Schatten sind mehr als die bloße Abwesenheit von Licht – sie sind Phänomene, die unsere Wahrnehmung auf geheimnisvolle Weise herausfordern. Inspiriert von Michael Baxandalls Buch „Shadows and Enlightenment“, in dem Schatten als „Löcher im Licht“ beschrieben werden, hat der Künstler Martin Gensbaur in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Dießen seine gleichnamige Ausstellung im Dießener Taubenturm und im Kunstfenster kuratiert. Noch bis zum 4. Mai sind dort Werke von 17 Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Stilrichtungen zu sehen.
„Schatten und Licht beschäftigen Künstler seit jeher“, sagt Gensbaur. Besonders fasziniert ihn dabei die Frage, ob die Fähigkeit, eine durch Licht beschattete Fläche als dreidimensional zu erkennen, angeboren oder kulturell geprägt ist. Die Ausstellung lotet diese Frage aus: künstlerisch, kulturell und philosophisch.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Gegensatz zwischen westlicher und asiatischer Kunst. Während europäische Maler traditionell großen Wert auf eine realistische Darstellung von Licht und Schatten legen, arbeiten ostasiatische Künstler wie die Taiwanesin Jiang Sanshi mit einer anderen Bildsprache: Mit nasser und trockener Tuschetechnik erzeugt sie Schärfe und Tiefe – nicht durch Licht, sondern durch den Duktus des Pinsels. Der nasse Strich steht dabei für das weibliche, weiche Yin-Prinzip, der trockene für das männliche, präzise Yang. Die Tusche entsteht aus Rußblöcken, die mit Wasser auf einem Stein angerieben werden – ein meditativer Prozess, der dem Werk seine Tiefe verleiht.

Neben Jiang Sanshi und Gensbaur, der mit vier sogenannten „skiagrafischen Übungen“ in der Ausstellung vertreten ist, zeigen unter anderem Carola Dewor, Ben Goossens, Harry Sternberg sowie Margareta Biegert-Simm, Angelika Böhm-Silberhorn, Christoph Franke und Myriam Tirler ihre Arbeiten.
Die Ausstellung ist noch am Donnerstag, 1. Mai, sowie am Samstag und Sonntag, 3. und 4. Mai, 14 bis 18 Uhr, zu sehen. Der Eintritt ist frei.