Gastronomie:Zwei Kultkneipen in Dießen machen dicht

Die Teilzeit-Brauer Claus Bakenecker und Martin Hug geben das "Craft-Bräu" auf, das "Fuchs und Has" in Dettenhofen soll abgerissen werden.

Von Armin Greune

Das könnte als schwarze Woche für die örtliche Kneipenszene in die Annalen eingehen: Binnen weniger Tage wurde bekannt, dass sowohl das "Craft-Bräu" in Dießens Zentrum als auch das "Fuchs und Has" im dörflichen Ortsteil Dettenhofen vor dem Aus stehen. Beide Lokale haben wegen ihrer jeweils einzigartigen Atmosphäre, ihrem vielschichtigen Publikum und den Musikveranstaltungen, die das Kulturleben der Marktgemeinde bereicherten, Kultcharakter erlangt.

Das seit 23 Jahren vom Dießener Gemeinderat Stefan "Piefke" Wilkening geführte "Fuha" hat trotz der Lage fern vom Schuss eine treue Schar von Stammgästen aller Altersklassen, denen die Gaststätte als Ausflugsziel und zweites Zuhause ans Herz gewachsen ist. Das Craft-Bräu öffnete zwar erst vor vier Jahren, doch es wurde in Dießen mit weit offenen Armen empfangen. Die Teilzeit-Brauer Claus Bakenecker und Martin Hug beendeten im Herbst 2014 eine lange Durststrecke: 99 Jahre lang war in der einstigen Biermetropole kein Gerstensaft mehr produziert worden. Ein halbes Jahr darauf - als auch in der vorherigen Werkstatt neben der Mikrobrauerei ein Verkaufsraum mit Stehausschank eingerichtet war - etablierte sich ein regelmäßiges Kulturprogramm: Jeden zweiten Donnerstag im Monat, dem "Twonnerstag", traten Musiker vom Ammersee und aus München zur Session auf.

Dießen: Craft Bräu Combo

Micha Acher, Evi Keglmaier, Bernd Hess und Karsten Gnettner: Vier Profimusiker, die in der "Original Craft-Bräu-Combo" musikantischen Spaß haben.

(Foto: Nila Thiel)

Gelegentlich gaben auch renommierte ausländische Ensembles wie etwa die englische Band Gurdan Thomas oder Foltin aus Mazedonien ein Gastspiel. Doch auch die Hausband erfüllt internationale Standards: Die zur Premiere am 11. Juni 2015 formierte "Original Craft-Bräu-Combo" besteht aus dem Riederauer Micha Acher (The Notwist, Alien Ensemble, Die Hochzeitskapelle) an der Trompete, der Untergiesingerin Evi Keglmaier (Zwirbeldirn, Hochzeitskapelle) an der Bratsche, dem Gitarristen Bernd Hess (Dozent an der Jazzschool München, Stoppok, Uptown Orchestra) aus St. Alban und dem Kontrabassisten Karsten Gnettner (Alien Combo, Die jungen Tenöre, Hugo Strasser) aus Riederau. Doch ungeachtet der Fähigkeiten der Künstler stand im Craft-Bräu stets der musikantische Spaß am Spiel im Vordergrund - so entwickelte sich in der Halle im Hinterhof eine urbane Club-Atmosphäre wie in einem Berliner Kiez.

Am 12. Dezember ist nun der letzte "Twonnerstag" anberaumt. Bakenecker verspricht aber "im Januar auf jeden Fall eine Abschlussfete" mit der Original Combo. Für den 56-Jährigen - der im Hauptberuf mit der Firma CMC Puzzles Gedulds- und Denkspiele entwickelt, baut und vertreibt - sei die zusätzliche Belastung in der Kneipe auf Dauer zuviel geworden. Je 20 Stunden hätten er und Hug wöchentlich im Lokal gearbeitet und dabei gerade die Kosten gedeckt: "Mit zwei Abenden in der Woche ist es fast unmöglich, das Geld wieder reinzukriegen". Die Brauerei, die fünf Sorten Bier handwerklich erzeugt, wollen die beiden weiterführen. Und noch bestehe auch Hoffnung für die Kneipe: Am kommenden Montag träfen sich acht Stammgäste, um dazu ein Konzept zu entwickeln. Bakenecker kann sich etwa eine Kombination aus Kunsthandwerkstatt mit Ausschank vorstellen: "Es wäre schade, wenn mit einer Nutzungsänderung die Gaststättenerlaubnis erlischt."

Dießen Brauerei Craft Bräu

Hoffnungsfroher Beginn: 2014 haben Martin Hug und Claus Bakenecker (r.) den Ausschank ihrer handwerklich hergestellten Biere gestartet. Die Mikro-Brauerei wollen sie weiterführen, das wöchentlich zweimal geöffnete Lokal nicht.

(Foto: Georgine Treybal)

Im Gegensatz zu ihm will Wilkening auf jeden Fall Wirt bleiben: Mit 18 Jahren habe er diesen Beruf gewählt "und bis heute leidenschaftliche Freude daran," sagt der 49-Jährige. Doch das "Fuha" soll im kommenden Sommer abgerissen werden, um Platz für Neubauten zu schaffen - das habe ihm sein Vermieter diese Woche auf Nachfrage mitgeteilt. Von den Plänen habe er erst Wind bekommen, als das Grundstück kürzlich vermessen wurde - noch vor einem halben Jahr sei ihm zugesichert worden, dass er keine Kündigung fürchten müsse. Wilkening bleibt optimistisch, dass es ihm gelingt, das "Fuha" mit seinen "Wahnsinnsgästen und dem Superteam" an anderer Stelle weiterzuführen: "Es wird 'ne Zukunft geben, da bin ich sicher". Dies wäre nicht nur dem Publikum zu wünschen, das am Lokal die Speisen, den familiären Charme und gelegentliche Kleinkunstveranstaltungen (auch La Brass Banda gastierte einst in Dettenhofen) schätzt. Sechs Teilzeit- und drei Festangestellte sind im "Fuha" beschäftigt, darunter zwei Azubis aus Afghanistan, die bislang noch auf dem besten Weg zur Integration sind.

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