Ehrenamtliches Engagement:"Da sind Managerqualitäten gefragt"

Krailling,  Spotplatz TV Planegg-Krailling

Achim Loecher steht seit einem Jahr an der Spitze des TV Planegg-Krailling. Der Volleyballer verdient sein Geld als Finanzvorstand eines Unternehmens - das hilft ihm nun als Vereinsvorstand.

(Foto: Georgine Treybal)

Viele Sportvereine haben mittlerweile Probleme, ehrenamtliche Vorstände und Helfer zu finden. Darum müssen immer mehr Handwerksarbeiten vergeben werden. Folge: Die Mitgliedsbeiträge steigen. Ein Gespräch mit Achim Loecher vom TV Planegg-Krailling

Interview von Michael Berzl

Gemeinsam trainieren, gemeinsam Unkraut zupfen und Büsche schneiden auf dem Vereinsgelände, die Mitgliedschaft mit eingebauter Verpflichtung mitzuhelfen - das war einmal. Sportvereine erleben gerade einen Wandel: Ehrenamtliches Engagement allein reicht nicht mehr aus, um alle anfallenden Aufgaben zu erledigen, mehr als bisher ist eine Professionalisierung nötig. Das stellt auch Achim Loecher, Präsident des TV Planegg-Krailling fest, der nun seine Mitgliedsbeiträge erhöht. Im Interview mit der Starnberger SZ spricht der 57-Jährige, der als Finanzvorstand in einem Unternehmen arbeitet, über eine Entwicklung und ihre Folgen.

SZ: Auf Ihren Vorschlag hin hat die Delegiertenversammlung eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags beschlossen. Wie lief es?

Achim Loecher: Sehr gut. Wir haben eine moderate Erhöhung vorgeschlagen, 8,5 Prozent im Mittel. Für Familien gibt es eine Vergünstigung. Die Mahngebühren haben wir dafür deutlich mehr erhöht, weil der Zahlungsverzug immer einen rieseigen Verwaltungsaufwand auslöst. Da kommen wird mit den bisherigen Gebühren nicht mehr klar.

Was ist der Anlass für die Gebührenerhöhung?

Wir haben höhere Energiekosten, wir müssen neue Sportgeräte anschaffen, außerdem kommt die ganze Anlage in die Jahre. Da sind viele Sanierungsarbeiten zu erledigen. Wir müssen zum Beispiel demnächst auch am Zaun etwas machen, der ist auch schon 30 Jahre alt. Insgesamt gibt es hier einen Investitionsstau. Man hat immer versucht, das mit eigenen Arbeitskräften zu erledigen, und somit ist Einiges halt auch nicht gemacht worden. Nicht aus böser Absicht, sondern weil einfach die Ressourcen nicht da waren.

Mit eigenen Kräften funktioniert das wohl nicht mehr so. Müssen Sie mehr als bisher Arbeiten an Firmen vergeben?

Auf jeden Fall. Es kommen mehr externe Dienstleister und Handwerker ins Spiel. Die Generation der Mitglieder, die Eigenleistungen erbringen, haben wir nicht mehr in ausreichendem Maße. Da gab es mal Arbeitsgruppen, die sich hier am Wochenende treffen und Sträucher schnitten. Viele können das altersmäßig und gesundheitlich nicht mehr. Und die Generation, die nachkommt, ist dazu einfach nicht mehr bereit. Die kommen her, wollen Sport konsumieren und nicht ihre Freizeit mit Platzpflege verbringen.

Woran liegt das? Ist das eine andere Haltung zum Verein?

Das ist einfach der Lauf der Zeit. Die Mitglieder stehen zum Verein, keine Frage, aber die jüngere Generation ist da einfach nicht mehr dazu bereit. Die haben andere Interessen, die machen in ihrer Freizeit etwas anderes und möchten sich nicht mit irgendwelchen Instandhaltungsarbeiten beschäftigen.

Das war mal anders.

Ja, da gab es richtige Arbeitsgruppen, in denen auch Handwerker mitgemacht haben. Das gehörte zum Vereinsleben dazu. Der Trend ist jetzt nicht mehr da. Das hat sich verändert, ganz klar.

Wie macht sich das im Miteinander bemerkbar, an der Atmosphäre?

Zum Beispiel lässt das nach, dass man sich nach der Sportaktivität noch zusammensetzt auf ein Bier. Das ist heute nicht mehr so. Die Leute machen Sport und danach räumen sie das Feld. Das ist auch ein Grund dafür, dass es Vereinsgaststätten mittlerweile in der Regel sehr schwer haben. Schwerer als früher.

Das Vereinslokal hatte mal einen ganz anderen Stellenwert.

Da gab es Stammtische. Heute haben wir nur noch eine Gruppe, die Montagsmänner, die treffen sich seit 50 Jahren konsequent jeden Montag nach dem Sport. Das sind alles ältere Herrschaften, Durchschnittsalter um die 70, aber sportlich noch sehr aktiv und fit. Das ist aber auch die einzige Gruppe, die über diesen langen Zeitraum Bestand hatte.

Die sich verändernde Haltung zum Sportverein - ist das eine Würmtaler Spezialität oder trifft das auch andere?

Ich befürchte, dass das fast flächendeckend so ist, dass es die meisten Vereine früher oder später trifft. In Fußballvereinen herrscht vielleicht noch eine andere Einstellung. Da setzen sich die Mannschaften eher noch zusammen und philosophieren über das Training oder das letzte Spiel. Es kommt immer ein bisschen auf die Attraktivität des Angebots an.

Auch die Anforderungen an einen Vorstand müssten sich doch ändern.

Ich denke, dass Vereinsmanagement heute sehr wichtig ist. Dieser Selbstläufer, dass ein Vorstand da ist und der Rest läuft von alleine, das funktioniert nicht mehr. Das muss man eher wie ein kleines mittelständisches Unternehmen führen. Wenn man allein die Finanzen betrachtet oder die Organisationsstruktur, da sind schon Managerqualitäten gefragt.

Und das alles ohne Bezahlung.

In der Vergangenheit war es so, dass viele dieses Ehrenamt ausgeübt haben, wenn sie schon in Rente oder Pension waren. Ich bin berufstätig, bei mir ist die Zeit sehr limitiert. Es gibt aber Vereine, die haben schon hauptberufliche Geschäftsführer eingestellt. Da muss man allerdings darauf achten, ob das zur Kostenstruktur des Vereins passt, ob er sich einen hauptberuflichen Geschäftsführer überhaupt leisten kann. Wir haben das schon diskutiert, aber ich denke, dass wir es noch so hinbekommen.

Wie geht es weiter?

Es wird wohl in den Vorständen, nicht nur beim TV Planegg-Krailling, eine gewisse Altersfluktuation geben Das Problem ist, dass man auf ehrenamtlicher Basis ganz schwer Nachwuchskräfte findet. Mir wäre es auch lieb, wenn sich 30- oder 40-Jährige finden würden, die gerne mit in den Vorstand kommen.

Was kann man da tun?

Sie müssen den Verein attraktiv machen und vielleicht auch mal alte Zöpfe abschneiden. Da gibt es zum Teil eingefahrene Prozesse, die seit 30 Jahren laufen. Da muss einfach frisches Blut rein, eine neue Sichtweise. Sie müssen Leute finden, die den Sport als Hobby haben und sich für organisatorische und Betriebswirtschaftliche Themen begeistern können, die das als gute Kombination zwischen der Disziplin, die sie studiert haben, und ihren sportlichen Interessen sehen. Wir haben sehr viele engagierte Leute, aber die möchten noch nicht in so eine Präsidiumsfunktion, weil sie darin unerfahren sind, Angst haben, in kaltes Wasser geworfen zu werden.

Sollte es mehr Motivation von außen geben? So etwas wie die Ehrenamtskarte zum Beispiel.

Schön, dass es so etwas gibt, aber das bringt gar nichts. Damit locken Sie keinen Hund hinter dem Ofen hervor.

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