Süddeutsche Zeitung

Familientag in Andechs:Spiel und Spaß und mahnende Worte

Lesezeit: 2 min

Während draußen die Kinder toben, stellt Abt Johannes Eckert drinnen sein neues Buch "Steh auf" vor und übt Kritik an der katholischen Kirche

Von Ute Pröttel, Andechs

Der Tag der deutschen Einheit ist im Landkreis Starnberg der Tag, an dem überdimensional viele dunkelblaue Luftballons in den Himmel steigen. Sie alle tragen das Wappen von Kloster Andechs. Es ist Kinder- und Familientag am Heiligen Berg, dieses Jahr zum 14. Mal. Die Veranstaltung sei mittlerweile ein Selbstläufer, erzählt Pressesprecher Martin Glaab. Zwar rechnet er in diesem Jahr nicht mit einem Besucherrekord, dafür ist der Himmel zu grau und die Temperatur zu niedrig. Für die vielen Kinder, die an diesem Tag rund um den Berg unterwegs sind, ist dieses Wetter aber viel besser. Ihre Geduld wird beim Anstehen zum Bogenschießen, Trampolinspringen oder Kinderschminken nicht unnötig auf die Probe gestellt.

Schon beim Aussteigen aus dem Auto duftet es lecker nach gebrannten Mandel. Auf dem Parkplatz begrüßen sich Freunde, Großeltern und Enkel. Gemeinsam machen sie sich auf, das Kloster zu erkunden. "Dass Familien - unabhängig von den Finanzen - einfach einmal miteinander eine gute Zeit bei uns verbringen können", das ist Abt Johannes Eckert an diesem Tag besonders wichtig. Viele der Spielangebote werden kostenfrei angeboten. Getränke, Kaffee und Kuchen sind wesentlich günstiger als auf dem Oktoberfest in München. Besonders gut kommt der Flying Fox unterhalb der Mälzerei an. Mit sieben Mann ist Corinne Ernst vom Hochseilgarten Ammersee gekommen. Allein vier Helfer sind ohne Unterlass damit beschäftigt, Klettergurte richtig anzulegen und danach zu schauen, dass die Helme richtig sitzen. Dann geht es 100 Meter entfernt ein Stück weiter oben zum Startpunkt der Seilbahn. Doppelt gesichert sausen die Kleinen abwärts und werden von einem weiteren Helfer abgefangen. Auch Landrat Karl Roth, der mit seiner Enkelin unterwegs ist, guckt sich die Anlage genau an. "Wir haben Gurte bis 120 Kilo dabei," sagt Corinne Ernst. Der Landrat winkt lachend ab. Heute steht die Enkeltochter im Mittelpunkt.

Vom Teleskopkran, der in der Einfahrt zum Brauereigelände steht und 60 Meter in die Höhe schwebt, ist gut zu beobachten, dass auch der Hilfsparkplatz auf der grünen Wiese sich im Laufe des Vormittags gut gefüllt hat. Ebenso unübersehbar sind von dort oben allerdings auch die Regenschauer, die sich über den Ammersee nähern. Wohl dem, der morgens zu Fleece und Windjacke anstatt zu Lederhosen und Janker gegriffen hat.

Während draußen der Familientag tobt, stellt Abt Johannes Eckert im Fürstensaal sein neustes Buch "Steht auf" vor. Er erzählt darin in sechs Kapiteln von Frauen aus dem Markusevangelium. Sie tauchen dort zwar ohne Namen auf, ihr Handeln oder ihre Initiative jedoch wurden vom Evangelisten festgehalten. Abt Johannes geht ihren Geschichten nach und kommt von der ausgegrenzten Frau zur Freistellung vom Pflichtzölibat oder von der auferweckten Tochter zur Forderung nach mehr Experimentierfreiheit für Jugendliche in der Kirche zu sprechen.

Den Tag beschließt wie in jedem Jahr der gut besuchte Familiengottesdienst in der Wallfahrtskirche am Nachmittag.

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Quelle:
SZ vom 05.10.2018
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