, sogar in der uneinsichtigen Kurve hinter dem Gasthof Böck in Richtung Starnberg. "Da sieht man nichts", beklagte einer der Kettcar fahrenden Heranwachsenden.

Fasching im Landkreis Starnberg: Die Dorfjugend reklamierte im Kettcar-Korso die mangelnde Parkdisziplin im Ort.

Die Dorfjugend reklamierte im Kettcar-Korso die mangelnde Parkdisziplin im Ort.

(Foto: Georgine Treybal)
Fasching im Landkreis Starnberg: Hermann und Hans Geiger hatten ihren Wagen als "Arche Noah" mit allerlei Getier an Bord gestaltet.

Hermann und Hans Geiger hatten ihren Wagen als "Arche Noah" mit allerlei Getier an Bord gestaltet.

(Foto: Georgine Treybal)
Fasching im Landkreis Starnberg: Das närrische Volk genoss beim Umzug das herrliche Frühlingswetter.

Das närrische Volk genoss beim Umzug das herrliche Frühlingswetter.

(Foto: Georgine Treybal)

Höhepunkt aber war der fast kunstvoll dekorierte Wagen von Hermann und Hans Geiger, eine Unterbrunner "Arche Noah" mit allerlei Getier an Bord. "Das Wasserwirtschaftsamt fordert eine Erweiterung des Ressbachs zum Hochwasserschutz", erklärte Hermann Geiger. Andernfalls dürfe in Unterbrunn nicht mehr gebaut werden. Ein Irrsinn sei das, der Bach eher ein Rinnsal denn eine Bedrohung. Nicht ganz ernst gemeint dürfte indes die Kritik an den Bierpreisen in den Wirtshäusern gemeint gewesen sein, wo d'Hoibe inzwischen 7,50 Euro koste. Bier hatten die Faschingsfans nämlich reichlich in ihren Gefährten dabei - und für alle Besucher gab es die Flasche Helles oder das Radler für 3,50 Euro.

"Die Leute haben Bock und wollen raus", heißt es auf dem Kirchplatz

Mit rund 2000 Feierwütigen so gut besucht wie selten zuvor fand derweil auf dem Kirchplatz in Starnberg das traditionelle Faschingstreiben statt. Vor allem die Kinder, aber auch viele Erwachsene, hatten sich verkleidet und begeisterten sich für die Vorführungen der Starnberger Faschingsgesellschaft Perchalla. "Die Leute haben Nachholbedarf", stellte Perchalla-Präsident Andreas Denk nach zwei coronabedingten Auszeiten in den Jahren 2021 und 2022 erfreut fest. "Die Leute haben Bock und wollen raus, die wollen feiern."

Für die Veranstaltung war kein Motto ausgegeben worden, dementsprechend vielfältig waren die Kostümierungen: Neben allerlei Katzengetier - Löwen, Leoparden und Tiger - streiften Ritter, Sheriffs, Zauberer und Marienkäferchen durchs Publikum. Einige Damen hatten auf originelle Haarfarben in Gold, Pink oder Lila gesetzt, einige ältere Herren hatten sich als ältere Herren verkleidet. Michael Mignoli, ein bekennender Faschingsmuffel, widmete sich als Schankwart am Stand der FT-Sportschützen mit Hingabe den Durstigen, als Verkleidung hatte er sich stilsicher einen lebenden Bierkrug gewählt.

Fasching im Landkreis Starnberg: Der Starnberger Kirchplatz war am Faschingsdienstag gesteckt voll.

Der Starnberger Kirchplatz war am Faschingsdienstag gesteckt voll.

(Foto: Georgine Treybal)
Fasching im Landkreis Starnberg: Eine orange gekleidete Gruppe demonstrierte gegen die Verkehrspolitik der Stadt.

Eine orange gekleidete Gruppe demonstrierte gegen die Verkehrspolitik der Stadt.

(Foto: Georgine Treybal)
Fasching im Landkreis Starnberg: Und dieser Dinosaurier übte sich vergeblich im Erschrecken.

Und dieser Dinosaurier übte sich vergeblich im Erschrecken.

(Foto: Georgine Treybal)

Doch es gab auch Narren, die - zumindest verhalten - auf politische Botschaften setzten: Vize-Bürgermeisterin Christiane Falk (SPD) und Stadträtin Kerstin Täubner-Benicke (Grüne) etwa erschienen in schwarz-gelb gestreiften Kostümen, wobei Falk in biologischer Hinsicht klarstellte: "Ich bin keine Biene - ich bin eine Hummel!" Neben Eisbären, Zebras, Pokemons, Cowboys, Indianern, Prinzessinnen, Hippies, Untoten, Zombies und Graf Dracula fiel insbesondere eine Gruppe mit orangefarbenen Overalls auf, die sich an der Starnberger Verkehrspolitik stört: "Langsam reicht's" war da zu lesen und "Straßenschäden" mit Tempo 30.

Der Starnberger Verkehrsexperte Oliver Jauch mag es registriert haben, er hatte seine Polizeiuniform gegen ein T-Shirt der Wasserwacht eingetauscht. Einige Damen hatten ihre schicken Skianzüge herausgekramt, und auch einige Rentiernasen kamen zum Einsatz. Das weltpolitische Geschehen aber blieb außen vor.

Höhepunkt der Veranstaltung waren wieder einmal die Auftritte der Perchalla-Garden. Insbesondere die "One Million Dollar Girls" haben ihre Fans: Die Mama-Tanzgruppe war einst entstanden, weil die Betroffenen keine Lust hatten, tatenlos auf ihren trainierenden Nachwuchs zu warten und stattdessen selbst auf die Bühne wollten. Zwar meinte es DJ Hap bei der Aussteuerung seiner Anlage mit den Bässen zeitweilig etwas zu gut, doch auch das tat der Stimmung keinen Abbruch.

Um die Zukunft muss sich die Perchalla vorerst wohl keine Sorgen machen: Der Verein ist bestens aufgestellt, an Nachwuchs mangelt es nicht. Und weil Bürgermeister Patrick Janik, der dem Vernehmen nach am Dienstag in einem "Superman"-Hemd im Rathaus erschienen sein soll, der Faschingsgesellschaft auch weiterhin finanzielle Unterstützung zugesagt hat, muss auch künftig niemand um das Starnberger Faschingsgeschehen bangen.

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