Das Sommerfest am Tutzinger Gymnasium bringt jedes Jahr Schüler, Lehrer und Eltern in entspannter Atmosphäre zusammen. Matthias Balz, Vater von zwei ehemaligen Abiturienten der Schule und einer diesjährigen Abiturientin, zeigte sich allerdings "schockiert" über die immer noch andauernden Bauschäden und Absperrungen, wie er der Süddeutschen Zeitung nach dem Fest mitteilte. Der Blick vom Pausenhof zur denkmalgeschützten Kalle-Villa dokumentiere eindrucksvoll "ein inakzeptables öffentliches Investitionsdefizit". Tatsächlich wird sich die Schulfamilie noch weiter mit bröckelndem Putz arrangieren müssen. Die Gemeinde will, dass ein "Gesamtpaket" geschnürt wird.
Gravierende Mängel zeigen sich an der Kalle-Villa, dem alten Prunkstück auf dem Schulgelände. Seit vor zweieinhalb Jahren Brocken vom Balkon herabstürzten, ist er ebenso mit rot-weißem Band abgesperrt wie die darunterliegende Terrasse. Das traditionelle Abi-Foto mit Seeblick fällt seitdem ebenso flach wie die Begrüßung der neuen Fünftklässler zu Schuljahresanfang an repräsentativer Stelle. Dazu kommen seit sechs Jahren regelmäßig Wassereinbrüche im Flachdach der 40 Jahre alten Turnhalle. Marode Duschen, Umkleiden und Rollos sind Aufreger bei Schülern, Eltern, Lehrern. Abhilfe wurde immer wieder versprochen. Zuständig sind die Gemeinde als Träger des Gymnasiums und seit 2016 der Landkreis, der einen Großteil der Unterhaltskosten übernimmt. Bei Baukosten hat Tutzing zehn Prozent zu zahlen, von den restlichen 90 Prozent bekommt der Landkreis etwa die Hälfte über staatliche Zuschüsse vom Freistaat wieder.
Aus dem Rathaus kommen dennoch sehr zurückhaltende Töne. "Die Schule braucht Zeit. Die Eltern müssen Geduld haben", sagt die derzeit amtierende Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg auf Nachfrage. Tutzing habe schon viel Geld in sein Gymnasium gesteckt: 21 Millionen Euro in 15 Jahren, also zu Zeiten, als die Gemeinde selbst die Kosten stemmen musste. Beispielsweise wurde im Oktober 2012 der sanierte Nordbau eingeweiht. Dörrenberg macht zudem deutlich, dass Tutzing sich nicht nur um eine Schule am Ort kümmern müsse. Derzeit wird die Mittelschule für insgesamt acht Millionen Euro saniert und ausgebaut. Beim Gymnasium könne man nicht einfach nur den bröckelnden Balkon reparieren. "Da ist ein Schub nötig und den müssen wir langfristig planen", betont Dörrenberg.
Einen Schritt ist man immerhin schon vorangekommen, sagt der Direktor des Gymnasiums, Bruno Habersetzer. Ein Architekturbüro aus Weilheim ist beauftragt. Vor zwei Monaten habe es eine intensive Begehung mit dem Architekten gegeben, "ein guter Ansprechpartner". Ein zeitlicher Rahmen für die Sanierung sei allerdings nicht genannt worden. Der Direktor widerspricht Dörrenberg, das Gymnasium müsse nach der Rückkehr zum G 9 erst seinen neuen Raumbedarf bestimmen. "Da brauchen wir nichts", betont Habersetzer. Statt wie im vergangenen Schuljahr vierzügig zu fahren, werde man die 5. Klassen im Herbst dreizügig beginnen, bei 90 bis 95 Schülern. Das scheint machbar, hat sich doch der Andrang beim Tutzinger Gymnasium leicht abgeschwächt - von 750 auf nur mehr 720 Schüler.