Süddeutsche Zeitung

Ehrenamt:Paradies für Bastler

2500 Reparaturen hat das Team des Starnberger Repair-Cafés bereits geleistet

Von Blanche Mamer, Starnberg

Es begann mit einem verstaubten Röhrenradio. Vor fünf Jahren, beim ersten Repair-Café im Seniorentreff in Starnberg, gelang es, das 60 Jahre alte Gerät wieder in Stand zu setzen, was damals heftig applaudiert wurde. Seitdem seien mehr als 2500 Reparaturen vorgenommen worden, zu 75 Prozent erfolgreich, berichtet Koordinator und Gründungsmitglied Peter Koziol. Wenn das Repair-Café an diesem Samstag von 14 Uhr bis 16.30 Uhr nach der Sommerpause wieder eröffnet, wird mit einem Gläschen Sekt auf den Geburtstag angestoßen.

Ein kleines Team unter Initiator Klaus-Peter Stöhrel, der aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei sein kann, habe die ehrenamtliche Reparatur-Werkstatt vorbereitet und organisiert, sagt Koziol. Wie in allen Repair-Cafés gehe es auch in Starnberg darum, ein Zeichen zu setzen gegen die Wegwerf-Mentalität und für einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen. Zudem arbeite man nach dem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe". So werden die defekten Geräte gemeinsam mit dem jeweiligen Besitzer angeschaut, Fehler gesucht und entschieden, ob sich die Reparatur lohnt. Und dann wird, soweit möglich, gemeinsam repariert. Diplomingenieur Koziol betont, dass das Teamarbeit sei. Wenn einer der Tüftler nicht weiter wisse, frage er seinen Nachbarn, dann werde zusammen beraten. Auch die Kunden lernten dabei, sie bekämen Einblick in die Arbeit, um sie auch wirklich zu schätzen. Oft müssten Ersatzteile besorgt werden, die, wenn nicht mehr im Laden erhältlich, eventuell übers Internet gefunden werden könnten oder vielleicht sogar beim Wertstoffhof, erzählt einer der langjährigen Reparateure. Er ist gerade auf dem Wertstoffhof und stöbert in der "Elektroabteilung". Er ist ein ambitionierter Bastler und versierter Modelleisenbahnbauer, so dass er auch kleinste Ersatzteile erkennt.

"Wenn ein Gerät nicht funktioniert, heißt das nicht unbedingt, dass die Mechanik oder die Elektroanlage defekt ist, oft geht es auch um einfache Bedienungsfehler", sagt Otmar Siersch, der sich auf die Reparatur von elektrischen Nähmaschinen spezialisiert hat. "Da besteht Bedarf, denn es gibt noch viele alte Nähmaschinen, die robust und gut verarbeitet sind. Ich hab mir das Meiste selber beigebracht, Nähmaschinen kenne ich durch meine Frau, die Herrenschneiderin war." Hertha Siersch, 82, gehört ebenfalls zum Team. Sie nimmt kleine Reparaturen an Kleidern und Röcken vor, näht Säume, verkürzt oder verlängert Jeans und gibt viele Tipps an Nähanfängerinnen. Junge Frauen zum Beispiel, die Omas gute alte Pfaff geerbt haben, freuen sich, wenn sie hören, dass ein weißes Blatt Papier hinter die Nadel gesetzt, das Nadelöhr gut sichtbar mache.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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