Süddeutsche Zeitung

Toleranz-Preis für Dunja Hayali:Mutig in einschüchternden Zeiten

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Die Evangelische Akademie in Tutzing zeichnet die Journalistin und "Sportstudio"-Moderatorin Dunja Hayali für ihre Zivilcourage aus.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

Die Journalistin und Fernsehmoderatorin Dunja Hayali setzt sich ein für einen offenen Dialog, Meinungsvielfalt und Respekt vor den Menschen. Und sie bietet Rechtsextremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Hasssprache und Beleidigungen Paroli. Von der Evangelischen Akademie Tutzing wurde die 45-Jährige am Samstag für ihr Engagement mit dem Toleranzpreis in der Kategorie "Zivilcourage" ausgezeichnet. Sie sei eigentlich nicht auszeichnungswürdig, was sie tue, sei selbstverständlich, sagte Hayali bei der Preisübergabe. "Das ist mein Land und mein Leben. Und ich will einfach nichts anderes, als Zivilcourage zeigen."

Der Festakt wurde musikalisch von dem palästinensisch-syrischen Pianisten Aeham Ahmad begleitet. Er ließ in seine eigene Komposition den Kanon "Die Gedanken sind frei" einfließen, in den die Besucher im voll besetzten Saal einstimmten.

Hayali sei eine Frau, die beherzt dazwischengehe und sich den Mund nicht verbieten lasse, sagte Akademiedirektor Udo Hahn. "Ihr beherztes Eintreten für eine offene Gesellschaft ist eine Ermutigung, dass der Einzelne etwas bewirken kann." Mit Blick darauf, dass sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 75. Mal jährt, warnte Hahn vor der wachsenden Zahl von Menschen, die sich nicht mehr an das Versprechen "nie wieder" gebunden fühlten. "Antisemitismus, Fremdenhass, Hetze, Hatespeech (Hassrede), Ausgrenzung sind Gift, das sich in unserer Gesellschaft gegenwärtig ausbreitet", so Hahn. Dieser Entwicklung könne man nicht tatenlos zusehen, jeder und jede Einzelne sei gefordert. Dunja Hayali leiste dabei einen wertvollen Dienst für die Gesellschaft. "Der Preis ist eine Ermutigung. Machen Sie weiter. Lassen Sie sich nicht einschüchtern", sagte Hahn vor dem Hintergrund, dass Hayali im Internet mit Hassnachrichten und Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen überhäuft wurde.

Dunja Hayalis Eltern waren Christen aus dem Irak, sie selbst ist in Westfahlen geboren. Nach ihrem Studium an der Sporthochschule Köln arbeitete sie beim Rundfunk und später beim ZDF als Moderatorin bei den Heute-Nachrichten, im Morgenmagazin und aktuell im Sportstudio. Sie komme aus einem konservativem Elternhaus und habe Respekt vor Menschen ungeachtet ihrer Meinungen, sagte sie. "Es ist mein Job zu verstehen, warum ein Mensch so geworden ist." Sie höre gerne zu, erwarte aber auch, dass man ihr zuhöre. Das sei in den sozialen Medien leider nicht immer der Fall. Wo sei der Aufschrei, der länger anhalte als drei Sekunden, wenn jemand Morddrohungen bekomme? "Aus Gedanken werden Worte, und aus Worten werden Taten." Die Journalistin ist aber davon überzeugt, dass es sich dabei um eine Minderheit handelt, die glaubt, solche Äußerungen seien durch Meinungsfreiheit gedeckt. Man dürfe nicht die Mehrheit vergessen, die sich engagiert, die aber lauter werden müsse. "Sie muss einschreiten, den anderen die Hand reichen, hingucken und hinhören, wenn jemand um Hilfe bittet", sagte die Preisträgerin, die schon das Bundesverdienstkreuz und die Theodor-Heuss-Medaille erhalten hat.

Wie Laudatorin Shermin Langhoff sagte, frage Dunja Hayali als Journalistin und Demokratin kritisch nach, wo alte Ideologien als neue Gewissheiten verkauft werden. "Selbst in den Kakophonien der sozialen Netze mit ihrem Zwang zur Verkürzung bemüht sie sich um ein Fundament von Sachlichkeit, Fakten und Respekt - freilich mit klaren Grenzen."

Den Toleranzpreis gibt es seit dem Jahr 2000, die Kategorie für Zivilcourage seit 2012. Unter dem Preisträgern waren das "Bayerische Bündnis für Toleranz - Demokratie und Menschenwürde schützen", die Sprecherin des Chaos-Computerclubs, Constanze Kurz, und der Kabarettist Christian Springer.

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Quelle:
SZ vom 27.01.2020
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