SZ-Kolumne: Ham Ham Hemminger, Folge 40Jungwein und Brettljause

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Der Wein schmeckt selten nur allein: Anna Hemminger (li.) testet mit Winzerin Victoria Gottschuly Grassl im österreichischen Dorf Göttlesbrunn den leckeren Zweigelt.
Der Wein schmeckt selten nur allein: Anna Hemminger (li.) testet mit Winzerin Victoria Gottschuly Grassl im österreichischen Dorf Göttlesbrunn den leckeren Zweigelt. (Foto: Foto: Patrick Hemminger)

Österreich war schon immer berühmt für gutes Essen und leckeren Wein, doch einen Klassiker der alten Römer gibt es nicht mehr: Bär gefüllt mit Schwein, gefüllt mit Lamm, gefüllt mit lebenden Tauben.

Von Anna und Patrick Hemminger, Bernried

Nachtigallenzungen, Hahnenkämme oder Wildschweineuter: Im Carnuntum hat man schon immer gut - oder sagen wir besser: besonders - gegessen. Wir sind in der alten Römerstadt an der Donau in Österreich. Eine nette Dame führt uns durch die antike Ausgrabungsstätte, in der ein ganzes Stadtviertel wieder rekonstruiert wurde. Eine Therme mit Fußbodenheizung, viele Handwerksbetriebe und schöne Villen. Die reichen Römer feierten hier große Gelage und ließen es beim Essen ganz schön krachen. Besonders exotisch war folgendes Gericht: Ein Bär, gefüllt mit einem Schwein, gefüllt mit einem Lamm, gefüllt mit lebenden Tauben. Drei Tage wurde der Bär gegrillt, dann durchschnitten die Zeremonienmeister das Tier. Und als sie beim Lamm angelangten, flatterten die lebendigen Tauben heraus. Wir gruseln uns.

Da ist uns das heutige Carnuntum lieber, es ist bekannt für seinen guten Wein. Wir besuchen das Weingut Netzl, eines der vielen im Dorf Göttlesbrunn. „Wir haben 800 Einwohner und 24 Weingüter“, sagt Winzerin Tina Netzl und lacht. Doch schon nach den ersten Schlucken sind wir sicher, dass wir bei ihr richtig sind. Sie macht sowohl elegante und straffe Weiß- und Rotweine der klassischen Art, als auch wilde, ungestüme Naturweine. Die wichtigste Rebsorte in Carnuntum ist Zweigelt. Sie ist leichter und frischer im Geschmack als in anderen Regionen Österreichs - das gefällt uns.

Da es keine gute Idee ist, Weine auf leeren Magen zu verkosten, hat Tinas Mutter Christine für uns gekocht: Spargelcremesuppe mit Forelle und Rouladen mit Kartoffelröstis, Wurzelgemüse und Salat. Köstlich.

Bäuerliche Weinlokale haben in Österreich eine  Jahrhunderte alte Tradition.

Abends sitzen wir im Heurigen von Victoria Gottschuly Grassl. Die bäuerlichen Weinlokale haben in Österreich eine Jahrhunderte alte Tradition. Die Winzer haben meist nur wenige Wochen im Jahr geöffnet und servieren auf ihrem Hof Jungwein und Brettljause. Man könnte auch von einem regionalen Pop-up-Restaurant sprechen. Wir sitzen an einfachen Holztischen, essen deftige Schinkenbrote, den Veltliner Teller und saure Blunzn. Alles aus eigener Herstellung oder aus der Gegend. Der Heurigen ist brechend voll, um uns herum lauter junge Menschen, die Wein trinken. „Unser Weingut ist viermal im Jahr der Treffpunkt der ganzen Gegend“‘, sagt die junge Winzerin. „Alle fragen schon immer, Victoria, wann machst du wieder auf?“ Dabei ist es jede Menge Arbeit. Zehn Tage offen, vierzehn Tage Vorbereitung. „Ich liebe es.“ Wir auch - und mit schwerem Herzen verabschieden wir uns.

Am nächsten Tag geht es nach Polen, wo wir in Krakau die Foodszene erkunden, auf einem Bauernhof mitten im Nirgendwo landen, Kartoffeleintopf vom Feuer essen und selbstgemachten Birkenwein trinken. Kein Mensch spricht Englisch, geschweige denn Deutsch. Unsere Reise geht weiter, an dieser Stelle können Sie das nicht mehr lesen. Doch auf unserem Blog www.travelandtaste.world nehmen wir Sie mit auf unsere kulinarischen Abenteuer. Auf Wiedersehen.

Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast Travel&Taste - Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.

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