Fasching:Die Narren sind los!

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Einfallsreiche Unterbrunner: Sie spielen in ihrem Umzug auf die geplante Umladestation an, auf Winterdienste ohne Streusalz und auf tiefergelegte Schilder in Starnberg. Auch eine Warnung an die Gautinger Rathauschefin Brigitte Kössinger ist dabei

Von Michael Berzl, Gauting

Bei knapp zehn Grad Celsius in einer leeren Badewanne liegen und sich immer wieder mit Abfällen bewerfen lassen - das muss man schon mögen. Hans Göschl hält das beim Umzug in Unterbrunn am Dienstag eine gute Stunde lang durch und hat sogar richtig Spaß dabei. Am Anfang schimpft er noch über die Saukälte, aber das ist bald vergessen, als es mit Blasmusik und Traktorgeknatter losgeht, hinaus auf die Hauptstraße und durch den ganzen Ort. Das ist echter Enthusiasmus für eine Faschingstradition, die sich in dem Ort schon lange hält. Und Göschl bekommt viel Applaus von den Hunderten Zuschauern am Straßenrand, die sich nicht entgegen lassen, wie diesmal die Gautinger Kommunalpolitik auf Unterbrunnerisch durch den Kakao gezogen wird. Schließlich ist Göschl der Hauptdarsteller in einer Art Sketch auf Rollen, in einer Aufführung, die auf einem Anhänger gespielt wird.

In diesem Kurz-Stück geht es um die geplante Müllumladestation, die das Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft im Landkreis Starnberg (Awista) ganz am Rand des Gautinger Gemeindegebiets in der Nähe von Hochstadt plant, ein Bereich, der auch zu einem Wasserschutzgebiet gehört. "Abfall im Wasser. Wir lassen Sie im Müll baden", lauten die Kommentare dazu, die auf selbst gemalten Schildern an der Seite des Wagens zu lesen sind. Und Göschl spielt dazu das Bad im Müll vor.

Solche Ideen entstehen immer erst kurz vor dem Faschingsumzug. Die ganze Burschenschaft setzt sich dann im Gasthaus zusammen, um zu überlegen, welche Themen sich für einen deftigen Scherz eignen. Diesmal sind es außer der Müllumladestation unter anderem auch das Hickhack um das Gautinger Gewerbegebiet, der vom Gautinger Gemeinderat beschlossene Winterdienst ohne Streusalz und das etwas unglücklich montierte MVV-Schild in Starnberg, auf dem der Busfahrplan nur im Knien zu lesen war, bis die Tafel dann doch etwas höher angebracht wurde oder das Goldsteak von Franck Ribéry sowie die schneefreien Tage und die Freitagsdemonstrationen von Schülern.

Sobald die Themen feststehen, wird gebastelt, geschraubt und gemalt. Traktor-Oldtimer wie ein Fendt Dieselross oder ein Eicher Panther, Baujahr 1961, werden aus den Garagen gefahren, Anhänger werden zu fahrenden Bühnen umfunktioniert und mit je einem Kasten Bier ausgestattet. Es muss schnell gehen, weil nach dem Brainstorming meist nur noch zwei Wochen Zeit bleiben. Aber die Unterbrunner sind ja einfallsreich.

Zum Beispiel die Rakete, mit der "Major Söder" zum Mars fliegen kann, seine Bavaria one. Das weiß-blau gestrichene Gefährt war auch schon beim Seifenkistenrennen am Start, erwies sich in dieser Funktion aber eher als Fehlkonstruktion und wird eben wiederverwertet, mit Andreas Wiegelmann am Steuer und einem zusätzlich eingebauten Brenner, der dazu benutzt wird, unterwegs Schweinswürstl zu grillen.

Manchmal geht es auch mit einfachen Mitteln. So läuft Max Högner auf echten Schlittschuhen einem leeren Streugutkaten hinterher. "Splitt und Salz, die Gmoa behalts", steht darauf. "Man muss sich halt Alternativen suchen", sagt er dazu. Robert Ruschig zieht einen Leiterwagen voller Kuhmist hinter sich her, flankiert von zwei Begleitern, die verkleidet sind als zwei Gendarmen mit Pickelhauben. "Für jeden Mist brauchst a Eskorte. Jetzt auch für'n Faschingszug", heißt es auf einem Schild dazu. Tatsächlich habe es eine Auflage gegeben, dass jeder Wagen einen Begleitschutz brauche, erzählt Ruschig.

Und mitten im Zug gibt es auf einmal die doppelte Bürgermeisterin: einmal Brigitte Kössinger im Original und einmal gespielt von Herrmann Geiger mit großer Brille, schwarzer Perücke und goldfarbenen Stöckelschuhen, der in einer durchsichtigen Plastikkugel, in der Federn umherschwirren, Gautings Zukunft lesen will. Als Geiger aber die echte Politikerin in den Zuschauerreihen erblickt, holt er sie zu sich und baut er sie gleich in seinen Sketch ein. "Dieses Jahr wird noch super", prophezeit er, "aber im nächsten Jahr, da musst du dich umschauen". Frei ins Hochdeutsche übersetzt: Da kannst du was erleben. Was die Gautinger Kommunalpolitik betrifft, sind die Unterbrunner gnadenlos.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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