Dießen:New York am Ammersee

Dießen: Craft Bräu Combo

Weniger ein Konzert als ein musikalisches Treffen unter Freunden: Die Craft-Bräu-Combo musste leider schon um zehn Uhr abends Schluss machen.

(Foto: Nila Thiel)

Die "Orignal Craft-Bräu-Combo" spielt in Dießen auf Weltstadtniveau

Von Armin Greune, Dießen

Was sich beim ersten "Zwonnerstag"-Konzert 2019 im Dießener Craft-Bräu zugetragen hat, kann nicht als Rezension wiedergegeben werden. Schließlich war die Veranstaltung weniger ein Konzert, als ein musikalisch begleitetes Treffen unter Freunden bei einem wirklich gepflegten Bier. Und das Ganze fand in einem gestopft vollen Lokal statt, dessen fabrikähnliches und stilsicher dekoriertes Ambiente einem das Gefühl gab, in der angesagtesten Location von Greenwich Village, mindestens aber von Kreuzberg zu sein. Die Hausband hatte ja tatsächlich Weltstadtniveau: Trompeter Micha Acher (The Notwist, Alien Ensemble, Hochzeitskapelle), Gitarrist Bernd Hess (Uptown Orchestra, Trio Nautico), Kontrabassist Karsten Gnettner (Alien Combo, Die jungen Tenöre) und Geigerin Evi Keglmaier (Zwirbeldirn, Hochzeitskapelle) spielten wieder nach einjähriger Pause als "Original Craft-Bräu-Combo" ihre Lieblingslieder. Je nach Lust und Laune gondelt ihr musikalischer Ausflugsdampfer nach Andalusien, die Donau hinunter oder zum Karneval nach Rio - manchmal auch innerhalb eines Stücks. Dass hier durchweg allerfeinste Profimusiker zu Werke gehen, ist so was von selbstverständlich, dass alle lässig pfeifend unter der hohen Messlatte durchmarschieren dürfen, die sie an ihre beruflichen Einsätze anlegen. Sie können, aber müssen nicht in jedes Solo den letzten Ehrgeiz legen - und doch gibt es immer wieder im Kneipengemurmel gebanntes Staunen.

Etwa, wenn Acher so gefühlvoll seine Trompete bläst, dass jeder Haupt-, Neben- oder Zwischenton genau da sitzt, wo er hingehört - und das oft genug auch vielstimmig. Oder Keglmaier den Bogen über die Saiten schrammt, dass Schräg- und Schönheit miteinander um die Wette singen. Dazu gibt Gnettner dem Ganzen den swingenden, satten Groove. Wollte man aber nur einen aus dem Team herausheben, wäre es an diesem Abend Hess, dessen Soli soviel technische Brillanz und musikalisches Gespür offenbaren, dass selbst Gitarristen, die schon hunderte Male auf der Bühne gestanden sind, baff mit offenem Mund zuschauen.

Dass dieses Ereignis nicht in New York oder Berlin, sondern in Dießen geschah, wurde schlagartig klar, als die Combo ihren traditionellen Rausschmeißer "Bei mir bist du schön" anstimmte. Kurz vor 22 Uhr, sonst drohte wieder eine Anzeige. Es folgten Jubelschreie, schrille Pfiffe und rasender Beifall - dann herrschte wieder provinzielle Ruhe.

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