Die ersten Veröffentlichungen des noch jungen Kinderbuchverlages „Limbion“ aus Dießen erschienen im Juli 2023, bereits im August gab es erste Preise. Weitere folgten, im Programm sind derzeit zehn Bücher, vom Bilderbuch bis zur Graphic Novel. Verlegerin und Geschäftsführerin Lisa Hammerl ist glücklich, wenn die Bücher so wahrgenommen werden, wie auch sie selbst sie sieht. Erst kürzlich wurde „Sommer in der Tempelgasse“ – ein Sommer-Mystery-Roman in japanischer Erzähltradition – mit dem Label „Bayerns beste Independent Bücher 2024“ ausgezeichnet. Und im Vorjahr gab es eine Auszeichnung für „Mein Leben als einsamer Axolotl – unten am Grund“ von Linda Bondestam, übersetzt von Franziska Hüther.
Gefunden hat Hammerl diesen besonderen Stoff auf der Kinderbuchmesse in Bologna (Italien) am Stand der Norweger und Finnen. Sie fühlte sich sogleich angesprochen von diesem ungewöhnlichen Bilderbuch über den Klimawandel und erwarb die Lizenz für den deutschsprachigen Markt. „Wir haben uns getraut“, sagt die Verlagschefin, die sich den nordischen Ländern besonders verbunden fühlt: Sie arbeitete einige Jahre in Norwegen. Das dystopische Bilderbuch ging im Dezember 2023 bereits in die zweite Auflage und bekam einige Empfehlungen, unter anderem von der Zeitschrift Öko-Test. „Jedes Land hat andere Kindheitsbilder“, sagt Hammerl. Dabei mag sie es, wie man mit Kindern in Skandinavien umgeht: Man traut ihnen mehr zu als hierzulande.
Neun der zehn Bücher, die bisher im 2020 gegründeten Limbion-Verlag erschienen sind, basieren auf Lizenzen: fremdsprachige Titel, die übersetzt werden. Dabei werden die Namen der Figuren stets beibehalten, erzählt Hammerl. Die Auflagen umfassen zwischen 2000 und 4000 Exemplare, gedruckt werden die wertig gestalteten Bücher in Polen. „Weil wir so klein sind, können wir schnell sein“, sagt die Verlagschefin. Wenn sie ein Buch entdeckt, sei es auf Messen oder über Agenturen, kann sie sich binnen einer Woche für den Ankauf entscheiden, manchmal reicht auch eine Nacht. Zumeist werden für Lizenzen niedrige vierstellige Beträge bezahlt, berichtet sie.
Auch beim französischen Titel „Frères“ – zu Deutsch: Brüder – war sie schnell. Das Buch – geschrieben von Marie Le Cuziat, illustriert von Hua Ling Xu – entdeckte sie auf der Nominierungsliste für den „Prix Sorcières 2024“. Bernadette Ott übersetzte es ins Deutsche, sie hatte mit dem Dießener Verlag schon bei der ersten Eigenproduktion „Traumtage“ zusammengearbeitet. Otts Übersetzungen sind in „einer Sprache, die ins Herz treffen, ohne dass es kitschig ist“, schwärmt Hammerl. Das Bilderbuch für Kinder ab fünf Jahren enthält wenig Text, viele sommerbunte Bilder und zeigt die unterschiedlichen Brüder Arùn und Rey. Im Buch heißt es zum Beispiel: „Der eine schaut, der andere klettert. Der eine platzt gleich vor Wut, der andere sitzt still da“. Hammerl war sich gleich sicher: „Das passt einfach zu uns.“

Für „Brüder“ gab es 2024 die Verlagsprämie des Freistaats Bayern in Höhe von 8000 Euro; im Jahr zuvor hatte Limbion für die erste Eigenentwicklung 5000 Euro erhalten. „Traumtage“ der jungen belgischen Autorin und Illustratorin Clara Thomasset ist nun ein weiteres großformatiges Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren. Im Fokus steht das Mädchen Milla: Sie erlebt in ihrem Rhythmus voller Träume durchgetaktete Tage. Hammerl, die jedes Buch mitreißend erklären kann, verweist auf eine Szene, in der Ich-Erzählerin Milla sich ans Fenster setzt und in aller Ruhe in ein Buch eintaucht. Das sei der Moment, wo das Kind zu sich kommt. „Um lesen zu können, brauchen wir erst einmal einen freien Raum im Kopf“, sagt Hammerl.
Die 61-Jährige hat sich in ihrem Berufsleben mit digitaler Bildung beschäftigt, eLearning-Lösungen entwickelt und Verlage bei der Digitalisierung unterstützt, außerdem malt sie seit vielen Jahren. Jetzt im Verlag, für den sie seit knapp einem Jahr in Vollzeit tätig ist, passe „im Moment alles zusammen“. Buchdesign und Herstellung übernimmt Stefan Vogt, für den Online-Auftritt ist Katrin Hauf zuständig. Die Auslieferung stemmt die Firma „Prolit Verlagsauslieferung“, zehn Vertreter haben die Bücher aus Dießen stets im Gepäck. Auch das sind Erfolgsfaktoren, ist sich die Verlagschefin sicher.
„Vom Verkaufspreis bleibt wenig Verdienst für den Verlag“
Damit die Kinderbücher auch für den Verlag finanziell erfolgreich sind, sind Förderungen ein wichtiger Faktor. „Vom Verkaufspreis bleibt wenig Verdienst für den Verlag“, sagt Hammerl. Etwa 30 000 Euro habe der Verlag bisher erhalten, neben den Prämien aus Bayern gab es auch Förderungen aus anderen Ländern: „Sommer in der Tempelgasse“ etwa wurde von der Japan Foundation unterstützt – eine japanische Kulturinstitution, deren Aufgabe die Förderung und Verbreitung der japanischen Sprache und Kultur ist. Nach nur drei Monaten ging das Buch der Kinder- und Jugendfantasy-Autorin Sachiko Kashiwaba, illustriert von Miho Satake und übersetzt von Luise Steggewentz, in die zweite Auflage. Hammerl freut sich darüber, dass das Werk auf der undotierten Empfehlungsliste „Bayerns beste Independent Bücher“ steht. Die zehn ausgewählten Bücher werden auf Messen und Veranstaltungen präsentiert – und das bedeute auch mehr Sichtbarkeit für Buch und Verlag. Auch auf der Frankfurter Buchmesse bekommt „Sommer in der Tempelgasse“ einen Auftritt am Medienstand Bayern.
Limbion selbst ist ebenfalls mit einem kleinen Stand vertreten. Verlegerin Hammerl hat drei Detektivgeschichten mit „Miss Kat“, der Ermittlerin auf leisen Pfoten, dabei. Hinzu kommen die Bilderbücher „Niemand außer mir“, „Mieko tanzt“ sowie das Sachbuch „Mein Erdbuch – die Zeit“. Für das Frühjahr 2025 ist eine weitere Buchveröffentlichung geplant, auch warten in ihrem Postfach noch 800 eingesandte Manuskripte auf Sichtung. „Das ist kaum zu schaffen“, sagt Hammerl. Eingekauft wurden bereits einige weiteren Lizenzen, auch die nächste Eigenproduktion ist in Planung. Und trotz der unterschiedlichen Autoren aus verschiedenen Ländern ist die Verlegerin von einer Sache überzeugt: „Die Bücher sprechen eine gemeinsame Sprache.“
Der Limbion-Verlag ist auf der Frankfurter Buchmesse in Halle 3.0 am Stand E5 zu finden. Am Sonntag, 20. Oktober, findet auf der Messe (Halle 3.1 Stand H12) um 11 Uhr unter dem Titel „Sommer in der Tempelgasse“ eine Lesung mit Gespräch mit Verlegerin Lisa Hammerl statt.