Süddeutsche Zeitung

Elektroautos:Nimm drei

In Herrsching gibt es die erste Schnell-Ladestation für Elektroautos, an denen E-Mobile aller Marken aufgetankt werden können. Das Netz an Strom-Zapfsäulen im Landkreis soll nächstes Jahr schnell wachsen

Von Otto Fritscher, Herrsching

81 142 Pkw mit STA-Kennzeichen fahren im Landkreis herum, davon sind gerade mal 102 Elektroautos. Eine Zahl, die nicht sonderlich beeindruckt. Dafür ist aber die Begeisterung für die Elektromobilität im Landkreis umso größer. Das zeigt sich auch am Freitagnachmittag, als in Herrsching vor der VR-Bank eine Schnell-Ladestation in Betrieb genommen wird. Landrat, Bürgermeister, Banker, Unternehmer - alle, die irgendetwas mit der E-Mobilität zu tun haben- sind gekommen. Das Besondere an dieser Stromtankstelle: "Sie hat Anschlüsse für alle drei auf dem Markt gängigen Steckersysteme, so dass wirklich jedes Elektroauto geladen werden kann", sagt Peter Geuß.

Der Vorstandsvorsitzende der VR-Bank Starnberg-Herrsching darf zuerst reden, Landrat Karl Roth muss sich gedulden. Schließlich hat die Bank die gut 50 000 Euro für die Installation der Ladestation, die tatsächlich einer normalen Benzin-Zapfsäule ähnlich sieht, übernommen. "Und bis zum Frühjahr ist das Tanken, natürlich mit 100 Prozent Ökostrom für alle kostenlos", kündigt Geuß an - Beifall. "Ich hab' ja schon viel enthüllt und eingeweiht, aber noch keine Schnell-Ladestation", erklärt dann Landrat Roth. Es ist die fünfte Strom-Tankstelle im Landkreis, und die erste öffentliche Schnell-Ladestation. "Davon können wir gar nicht genug haben", sagt Roth. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 4500 Strom-Tankstellen, davon sind gerade mal 100 Schnell-Ladestationen. Zwei normale Stationen gibt bislang in Starnberg, eine in Berg und eine in Gilching. Bürgermeister Christian Schiller sieht Herrsching "wieder mal als Vorreiter im Landkreis". Schließlich habe die Gemeinde unbürokratisch zwei Parkplätze angelegt, die für E-Mobile reserviert sind.

Im Publikum ist auch Werner Hillebrand-Hansen, Organisator der Eruda, der größten Elektro-Ausfahrt Deutschlands. "Eigentlich gehören Schnell-Ladestationen an die Autobahnen und Bundesstraßen, um größere Distanzen ohne lange Ladepausen zurücklegen zu können", sagt er - und hat damit sicherlich recht. Aber: "Ein Anfang ist gemacht." Die Eruda findet nächstes Jahr am ersten Oktober-Wochenende statt, das Fahrerlager wandert von Inning nach Fürstenfeldbruck. "Dort ist die Stromversorgung einfacher herzustellen", erklärt Hillebrand-Hansen.

Voller Elektro-Euphorie ist auch Susanne Münster, Verkehrsmanagerin des Landkreises. Sie ist federführend in der E-Start-Initiative, die aus der letzten Verkehrskonferenz des Landkreises hervorgegangen ist. "Wir haben nun vier Schwerpunkte, an denen wir arbeiten: Infrastruktur, Information, Tourismus und eine Denkfabrik", erklärt sie. Demnächst werde ein Konzept für weitere Ladestationen im Landkreis erstellt. Das Ziel: "In jeder Gemeinde mindestens eine Schnell- und eine Normalladestation." An die Öffentlichkeit wird die E-Start-Initiatve erstmals bei der Innosta-Messe Mitte März treten.

Unterdessen herrscht an der Zapfsäule reger Betrieb: Die drei Steckdosen sind farblich unterschiedlich gekennzeichnet: Blau mit Wechselstrom für Renaults etwa, Grün für Autos japanischer Provenienz, Gelb für BMW und VW. Allerdings klappt das Laden nicht immer problemlos. Eigentlich müssten binnen einer halben Stunde die Akkus auf 80 Prozent ihrer Kapazität aufgeladen sein. "An manchen Autos muss erst die Software aktualisiert werden", erklärt Johann Oberhofer, Marketing-Chef der VR-Bank und inzwischen E-Auto-Experte. Die Batterien sind eben immer noch die Schwachstelle der E-Autos. "Vom Frühjahr an bieten wir aber den Service an, die Batterien von gebrauchten E-Autos zu messen und deren Lebensdauer zu bestimmen", sagt Jörg Simm vom Starnberger E-Mobilitätsspezialisten Elenio. Wenn die Akkus schlapp machen und ausgetauscht werden müssen, kann dies nämlich sehr teuer werden.

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SZ vom 20.12.2014
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