Car-Sharing in Weßling:Elektrischer Gemeinsinn

Car-Sharing in Weßling: Teilen lautet die Devise für die Weßlinger: Bei der Übergabe des Car-Sharing-Autos dabei sind (v. li.) Astrid Kahle, Gerhard Hippmann, Bürgermeister Michael Sturm, Gerd Mulert und Christian Ader.

Teilen lautet die Devise für die Weßlinger: Bei der Übergabe des Car-Sharing-Autos dabei sind (v. li.) Astrid Kahle, Gerhard Hippmann, Bürgermeister Michael Sturm, Gerd Mulert und Christian Ader.

(Foto: Georgine Treybal/Starnberger SZ)

Rathaus und Bürger teilen sich jetzt auch in Weßling ein E-Fahrzeug: Die Kommune nutzt das Auto an vier Vormittagen, die restliche Zeit kann der Kleinwagen privat gebucht werden.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Seine erste Dienstfahrt hat das neue Car-Sharing-Auto bereits absolviert: Zwei Rathausmitarbeiterinnen haben das Fahrzeug für einen Ortstermin im Weßlinger Ortsteil Grünsink ausgeliehen, für eine Umleitung mussten die Schilder kontrolliert werden. Auch für Privatfahrten ist der Elektro-Kleinwagen schon gebucht worden. "Die ersten Reservierungen kamen, als wir noch gar nicht wussten, dass das Auto da ist", berichtet Geschäftsleiterin Astrid Kahle. Denn auf der App des Verleih-Anbieters "Stattauto" war der neue Renault Zoe bereits zum Buchen freigeschaltet, noch bevor er seinen Standort vor dem Rathaus belegt hatte. Auch Kahle ist bereits dienstlich mit dem Auto gefahren, nach Pöcking, wo das Auto beklebt wurde. Jetzt ringelt sich ein stilisiertes grünes Kabel über die Fahrzeugseite, und in einem gelben Kreis steht: "Wesslings E-Auto, clever fahren fürs Klima".

Mit seinem Car-Sharing-Angebot beschreitet - oder besser: befährt - die Gemeinde neue Wege zur Mobilität. Bei dem Leuchtturmprojekt teilen sich Gemeinde und Privatleute ein E-Auto. Der Zoe ist also Dienstfahrzeug und Car-Sharing-Pkw zugleich. Von den 22 Rathausmitarbeitern hätten etwa zehn regelmäßige Außentermine. "Bisher mussten sie mit Privatautos dort hinfahren", sagt Bürgermeister Michael Sturm bei der Präsentation auf dem Rathausparkplatz. Auch er verzichtete bislang auf ein Dienstauto, jetzt kann er mit dem E-Auto beispielsweise zu Sitzungen ins Starnberger Landratsamt fahren.

Für die Rathausangestellten ist das E-Auto montags bis donnerstags von 8 bis 12 Uhr reserviert. "Grundlastnutzer" nennt das Gerd Mulert, Vorsitzender der Energiegenossenschaft Fünfseenland (EGF). Diese regelmäßigen kostenpflichtigen Buchungen sind notwendig, um einen Mindestumsatz zu garantieren, ohne den das Ganze unwirtschaftlich wäre. Wegen der fehlenden Menge an potenziellen Mietern in kleinen Gemeinden hat sich Car-Sharing bisher nicht durchgesetzt. Mit Konzepten wie in Weßling könnte sich das aber ändern, hofft Mulert: Nachmittags, an Freitagen, Wochenenden und in den Ferien steht das Auto nun der Bevölkerung zur Verfügung. Dieser Kompromiss ist für die Gemeinde Weßling immer noch praktischer, als ein eigenes Dienstfahrzeug anzuschaffen. "Und es ist nachhaltig", freut sich Kahle.

Die Energiegenossenschaft Fünfseenland (EGF) hat das Fahrzeug gekauft, die Ladesäule auf dem Rathausparkplatz installiert und übernimmt Wartung und Pflege. Strom kommt von der Gemeinde. Die EGF hat bereits in Starnberg und Pöcking Carsharing-Projekte realisiert und hat damit gute Erfahrungen gemacht. "In der Regel werden sie in einem perfekten Zustand hinterlassen", sagt Mulert. Und bei Problemen gibt es eine 24-Stunden-Hotline, an die man sich wenden kann.

"Das ist so eine geniale Idee", findet Gerd Mulert von der Energiegenossenschaft

Das Konzept der gemischten Nutzung in Weßling begeistert Mulert: "Das ist so eine geniale Idee, das müsste eigentlich jede Gemeinde haben", schwärmte der EGF-Vorstand. Es komme aber "praktisch nie vor". Das E-Auto ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch günstig: Eine Stunde kostet 2,80 Euro zuzüglich 29 Cent pro gefahrenen Kilometer, rechnet Christian Ader (EGF) vor. Für eine Pauschale von 28 Euro plus gefahrene Kilometer kann man das Fahrzeug den ganzen Tag ausleihen - zumindest an Tagen, an denen es nicht von der Gemeinde reserviert ist. Buchungen und Bezahlungen laufen über "Stattauto München". Dort müssen sich die Nutzer über eine App am Handy registrieren. Dazu kommt ein Führerscheincheck im Einwohnermeldeamt der Weßlinger Gemeinde.

Als Mitglied von Statt-Auto können die Nutzer übrigens auch auf ein anderes der rund 450 Fahrzeuge des Anbieters zurückgreifen. Im Landkreis in Starnberg, Gauting, Gilching, Seefeld, Pöcking und Tutzing, aber auch bei anderen Car-Sharing-Organisation in vielen deutschen Städten - zum Beispiel in Kombination mit dem 49-Euo-Ticket, schlägt Mobilitätsreferent Gerhard Hippmann vor. Das Car-Sharing hatte er auf Wunsch von Bürgern vor zwei Jahren in der Initiative "Mobilitätswende Weßling" als Thema aufgegriffen. Jetzt konnte das Kooperationsprojekt endlich realisiert werden. Im Prinzip sei das System selbsterklärend, versichern alle übereinstimmend. Für die Bevölkerung gibt es am Donnerstag, 20. April, um 17 Uhr dennoch eine Einführung auf dem Parkplatz vor dem Weßlinger Rathaus.

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