Einzelhandel:Schluss mit Skiern

Starnberg: Räumungsskiverkauf bei Lutz Girschick

Räumungsverkauf: Lutz Girschick will künftig nur noch Tennisausrüstung verkaufen, das Fahrradgeschäft Bergfrei übernimmt sein Geschäft.

(Foto: Nila Thiel)

Sport Girschick gibt sein Geschäft in Starnberg auf, der Inhaber will nur noch Tennisausrüstung samt Service anbieten

Von Veronika Ellecosta

Nach beinahe fünf Jahrzehnten verkleinert der Starnberger Traditionsladen Sport Girschick sein Sortiment drastisch und will in Zukunft nur noch Tennisausrüstung samt Service und Beratung anbieten. Die Aussichten für den Einzelhandel seien in Zeiten des Onlinegeschäfts trübe, und er wolle in seinem Alter auch nicht mehr jeden Tag im Geschäft stehen, begründet der 69-jährige Inhaber Lutz Girschick seine Entscheidung. Der Räumungsverkauf in seinem Laden dauert noch bis Ende des Jahres, sein Nachbar, das Fahrradgeschäft Bergfrei, will die Räume übernehmen und eine Tennisabteilung für Girschick integrieren.

In dem Sportgeschäft an der Kaiser-Wilhelm-Straße stapeln sich Daunenhandschuhe, Kartonschachteln mit Helmen und Skischuhen auf dem Boden und in den Regalen im hintern Ladenbereich. Dazwischen stehen Kleiderstangen mit Fliesjacken, an den Wänden lehnen Skier in vielen Farben und Größen. Das Sortiment an Sportartikeln ist groß, aber eines haben alle gemeinsam: den grellgelben Sticker, der auf den reduzierten Preis hinweist. Denn bei Sport Girschick herrscht Totalabverkauf. Alles, was mit Wintersport zu tun hat, muss bis Ende des Jahres raus. Bleiben dürfen bis auf Weiteres Tennisschläger, -taschen und -schuhe. Girschick hat sie im vorderen Ladenteil aufgereiht.

Er selbst steht hinter der Ladentheke, hat einen Badmintonschläger in eine Bespannungsmaschine geklemmt und zieht neue Saiten durch die Löcher an den Rändern des Schlägerkopfs. Reparaturen und Service übernehme er am liebsten, erzählt er, während er die Quersaiten einfädelt. Und er macht das schon mehr als sein halbes Leben lang: Im März werden es 47 Jahre, dass Girschick den Laden betreibt, die Kundschaft bei Ski- und Tennisausrüstung berät und Schläger bespannt. Nach all den Jahren sei es Zeit für ihn, kürzer zu treten und sich auf seine Leidenschaft, das Reparieren von Tennisschlägern, zu fokussieren. Auf seine bisherige Zeit im Sportfachhandel blickt er zufrieden zurück: Einen schöneren Beruf hätte er sich nicht vorstellen können, sagt er. Im Sport- und Freizeitsegment zu arbeiten, das bedeute, gut gelaunte Kundschaft zu beraten. Obendrein ist der Starnberger selbst begeisterter Tennisspieler und Skifahrer und hat sozusagen sein Hobby zum Beruf gemacht. Der Sportfachmann gilt in Starnberg und darüber hinaus als Institution. Die Nachricht von der Verkleinerung seines Ladens habe einige Stammkunden traurig gestimmt, erzählt er.

Es gebe zwei Möglichkeiten, ein Sportgeschäft zu führen, wie Girschick findet: der Kundschaft querbeet die Ausrüstung für möglichst viele Sportarten anzubieten, oder sich auf einige wenige Bereiche zu spezialisieren. Girschick hat sich für Letzteres entschieden und ist damit gut gefahren. Besonders in den ersten Jahrzehnten, nachdem er den Lader eröffnet hatte, verkauften sich Tennisprodukte fast wie von selbst. Die Achtziger und Neunziger waren die goldenen Jahre dieser Sportart, die Zeit von Boris Becker, Steffi Graf, Michael Stich, sagt er. An diese Popularität kommt Tennis heute nicht mehr heran, aber ganz aus der Mode gekommen ist es auch nicht. Und durch die Pandemie könnte es wieder einen kleinen Aufschwung geben: Tennisgehört wegen der großen Abstände auf den Courts zu den coronakonformen Sportarten. Girschick bestätigt: Vor allem im vergangenen Sommer hätten viele Neulinge mit dem Training angefangen.

Besonders mit dem Verkauf von Skiausrüstung gehe es aber bergab, sagt er: Anstatt sich neues Equipment zu kaufen, zögen es viele Sportler heutzutage vor, sich die Sachen auszuleihen. Noch schwerwiegender sei, dass der Onlinehandel den Einzelhandel zunehmend verdränge - eine Entwicklung, die durch die Pandemie zwar nicht ausgelöst, aber in großem Stil angeheizt worden sei. Girschick setzt auf Beratung und Serviceleistungen, das seien seine Stärken. Gleichwohl komme es vor, dass sich einige seiner Kunden bei ihm beraten lassen, die Sportartikel aber am Ende online kaufen. Das sei unfair, sagt er, doch verhindern lasse es sich eben nicht. Genauso wenig wie die langfristige Entwicklung und der Siegeszug der Onlineversandhäuser.

"Der Einzelhandel hat keine Zukunft", sagt Girschick. Einen Nachfolger finde er auch nicht. Wenn er also in Rente geht, steht das Ende einer Ära an. Bis dahin macht er noch in reduziertem Umfang weiter. Lutz Girschick wird also nach wie vor die Tennisschläger der Starnberger neu bespannen. Und auch weiterhin auf den Courts und den Skipisten der Umgebung anzutreffen sein.

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