Evangelische Kirche:Aus Geschichten schöpfen

Tutzing Christuskirche

Beliebte Pfarrerin: Dorothee Geißlinger-Henckel verlässt Tutzing.

(Foto: privat)

Pfarrerin Dorothee Geißlinger-Henckel verlässt Tutzing

Interview von Manuela Warkocz, Tutzing

Nach mehr als fünf Jahren in der Evangelischen Gemeinde in Tutzing und Bernried wendet sich Pfarrerin Dorothee Geißlinger-Henckel neuen Aufgaben zu. Die 50-Jährige verlässt Ende Juni ihre halbe Pfarrstelle. Im Dekanat Weilheim wird die Mutter von vier Kindern, die mit ihrer Familie am Staffelsee lebt und zuvor in Erlangen, Klingenberg am Main und Luzern war, ab September im Schuldienst bis nach Garmisch eingesetzt sein. In der Tutzinger Christuskirche verabschiedet Dekan Jörg Hammerbacher die Theologin am kommenden Sonntag in einem Abendgottesdienst, zu dem coronabedingt nur 24 geladene Gäste zugelassen sind. Über ihre Nachfolge ist noch nichts bekannt.

SZ: Ihr Abschied vom Starnberger See ist nur in kleinem Rahmen möglich. Wie hat sich die Corona-Zeit für Sie sonst ausgewirkt?

Geißlinger-Henckel: An dem Stopp war vielleicht auch etwas Gutes in dieser sich so schnell drehenden Welt. Mal anhalten und sich fragen, was trägt uns. Wohin sind wir unterwegs. Aber das direkte Treffen von Menschen fehlt mir, die Gemeinschaft. Nun können wir aber - ich habe es ganz aktuell erfahren - ab diesen Sonntag wieder Gottesdienste in der Christuskirche feiern.

Als Alternative haben Sie Podcasts zu Bibeltexten produziert ..

. Ja, das war eine Möglichkeit etwas Neues auszuprobieren in dieser besonderen Zeit. Ein Experimentierfeld mit stark meditativen Elementen. Da konnte ich jedem auch Raum geben für individuelles Erleben. Ich habe eine therapeutische Ausbildung in Focusing, einem Therapieansatz für Hilfe zur Selbsthilfe, und merke immer wieder, wie kopflastig wir sind. Auch unsere Kirche ist sehr wortlastig. Dabei trägt jeder so eine Fülle von Bildern in sich, die uns helfen, uns im Ganzen zu sehen.

In diese Richtung ging auch ihr neuartiger Bibliolog. Kam das an?

Diese ganz moderne Form der Bibelinterpretation lief klasse. Die Tutzinger sind sehr offen, hier kann man vieles ausprobieren. Beim Bibliolog liest man aus der Bibel vor, dann vergibt man Rollen, etwa bei der Geschichte vom Blinden vor dem Tor, der bettelt. Was fühlst du da? Was geht dir durch den Kopf? Das sind Jahrtausende alte Geschichten, die uns mit ihrer Lebenserfahrung ganz viel sagen können.

Dass Sie gern mit Bildern und Geschichten umgehen, ist sicher auch ein guter Zugang zu Kindern und Jugendlichen, einem Schwerpunkt Ihrer Arbeit.

Da hatten wir zum Beispiel in der Kinderkirche an Karfreitag dieses Samenkorn, das in der Erde steckt, von dem wir noch nichts sehen, aber wissen, da wird etwas Grünes, Gutes daraus. Oder die "Tränen-Taschentücher", aus denen wir Blüten gebastelt haben. Das ist Ostern. Mit den Kinderkirchenteams gelangen ganz tolle Sachen. In der umgestalteten Kirche konnten wir auch den Wunsch umsetzen, mehr miteinander in der Kirche in Kontakt zu kommen und dank Fußbodenheizung einfach gemeinsam am Boden sitzen. Dann wurde mit den Kindern nebenan gebruncht. Wir haben es Frühstückskirche genannt. Schön waren auch die Krippenspiele, zuletzt mit den Grundschulkindern, die ich unterrichtet habe.

Ökumene gilt in Tutzing nicht nur als Schlagwort. Wie haben Sie das Zusammenwirken erlebt?

Das ist wunderbar, wie das hier zusammengeht. Ökumene trägt Tutzing ein gutes Stück. Ob das die Asylarbeit ist, die Lichterkette, die gemeinsamen Schulgottesdienste, der Trauergottesdienst damals beim Tod von Bürgermeister Krug oder die regelmäßigen Treffen von Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand, zuletzt an Ostern der gemeinsame Ostersegen und Aufruf zur Ostermusik vor St. Josef - das habe ich sehr geschätzt. Aber auch der Interreligiöse Dialog war mir wichtig, ein Projekt der Evangelischen Akademie, unter anderem mit der islamischen Gemeinde in Penzberg. Zuletzt haben wir uns in einem Zoom-Seminar ausgetauscht, sogar mit Poetry Slam, Theater und Comic-Zeichnen. Total genial. Doch auch da wäre mir direkter Umgang miteinander wieder lieb.

Grüße, Dank und Wünsche zum Abschied für Pfarrerin Geißlinger-Henckel können schriftlich im Pfarramt, Hörmannstraße 8, abgegeben werden oder erreichen sie per E-Mail unter dorothee.geisslinger-henckel@elkb.de

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