Besser essen, fit bleiben:Gesunde Ernährung als Schulthema

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Kursleiterin Christina Duvinage erklärt David aus der Klasse 2c an diesem Schaubild etwas über Eiweiße. (Foto: Georgine Treybal)

Das Projekt „Iss Dich clever“ vermittelt Zweitklässlern Wissen über Obst, Gemüse, Eiweiß und Kalorien. An der Christian-Morgenstern-Schule in Herrsching nehmen 65 Kinder daran teil – und auch die Eltern sind bei einem Kochkurs dabei.

Von Amelie Kaiser und Marie Schultze, Herrsching

Die Schüler der 2c sind schon ganz aufgeregt, die nächsten eineinhalb Stunden Unterricht sind anders als sonst. Anstelle von Klassenlehrerin Christina Menge stehen an diesem Tag in der Christian-Morgenstern-Schule in Herrsching Kursleiterin Christina Duvinage und Maskottchen „Apfi“ vorn, ein Apfel aus Stoff. Die Ernährungswissenschaftlerin möchte mit den Kindern diesmal über Eiweiß sprechen, es ist bereits die dritte von fünf Einheiten. Das Projekt will Kindern in Theorie und Praxis etwas über gesunde Ernährung vermitteln, damit sie einen besseren Bezug zu Lebensmitteln bekommen.

Das Thema ist nicht nur für Kinder relevant. Auch Eltern sollen im Rahmen eines Kochkurses in der Schule essenzielle Nahrungsmittel und gesunde Rezepte kennenlernen. Laut Anna Kirstein, Ökotrophologin und Gründerin des Vereins „Iss Dich clever“, der das Projekt in Herrsching verantwortet, soll neben gesundheitlichen Aspekten unter anderem die ökologische Nachhaltigkeit der Lebensmittel thematisiert werden. Es geht um Massentierhaltung, Saisonalität und Regionalität. Kirstein ist eines besonders wichtig: Dass das erlernte Wissen nachhaltig bei den Kindern präsent bleibt.

Am Anfang der Einheit wiederholt Kursleiterin Duvinage mit den Kindern, was sie in der letzten Stunde über Obst und Gemüse gelernt haben. Sie sollen in ihrer „Ernährungsfibel“, einem kleinen Arbeitsheft, Obst- und Gemüsesorten in unterschiedlichen Farben einkreisen und benennen. Danach wird es praktisch: Die Schüler dürfen Käse aus Milch und Zitronensaft herstellen. Alle springen auf und wollen helfen. Anschließend wird die Milchmischung in ein Tuch gewickelt und die Masse zusammengedrückt.

Nico und Thea aus der 2c haben Milch und Zitronensaft zusammengerührt, um Käse herzustellen. (Foto: Georgine Treybal)

Der selbst gemachte Käse ruht eine halbe Stunde, Kinder und Kursleiterin tanzen derweil und singen den „Iss-Dich-Clever-Song“. Das Lied, in dem viele Ernährungstipps vorkommen, werde von Lehrkräften auch nach der Projektphase immer mal wieder gerne gespielt, sagt Vereinsgründerin Kirstein. Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Projekt kam ihr im Rahmen eines zweijährigen Auslandsaufenthalts in Frankreich bei Workshops mit Kindern. „Ich habe gesehen, dass in Frankreich das Thema 'Ernährung' bei Kindern viel präsenter ist und sie da viel mehr machen“, erinnert sich die Vereinsgründerin.

Zurück in München fing sie an, ehrenamtlich Ernährungsunterricht an Schulen zu geben und das Konzept von „Iss dich clever“ zu entwickeln. Inzwischen ist auch die AOK Bayern mit an Bord: Das Projekt soll präventiv dazu beitragen, dass Kinder nicht durch falsche Ernährung erkranken. Neben der Christian-Morgenstern-Schule in Herrsching und der Grundschule in Gauting nehmen auch Schulen in München und den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck am Projekt teil. In Zukunft soll es auch Kurse für dritte und vierte Klassen geben.

Zurück zur 2c in Herrsching: Nach einem weiteren Theorieteil ist der selbstgemachte Käse fertig und kann von den Schülern getestet werden. Das gefällt Ferdinand gut: Er probiert, was aus dem Milch-Zitronensaft-Gemisch geworden ist. Und Thea möchte die Rezepte aus dem Kurs gerne noch einmal zu Hause zubereiten. Auch die Klassenlehrerin sieht das Projekt positiv: Die Kinder würden viele neue Erfahrungen sammeln und sich auf jeden Kurs freuen. Das Thema steht für die ersten und zweiten Klassen im Lehrplan. Die Kinder hätten bereits manches in der Theorie behandelt, was sie jetzt beim praktischen Projekt machen.

Kidneybohnen zum Probieren: Beim Ernährungsprojekt in der Christian-Morgenstern-Schule in Herrsching wird zwischendurch auch mal genascht. (Foto: Georgine Treybal)

Zum Schluss der Unterrichtsstunde ist es Zeit für eine Brotzeit. Ernährungswissenschaftlerin Duvinage überprüft die Brotzeitboxen der Kinder und bespricht mit ihnen, was optimiert werden könnte. Dabei beobachtet sie Lernfortschritte: Anstelle von Weißbrot findet sie immer häufiger Vollkornbrot. Ebenfalls wichtig für Kinder: Obst und Gemüse, fünf Handvoll sollten es täglich sein.

Ob sich ein Kind gesund ernährt, hängt in erster Linie von den Eltern ab: Auch die Eltern sind beim Ernährungsprojekt gefordert – hier das gemeinsame Essen nach dem Elternkochkurs. (Foto: Georgine Treybal)
Maskottchen „Apfi“ beim Ernährungsprojekt der 2c in der Christian-Morgenstern-Schule in Herrsching. (Foto: Georgine Treybal)

Ob sich ein Kind gesund ernährt, hängt in erster Linie von den Eltern ab: Wenn die Vorbildfiguren daheim nur Fast Food, Chickenwings, Tiefkühlpizza oder Ravioli aus der Dose servieren, wird es für den Nachwuchs schwierig, sich eine gesunde Ernährungsweise anzueignen. Viele Essgewohnheiten werden laut Duvinage bereits in Kindertagen erlernt und „es ist oft schwierig, im Erwachsenenalter Gewohnheiten, die wir schon über so einen langen Zeitraum umsetzen, zu ändern“, erklärt die Expertin. Deshalb finden neben dem Programm für Kinder auch Kochkurse für Eltern statt, bei denen Mütter und Väter lernen, gesunde und einfache Gerichte zuzubereiten. In einer Pfanne brutzeln Sonnenblumenkerne, in Teamarbeit schneiden die acht Erwachsenen Karotten und Äpfel.

Denn besonders hoch im Kurs steht bei den Kindern: Karottensalat. Der schmeckt, geht schnell – und macht es damit auch den Eltern leicht. Denn mitunter ist es schwierig, „das gesunde Kochen im Alltag für die Kinder einzubauen“, weiß Kerstin Lemm. Im stressigen Alltag fehlt der Mutter oft die Zeit. Zudem kann gesundes Essen Nerven kosten – etwa dann, wenn der Nachwuchs kein Gemüse mag. In diesem Fall empfiehlt Duvinage: hartnäckig bleiben und die Lebensmittel mehrmals anbieten. Denn wie das Beispiel des Karottensalats zeigt: Manche gesunde Dinge schmecken Zweitklässlern zuweilen besser als erwartet.

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