"Erik und Erika":Durchgebissen

Reinhold Bilgeris Film über den Skirennläufer Schinegger

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Mit 17 Jahren gewinnt Skirennläuferin Erika Schinegger aus Kärnten den Weltmeistertitel in der Abfahrt. Doch schon zwei Jahre später wird sie behandelt wie eine Aussätzige. Geschichten vom Aufstieg und Fall im Sport gibt es viele. Doch der biografische Film "Erik und Erika"ist anders: Die Protagonistin ist intersexuell. Durch eine Laune der Natur wirkt Erika äußerlich wie ein Mädchen. Erst ein Chromosomentest belegt, dass der Skistar eigentlich ein Mann ist. Mit der Karriere ist es vorbei.

Zu den Olympischen Winterspielen 1968 wird ein "Sex-Test" eingeführt. Bei Erika " war unten herum nichts Männliches, aber oben herum auch nichts Weibliches", beschreibt ein Arzt, warum vorher niemand das wahre Geschlecht der Sportlerin erkannte. Der Österreichische Skiverband versucht zu retten, was zu retten ist. Erika soll "freiwillig" zurücktreten und sich zur Frau umoperieren lassen. Sie selbst wird nicht gefragt.

Die Geschichte ist 50 Jahre alt, aber immer noch aktuell. Zwar wird heute offiziell anerkannt, dass es ein drittes Geschlecht gibt, doch im Leistungssport wäre das immer noch ein Skandal. Reinhold Bilgeri, Regisseur des Films "Erik und Erika", ist überzeugt davon, dass Intersexualität nach wie vor ein Tabu-Thema ist. Bilgeri ist selbst leidenschaftlicher Skifahrer. Als Bub war er "ein Riesenfan von Erika", ihre Geschichte habe ihn nie losgelassen. sagt er nach der Vorstellung in der Schlossberghalle Starnberg. Es habe ihn tief beeindruckt, dass Erik in dem Dorf blieb, in dem man ihn so schlecht behandelt hatte. Im richtigen Leben betreibt Erik Schinegger die größte Schischule Kärntens, ist verheiratet und hat ein Kind. "Er hätte eigentlich von der Bürde erschlagen sein müssen, aber er hat sich durchgebissen", sagt Bilgeri.

Die Geschichte hat er behutsam und mit beeindruckenden Bildern umgesetzt. Auch bei den Figuren legte Bilgeri Wert auf Genauigkeit. Der 27-jährige Markus Freistätter wurde für die Hauptrolle wegen der großen Ähnlichkeit mit Erika ausgewählt. Und für Schwester Sigberta, die Erika darin unterstützt, sich selbst zu finden, habe er Marianne Sägebrecht "einfach haben müssen", so Bilgeri. Sägebrecht sagte über sich als Schauspielerin: "Ich bin der Farbkasten, und die Regie malt das Bild."

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