Mobilitätswende:Carsharing kommt am Ammersee nur langsam voran

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Zwei Kleinwagen und ein älterer Diesel-Kombi als "Lastwagen": Der Fuhrpark des Carsharing-Vereins Dießen mit fünf Vorstandsmitgliedern, rechts der erste Vorsitzende Klaus Eckhardt. (Foto: oh)

Ein Jahr nach dem Start zieht die Initiative aus Dießen Bilanz. Die Corona-Krise hat den Verein zurückgeworfen. Ein Elektroauto musste zurückgegeben werden, weil es im Ort keine öffentliche Ladestation gibt.

Von Armin Greune, Dießen

Im Fünfseenland fasst die Carsharing-Idee nur sehr langsam Fuß. In Gauting teilen sich Rathaus und Bürger seit 1997 vier Autos. Seit Oktober steht außerdem ein "Stattauto"-Fahrzeug am Tutzinger Bahnhof, und in Pöcking will man zum Vorreiter für E-Carsharing im Landkreis Starnberg werden. Am Westufer des Ammersees haben im vergangenen Jahr die Bürger die Initiative übernommen. Der im Juli 2019 gegründete Car-Sharing-Verein Dießen (CSD) hat zwar im ersten Jahr des Bestehens herbe Rückschläge einstecken müssen - die Initiatoren ziehen aber dennoch eine positive Bilanz.

Die drei Fahrzeuge haben knapp 25 000 Kilometer zurückgelegt, der Verein sei auf 54 Mitglieder angewachsen, sagt der CSD-Vorsitzende Klaus Eckardt: "Wir haben einen guten Start hingelegt." Die Coronakrise habe den jungen Verein freilich vor eine harte Existenzprobe gestellt: "Acht Wochen lief gar nichts", zwei der drei Autos wurden vorübergehend außer Betrieb gesetzt. Die Pandemie-Pause sei "mit Sicherheit nicht belebend" für den Verein gewesen, doch nun blicke man wieder optimistischer in die Zukunft: "Ende Juli 2019 hatten wir die erste Buchung, mittlerweile sind es rund 520." Drei Autos an drei Standorten kann der Verein wieder anbieten, zudem stehen bei Bedarf die der Partnervereine in Utting und Schondorf zur Verfügung, was auch umgekehrt für deren Mitglieder gilt. Ergänzend dazu werde derzeit geprüft, wie sich die Dießener Carsharing-Autos auch Urlaubsgästen im Ort zur Verfügung stellen ließen, sagt Eckhardt.

Der Vorsatz, einen Teil der Fahrten mit umweltfreundlichen Stromern zu absolvieren, musste allerdings zumindest fürs Erste aufgegeben werden. Zunächst war geplant, das Elektroauto eines CSD-Mitglieds in den Betrieb aufzunehmen - doch dieses Vorhaben scheiterte letztlich an der fehlenden Infrastruktur. "Es gibt in Dießen keine öffentliche Schnellladestation", hat Eckhardt erfahren. Zwar hegt die Gemeinde seit 2014 Pläne, an der Nordseite der Markthalle eine Andockstation für E-Fahrzeuge zu installieren. Im Herbst vergangenen Jahres konnte dafür ein Anbieter aus Landsberg gewonnen werden, doch seitdem ist das Vorhaben wegen Corona und der ungeklärten Altlasten im Boden zurückgestellt, sagt Dießens Geschäftsführer Karl-Heinz Springer.

Zudem existiert direkt am CSD-Standort vor der Markthalle auf dem P+R-Platz am Bahnhof eine Ladesäule, die vom Berliner Verein "Park&Charge" betrieben wird. Doch der Stellplatz davor ist meist besetzt, laut Internet sind die vier Anschüsse gestört, und vom Betreiber gebe es "seit Wochen keine Infos". Wie nun die SZ habe sich auch der CSD vor längerem erfolglos um eine Kontaktaufnahme bemüht, sagt Eckhardt. "Als wir dann erfuhren, dass die Anlage nur mit 220 Volt-Spannung betrieben wird, haben wir die Sache wegen der daraus resultierenden, langen Ladezeiten nicht weiter verfolgt".

Als Ersatz für das E-Auto, das der Eigentümer wieder übernahm, hat CSD nun einen neuen Kleinwagen mit Benzinmotor angeschafft. Es habe sich als wirtschaftlicher erwiesen, ein vereinseigenes Auto zu betreiben, als auf Privatfahrzeuge von Mitgliedern zurückzugreifen, sagt Eckhardt. Neben dem Neuwagen, der an der Von-Eichendorff-Straße abgestellt ist, sind noch ein Mini-Viertürer mit Benzinmotor am Seniorenwohnheim Augustinum sowie ein älterer Mittelklassen-Kombi im Einsatz. Der Veteran im Vereinsfuhrpark parkt am Bahnhof, tankt Diesel und eignet sich mit gelber Umweltplakette nicht für Ausflüge nach München, bietet aber eine Anhängerkupplung. Informationen zum Carsharing gibt es im Internet unter www.carsharing-diessen.de sowie telefonisch unter der Nummer 0177/8377596.

© SZ vom 05.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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