Dießen:Fischer kämpfen um Jagdrecht

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Der Ammersee-Genossenschaft bereiten die zunehmenden Gänse- und Entenpopulationen mit ihren hygienischen Problemen große Sorgen. Dafür steigen die Renkenerträge

Von Armin Greune, Dießen

"Oft genug hatten wir in den letzten 15 Jahren Grund zu klagen." Doch diesmal hat Bernhard Ernst, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Ammersee, "viel Positives zu berichten." Nicht nur die Renken wachsen, sondern auch die Zunft selbst. Am Ammersee sei die Zahl der aktiv genutzten Fischereirechte gestiegen, was bayernweit die große Ausnahme darstelle, sagte Bernhard Ernst am Donnerstag beim traditionellen Fischertag zu Peter und Paul in Dießen. So gebe es derzeit einen Auszubildenden, der das Handwerk erlernt und der Schondorfer Andreas Ernst konnte als neues Mitglied begrüßt werden. Der junge Mann habe heuer als einziger Seenfischer im Freistaat den Meisterbrief erhalten, sagte der Vorsitzende.

Er zitierte aus der Präambel des neuen Pachtvertrags mit der Schlösser- und Seenverwaltung: Demnach sehen sich die Ammerseefischer der Nachhaltigkeit verpflichtet, sowohl was das kulturelle Erbe ihres Handwerks betrifft, wie auch in Hinsicht auf die Versorgung der Menschen mit hochwertigen, regional erzeugten Lebensmitteln. Auch zu diesem Aspekt konnte Bernhard Ernst eine frohe Botschaft verkünden: Im Vergleich zu den Kollegen auf dem Starnberger See oder Bodensee dürfe man sich angesichts der jüngsten Fangerergebnisse "sehr glücklich schätzen". 2016 gingen am Ammersee 34 Tonnen Fisch in die Netze, fast 7,5 Kilogramm pro Hektar Wasserfläche. 2011 und 2012 waren es nur etwa ein Kilogramm, seitdem lagen die Erträge bei vier bis fünf Kilo pro Hektar.

Mit den Fängen des Vorjahres könne man den Fischkonsum von 23 000 Durchschnittsverbrauchern decken, was ziemlich genau der Einwohnerzahl der Ammerseegemeinden entspräche, sagte Ernst. 75 bis 90 Prozent des Gesamtertrags entfallen auf Renken, die deshalb als "Brotfische" der Ammerseefischer gelten. Sie haben sich gut entwickelt, vermutlich weil mehrere kleinere Hochwasser Nährstoffe in den See gespült hatten. Auch die Größe sei wieder befriedigend, regelmäßig würden Fische mit mehr als 200 Gramm Gewicht gefangen. Die Genossen hätten deshalb von August an auf Netze mit größerer Maschenweite zurückgegriffen, sagte Ernst: "Davon profitieren wir bis heute."

Heuer konnten die Fischer bereits an Ostern ihre Netze auswerfen und ansehnliche Fänge erzielen. Inzwischen hätten einige Kollegen schon wieder die grobmaschigeren 35-Millimeter-Netze im Einsatz. Allerdings konzentrierten sich die Renken derzeit auf das nördliche Drittel des Ammersees. Ernst, der auch einen Studienabschluss als Biologe vorweisen kann, vermutet dass die Konzentration an Burgunderblutalgen dabei ein Rolle spielt, denen die Fische ausweichen. Weil die Algen wiederum empfindlich auf eine Trübung des Wassers reagieren, hofft er auf die ergiebigen Regenfälle, die für die nächsten Tagen angekündigt werden: "Damit am Wochenende ein ordentlicher Schwung von der Ammer in den See kommt."

Obwohl die Fischer zuversichtlich sind, dass die Renken weiter wachsen, haben sie auch Anlass zur Sorge. Ernst sprach insbesondere "das Übermaß von Gänsen und Enten" an, die für den Verbiss an den verbliebenen Schilfbeständen und die Verunreinigung von Badestränden verantwortlich seien. Wenn wie im vergangenen Jahr Badegäste an Entenbilharziose erkrankten, wirkten sich hygienische Bedenken zur Wasserqualität auch negativ auf den Fischverkauf aus. Seit 2008 die Jagd am Ammersee an auswärtige Pächter vergeben wurde, sei die Strecke auf zehn Prozent zurückgegangen. Dabei sei die Wasservogeljagd über Jahrhunderte hinweg ein Allmenderecht der Fischer gewesen, die diese Aufgabe im Sinne eines ökologischen Gleichgewichts erfüllt hätten, ohne dass der Vogelbestand gelitten hätte.

Offenbar seien die neuen Jagdpachtverträge noch in der Schwebe. Am kommenden Donnerstag will Ernst im Landtag vorsprechen, um den Standpunkt der Fischer darzulegen. Es sei "sehr fragwürdig, wenn die Schlösser- und Seenverwaltung Jagdeinschränkungen diktiert". De facto werde so der Abschuss auf den 47 Quadratkilometern Seefläche eingestellt. "Unser aller Ammersee" brauche eine effektive Jagd von Boot aus, forderte Ernst: "Ein Leitbild, das den See ohne Menschen sieht, ist ein Zerrbild." Er dankte den anwesenden Bürgermeistern der Ammerseegemeinden für ihre Unterstützung: Viele von ihnen hatten an die Behörden geschrieben, um den Fischern bei der hochpolitischen Frage der Wasservogeljagd den Rücken zu stärken.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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