Streit um ehemaliges Baudenkmal:Norwegerhaus dem Erdboden gleich

Streit um ehemaliges Baudenkmal: In der Kaagangerstraße 49 in Eching leistet ein Bagger ganze Arbeit. Eigentümer Claus Vogt kann nur traurig zusehen.

In der Kaagangerstraße 49 in Eching leistet ein Bagger ganze Arbeit. Eigentümer Claus Vogt kann nur traurig zusehen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die vom Landsberger Landratsamt beauftragte Abbruchfirma reißt das ehemalige Baudenkmal am Ammersee ab. Aus dem Kampf des Eigentümers um den Erhalt ist ein Kampf um den Wiederaufbau geworden.

Von Christina Denk, Eching am Ammersee

Das grüne Blechdach des Hans-Beat-Wieland-Hauses liegt eingedellt in der Wiese. Von den einst charakteristischen, roten Brettern der Außenwand ist nichts mehr zu sehen. Eigentümer Claus Vogt steht mit traurigem Blick neben der Baustelle, sieht auf die Backsteinmauern, die von seinem einstigen Ammersee-Traum noch übrig geblieben sind. Er hat sie selbst hier eingebaut.

Seit Dienstag um sieben Uhr morgens reißt die Abbruchfirma, die das Landsberger Landratsamt in einer sogenannten Ersatzvornahme beauftragt hat, in Eching am Ammersee das Wieland-Gebäude Stück für Stück ab. Vogt kann nur noch zuschauen, wie das Bauwerk dem Erdboden gleichgemacht wird. "Jetzt fährt der Bagger hier direkt ins Haus rein", ruft Vogt ins Handy.

Durch einen unbedachten Umbau war das Haus, in dem einst der Künstler Hans Beat Wieland lebte, 2006 zum Schwarzbau geworden. Die Backsteinwände hätten nicht entstehen dürfen. Die Folge: eine Abrissverfügung im Jahr 2010. In einem 17-jährigen Rechtsstreit versuchte Vogt bis zuletzt, sein Eigentum zu retten - wollte es zurückbauen und als Künstler-Museum zur Verfügung stellen. Ein Vertrag mit der Gemeinde Eching war bereits geschlossen.

Mit dem Umbau habe er einen Fehler gemacht, "den kann man gutmachen", betont der 80-Jährige immer wieder. Letzte Hoffnung keimte auf, als der für Montag geplante Abriss verschoben werden musste. Der Bagger war noch an anderer Stelle im Einsatz. Vogt reichte einen letzten Eilantrag beim Verwaltungsgericht München ein - doch die Entscheidung um den Antrag ließ auf sich warten. Das Landratsamt beharrte auf einem Komplettabriss. Nun rollt deshalb der Bagger in der Kaagangerstraße 49.

Streit um ehemaliges Baudenkmal: Das grüne Blechdach liegt eingedellt in der Wiese.

Das grüne Blechdach liegt eingedellt in der Wiese.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)
Streit um ehemaliges Baudenkmal: Der Fußbodenbelag landet im Container.

Der Fußbodenbelag landet im Container.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Am Dienstag ist es ein blauer Bagger, der von oben mit dem Abriss beginnt. Erst fällt der Dachstuhl, dann die Außenmauern. Ein letztes Fenster wird aus den Mauern entfernt. Die Bodenplatten landen in den Baucontainern neben dem "Norwegerhaus". Die Dachbalken daneben. Um das Gelände hat sich die Polizei positioniert. Wie hoch die Rechnung des Landratsamts an Claus Vogt für diesen Einsatz von Baggern und Polizei am Ende sein wird, das weiß der Hauseigentümer noch nicht.

Nun ist die Wielandshütt Geschichte. Was wird aus dem Grundstück, in das Claus Vogt einst Millionen investiert hat? Aufgeben will der 80-Jährige das Künstlerhaus weiterhin nicht. Aus seinem Kampf um den Erhalt ist ein Kampf um den Wiederaufbau geworden. Die Vorbereitungen dafür wurden bereits am Montagnachmittag getroffen.

Das Eigentümerpaar versucht zu retten was geht

Nachdem feststand, dass der Bagger erst am Dienstag anrücken würde, haben Vogt und seine Frau Gudrun Lahr-Vogt alles gerettet, was noch zu retten war. Bis zum Sonnenuntergang haben sie die weißen Fenster ausgebaut, Eisengitter abgeschraubt. Er sei auf die Leiter geklettert und habe von oben die Läden runtergeworfen, erzählt der 80-Jährige. Sie sollen eingelagert werden - für einen späteren Wiederaufbau. Die Türen wurden bereits zuvor aufbewahrt. Ein eingemauertes Fenster mussten die Vogts zurücklassen. "Leider konnten wir den Dachstuhl nicht retten", sagt der Diplom-Ingenieur außerdem. Und auch die rote Außenfassade ist dem Bagger zum Opfer gefallen.

Die Künstlerin Angelika Böhm-Silberhorn, die sich mit der "Interessengemeinschaft Künstlerkolonie Eching" für das Museum im Wieland-Haus einsetzt, hatte am Montag extra noch alle Dachbalken nummeriert - in der Hoffnung auf einen Rück- und Wiederaufbau. Auch die Gemeinde ging bis zuletzt vom Rückbau aus. Der Vertrag und der vorhabenbezogene Bebauungsplan für den Rückbau waren mit Eigentümer Vogt bereits besprochen. Nur Detailfragen mussten noch geklärt werden.

"Damit haben wir nicht gerechnet, dass das abgerissen wird", sagt Bürgermeister Siegfried Luge, der sich die Wielandshütt am Dienstagmorgen selbst ein letztes Mal ansah. Er kennt das Haus seit 50 Jahren. "Es tut einfach weh", sagt er. Auch Anwohner zeigten sich gegenüber Luge traurig über den Abriss. Was danach kommt? Das weiß der Bürgermeister noch nicht. Ein neuer Bebauungsplan für einen Wiederaufbau muss verhandelt werden. Mit dem danach hat sich in der Gemeinde Eching noch keiner beschäftigt.

Wenn Eigentümer Vogt nun also einen Wiederaufbau anstrebt, wäre es trotz der Umstände nicht sinnvoller gewesen, das Angebot des Eigentümers direkt zu akzeptieren, daraus ein Museum zu machen? Nicht, wenn es nach dem Landratsamt geht. "Das Haus ist zerstört worden von ihm und damit hat es auch seine Berechtigung verloren an dieser Stelle, egal als was man es nutzt", lautet die strikte Antwort von Wolfgang Müller, dem Sprecher des Landsberger Landratsamts. "Zerstört haben wir das Haus nicht heute, sondern er vor 15 Jahren", sagt Müller, während in Eching die letzten Balken fallen.

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