Kleine Geschichten in einem Rahmen erzählen, diese Idee steckt hinter den Broschen von Claudia Rinneberg. Gefertigt aus der Umreifung von Paletten, also Verpackungsmaterial, und kleinen Figuren aus der Welt der Modelleisenbahn werden die Broschen mit einem Magnet getragen. Nach dem gleichen Muster hat die Dießener Künstlerin vor dreizehn Jahren angefangen, Möbel zu bauen. Im Prinzip bestehen diese ebenso formschönen wie praktischen Einrichtungsstücke aus selbst geschweißten Eisenkästen, die sie zum Beispiel mit alten Hölzern befüllt. Die Oberfläche behandelt sie so, dass die Struktur erlebbar wird. Rinneberg hat ihren Möbelbau weiterentwickelt, probiert immer wieder etwas aus, je nach Material und Zweck. Ihre Schmuckstücke und Möbeln sind so gefragt, dass sie als freischaffende Künstlerin das Familieneinkommen bestreiten kann.
In ihrem Showroom am Markplatz mitten in Dießen empfängt Rinneberg ihre Kunden, auch eine Galerie in München stellt ihre Werkstücke aus. Viele Kunden kommen aus der Region, sie habe aber auch schon in Zürich einen Weinladen ausgestattet oder nach Brüssel verkauft. Ihre Möbel finden sich in modernen Lofts ebenso wie in Studentenbuden, sagt Rinneberg. Dabei sind die aus altem Holz und Eisen herstellten Esstische, Beistelltische, Sofas, Hocker, Küchen oder Bäder robust und sehr langlebig. „Ich brauche immer wieder neue Kunden“, sagt die Künstlerin und lacht. Der Renner ist gerade eine vielseitig nutzbare Flaschenbar aus alten hölzernen Bierkästen. Mittlerweile muss sie die alten Kästen suchen, denn inzwischen sind diese zu Sammlerobjekten geworden, sagt Rinneberg. Wo es sinnvoll ist, sind ihre Möbelstücke mit Rollen versehen.
Seit dreizehn Jahren lebt und arbeitet die Kunsthandwerkerin auf einem etwas außerhalb gelegenen Hof auf Erbpacht. Ihre Werkstatt, in der geschweißt, geschliffen und geölt wird, musste gerade umziehen, denn Stück für Stück baut Rinneberg das Anwesen aus. Nun soll eine Ferienwohnung dazukommen, selbstverständlich ausgestattet mit eigens gestalteten Möbeln. Mit ihr leben fünf Kinder im Alter zwischen sechs und neunzehn Jahren, drei Pferde, zwei Hunde und zwei Katzen auf dem Hof. „Wir sind ein Familienunternehmen“, sagt Rinneberg und ist merklich stolz auf ihre Kinder aus zwei Verbindungen, die sie alleine erzieht, und die alle mitanpacken.
Vor zwanzig Jahren kam sie nach Dießen, geboren wurde sie 1976 in Berlin. Sie wuchs in Hessen auf. Dass sie einmal Möbel bauen wird, war als Jugendliche noch nicht abzusehen. Eigentlich wollte Rinneberg therapeutisch arbeiten und schrieb sich in Darmstadt für Psychologie, Sportwissenschaften und Pädagogik ein. Allerdings funktionierte diese Kombination nicht für ihren Wunschberuf und so begann sie als Überbrückung eine Ausbildung zur Goldschmiedin an der Zeichenakademie in Hanau. Kunst mit den Händen schaffen, das hat sich für Rinneberg Schritt für Schritt ergeben. Das Handwerk lernte sie in Deutschland, zu ihrer künstlerischen Ausdrucksform haben zwei mehrmonatige Praktika 2003 und 2004 in der Alchimia Florenz bei Manfred Bischoff und Giampaolo Babetto beigetragen.
Von den Dozenten wurde „herausgekitzelt, was in den Schülern steckt“, erzählt Rinneberg. Für sich entdeckte sie den Werkstoff Eisen und gestaltete aus einem alten verrosteten Zaun Ringe. Eisen verändert sich, das Schweißen und Gestalten dieses Werkstoffes liebt Rinneberg. Rost ist so natürlich schön, sagt die Künstlerin. Statt ordentlich gerade haben ihre Werkstücke nun „die Gestalt, die sich ergibt“. Ihre goldenen Eheringe sehen beispielsweise auch nicht gleich aus, denn sie baut diese fertig und lässt sie dann komplett schmelzen. Dieses Verfahren sei „eine heikle Geschichte“, sagt die Goldschmiedin, denn das kann auch schief gehen. „So wird jeder Ring einzigartig, wie wir es alle sind“, beschreibt Rinneberg die Idee dahinter.



Dass auch ihre Möbelstücke sich nicht völlig gleichen, ist die logische Fortsetzung. Das liegt zum einen am unterschiedlichen Holz, das immer alt sein muss, und zum anderen setzt sie sich intensiv mit den Bedürfnissen der Kunden auseinander. Ihre Möbel sollen auch praktisch sein und bequem. „An deinem Esstisch schmeckt der Kaffee anders“, hat ihr eine Kundin gesagt. An einem Esstisch, der ab 4000 Euro aufwärts kostet, arbeitet Rinneberg zwei Wochen, dann muss aber bereits das passende Holz in der Werkstatt liegen. Alleine vier bis sechs Tage dauert es, die Oberfläche des Holzes zu behandeln. Auch eine Kunst für sich ist es, lange gelagertes Holz, die Bohlen, zu finden. Die ersten fand Rinneberg auf dem eigenen Hof im Schuppen.
Bei einem Couchtisch verarbeitete sie beispielsweise Eiche aus Niederbayern aus einem stillgelegten Sägewerk, bei der durch eine lange Lagerzeit schon viel Gerbsäure an die Oberfläche gestiegen war. Den Großteil findet sie in der Region, inzwischen wird ihr altes Holz angeboten, erzählt sie. Denn es habe sich auch ein Gespür dafür entwickelt, altes Holz nicht einfach zu entsorgen. So finden auch alte Bootsstege zu neuer Form. Für die Türen der Kühlschrankverkleidung beispielsweise verwendet sie gerne Fichte aus alten Stallbrettern. Angebaut hat sie am ausgestellten Kühlschrank eine Wand mit Utensilien, um Drinks herzustellen.

Sie empfinde „eine ganz große Achtung vor der Zeit“, sagt Rinneberg. Sie sehe in den Bohlen die Zeit, die der Baum gebraucht hat, um groß zu werden, und die Zeit, in der das Holz des Baumes gelegen ist. Was aus den Fundstücken wird, ergebe sich aus deren Form. Die Ablagetische in verschiedenen Höhen haben sich bewährt. Die Form der Lehnen habe sich gewandelt, sie sind nicht mehr gerade. Sie habe einiges ausprobiert bis sie diese geneigt und gebogen herstellen konnte. Die Polsterarbeiten – gerade gefällt ihr ein goldgelber Stoff kombiniert mit türkisfarbenen Kissen sehr gut – werden ebenso wie die Gewerke Sanitär, Küche und Bodengestaltung von anderen professionellen Werkstätten übernommen.
Der Showroom ist samstags von 12 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet. Weitere Information unter www.rinneberg-gestalt.de.