Dießen:Der Traum vom verlassenen Raum

Ben Goossens aus Dießen gehört zu den Tüftlern unter den Installationskünstlern und Bildhauern, sein Werk dreht sich um Vergänglichkeit und Tod

Von Katja Sebald, Dießen

Quecksilberartige Tropfen, Flüssigkeiten, Dämpfe und Schlieren wabern durch einen scheinbar riesigen, in sich instabilen Raum. Der Betrachter fühlt sich verloren, orientierungslos in einer surreal und geheimnisvoll anmutenden, zugleich aber höchst faszinierenden Welt, die er nur erahnen, aber nicht erklären kann. Mit seiner Video-Installation "Lucid Liquid", die zugleich seine Abschlussarbeit an der Kunstakademie war, erregte Ben Goossens aus Dießen einiges Aufsehen. Er war damit auf dem "Fünf Seen Filmfestival" und auf den "Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur" vertreten, auch ein Stipendium der bayerischen Akademie der Bildenden Künste erhielt er 2014 dafür.

Dießen: Blick in eine Märchenwelt: Ben Goossens Installation "3 Sekunden", die er 2012 zusammen mit Thomas Silberhorn realisiert hat.

Blick in eine Märchenwelt: Ben Goossens Installation "3 Sekunden", die er 2012 zusammen mit Thomas Silberhorn realisiert hat.

(Foto: Ben Goossens)

Zwei Jahre später sieht es ganz so aus, als hätte der junge Bildhauer Ben Goossens eine große Zukunft vor sich. Er wird von Ausstellung zu Ausstellung und von Auszeichnung zu Auszeichnung weiter gereicht. Goossens wurde 1982 in München geboren und wuchs in Dießen am Ammersee auf. Nach einer Ausbildung zum Schreiner in Garmisch-Partenkirchen absolvierte er ein Studium der Bildhauerei bei Stephan Huber an der Akademie der Bildenden Künste in München, das er 2014 abschloss. Und obwohl er längst in München lebt, könnte man ihn als Aushängeschild einer jungen Künstlergeneration bezeichnen, die im kreativen Umfeld des Fünfseenlands aufgewachsen ist.

Ben Goossens

Ben Goossens.

(Foto: Ben Goossens)

Die künstlerischen Arbeiten von Goossens - dazu gehören seit einigen Jahren vor allem Installationen, Fotos und Filme - beschäftigen sich oftmals mit dem Thema Vergänglichkeit und Tod. Er ist fasziniert von alten Gebäuden und Bunkeranlagen, von Räumen, die der Mensch verlassen und aufgegeben hat. Man könnte sie als Metaphern des Verfalls deuten, denn Wände, Böden und Decken - so sie sich überhaupt als solche definieren lassen - sind rissig, brüchig, ruinös oder auch über und über mit Schimmel überzogen. "Die Räume, die ich fotografiere und filme, sind keine realen Räume, sondern ich baue sie nach", sagt Goossens. Zuweilen entstehen diese Nachbauten aber nicht nach erlebten Raumsituationen, sondern sind nachempfundene Träume von Raumerlebnissen. Und, das dürfte wohl für die meisten Betrachter die größte Überraschung sein, die im Film endlos und großartig erscheinende "Innenarchitektur" ist in der Realität oftmals kaum so groß wie eine Schuhschachtel. Seine fiktive Konstruktionen sind Modelle, die erst durch die filmische oder fotografische Darstellung Monumentalität erhalten.

Goossens ist ein experimentierfreudiger Tüftler, sein Arbeitsraum in den Münchner Domagk-Ateliers ist Hexenküche und Versuchslabor zugleich. Bei seiner künstlerischen Arbeit kommt ihm aber auch seine solide handwerkliche Ausbildung zugute.

Der Tod, so schrieb ihm sein Professor Stephan Huber in einem Katalogtext, sei in den Arbeiten von Ben Goossens in seinen verschiedensten Facetten gegenwärtig. Das sei "eine erstaunliche Entscheidung in einer auf das Hier und Jetzt orientierten hedonistischen Zeit und eine bemerkenswerte Haltung für einen jungen Kunstler". Es scheint jedoch durchaus so, als treffe Ben Goossens damit den Zeitgeist - wie sonst ließe sich nämlich sein Erfolg erklären.

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