Ein verregneter Mai, Komplikationen beim Umbau von Küche und Außenbereich, und dann auch noch Hochwasser: Die erste Saison des neuen Pächters im Freizeitgelände St. Alban ist bislang nicht gerade vom Glück begünstigt. Aber Peter Kaun ist keiner, der sich rasch entmutigen lässt. Im Probebetrieb habe er seit dem Soft Opening in den Osterferien immerhin schon einen Teil seines gastronomischen Konzepts für das vormalige Strandbad im „Notbetrieb“ umsetzen können.
An diesem Juninachmittag begrüßt am Eingang eine Schiefertafel die potenziellen Besucher mit einer lachenden Sonne. 18 Grad sind darauf mit Kreide angeschrieben. Es ist stark bewölkt und ein empfindlich kühler Wind weht, das Thermometer im Auto zeigt 12 Grad. Die Angabe auf der Tafel ist dennoch korrekt, sie bezieht sich auf die Oberflächentemperatur des Ammersees. Die Sonne aber bleibt auch an diesem Tag bis zum Abend reines Wunschdenken.
Deshalb hat sich auch kein einziger Gast im 1,7 Hektar großen Park am See mit Kinderspiel- und Volleyballplatz eingefunden. Kaun hat mehr als genug zu tun: Gespräche mit dem beratenden Architekten Oliver Jahnke, Terminvereinbarungen mit Handwerkern, die Planung von Gebäudesanierungen und der Umgestaltung des Eingangsbereichs.
Am dringendsten aber wäre eine Küche. Weil Kaun nicht einmal eine Spülgelegenheit hat und aus prinzipiellen Gründen nur Mehrweggeschirr verwendet, muss er Porzellan und Gläser durch halb Dießen bis zu seinem Cateringbetrieb daheim karren. „Wenn der Betrieb läuft, fahren wir den ganzen Tag hin und her, und das Schleppen ist auch körperlich anstrengend.“ Die Küche stattet der Pächter auf eigene Kosten aus; beim Ausbau der veralteten Geräte der Vorpächter traten allerdings Mängel im Boden, an Lüftungsanlage und Wasserleitungen zutage.
Auch die gesamte Elektrik muss wegen fehlender Schutzschalter erneuert werden. Eine neue Küche ist schon bestellt, Kaun hofft, dass er sie in sechs Wochen in Betrieb nehmen kann. Später will er eventuell auch Spareribs und Hähnchen vom Grill anbieten – wie mit seiner mobilen Rotisserie – ein Drehspieß, der mittwochs auf seinem Markt in Dießen steht.
Bislang beschränkt sich das kulinarische Repertoire im Erholungsgelände auf Pizza, Pinsa, Wiener und Pommes. Kaun spricht von einem „Notbetrieb in Abstimmung mit dem Landratsamt“. Aber er hat bereits eine Siebträgermaschine für Kaffeespezialitäten und eine Eismaschine angeschafft. Damit verarbeitet er echte Bourbonvanille. Die Biomilch dazu bezieht er noch aus Niederbayern, künftig soll sie von einem Dießener Bauern kommen.
An zwei Tage kann er sich erinnern, an denen das Geschäft bislang wirklich gut lief: einen Sonntag und den Maifeiertag. Der blieb dann mit 23 Grad leider auch der wärmste Tag des vermeintlichen Wonnemonats. Anstelle von Sommertagen über 25 Grad folgten im Mai 23 Regentage mit Niederschlägen, die um 57 Prozent über dem Monatssoll lagen. Und der Juni begann mit weiteren Sturzbächen, die den Ammersee über die Ufer treten ließen.
Auf der Liegewiese aber haben sich keine Wasserlachen angesammelt. Den penibel gestutzten Rasen pflegt der Pächter persönlich, zweimal pro Woche setzt er sich dazu sechs Stunden lang auf einen vom Dießener Bauhof gestellten Bulldog. Mit der permanenten Mahd will Kaun den Gänsen das Weiden auf den Wiesen verleiden.
Das Vertreiben der Gänse ist Chefsache
Im Vorjahr hatten sich viele Badegäste über deren Kot in der Grünanlage und auf den Stegen beklagt. Die ursprüngliche Idee, die Mahd von einem Roboter erledigen zu lassen, hat sich als nicht praktikabel erwiesen: Zu viele Zweige und Äste fallen von den mächtigen Schattenspendern auf die Liegewiese, die dem elektronischen Kollegen in die Quere kommen könnten.
Um die Gänse zu vertreiben, hatten zunächst zwei von Kauns Mitarbeiterinnen ihre Hütehunde eingesetzt. Inzwischen ist auch das oft Chefsache: Erst an diesem Morgen hat sich der 54-Jährige wieder als Vogelscheuche betätigt. „Das wird mitunter recht sportlich“. Unerwarteten Erfolg habe auch ein ferngesteuertes Modell-Motorboot gebracht, dessen Patrouillen am Ufersaum den Vögeln offenbar unheimlich sind. „Die Gänse haben wir gut im Griff“, fasst Kaun zusammen.
Die beiden Badestege sind jedenfalls gerade blitzsauber. Nach dem Hochwasser liegen die Bretter des südlichen Stegs noch genau auf Höhe des Wasserspiegels, den anderen könnte man trockenen Fußes beschreiten. Der Ammersee hat zwar die Wurzelräume einiger Bäume überspült und an der Sandspielfläche am Ufer genagt. Doch ansonsten ist das Areal intakt.
Was sich vom Gebäude nicht sagen lässt. Dort sollen auf 82 Quadratmetern Fläche der Kiosk, Küche, Abwasch, Lager, Kühlzelle und ein Personal-WC untergebracht werden. Für die Sanierung der Substanz sind die Bautechniker der Gemeinde zuständig, dazu gehört auch aus gewerberechtlichen Gründen ein Umbau der Tür. Außerdem sollen zwei Fenster, die von den Vorpächtern entfernt wurden, wieder eingebaut werden.
Trotz der Umbauarbeiten ist das Badegelände täglich geöffnet
Für die ostseitige Terrasse, die etwa 100 Gästen Platz bietet, muss der Überbau erneuert werden. Balken und Holzträger sind an einigen Stellen morsch, die hässliche Abdeckung aus gewelltem Plexiglas will Kaun gemeinsam mit dem Dießener Bauhof durch eine ausziehbare Markise ersetzen – schon weil sich unter der transparenten Plastikpergola die Hitze wie im Treibhaus staut. Die neue Überdachung liegt schon bereit, da hat Kaun ein Schnäppchen gemacht: Das nur 400 Meter entfernte Seerestaurant St. Alban hat eine neue Markise erhalten; deshalb war die alte günstig zu erwerben. Sie passt genau über die 23 Meter lange Terrasse im Badegelände. „Geil, da haben wir viel Glück gehabt“, sagt Planer Jahnke.
Umgestaltet werden soll auch der bisherige, etwas beengte Eingang, wo früher am Kiosk die Eintrittskarten ausgegeben wurden. Der neue Pächter möchte stattdessen 20 Meter weiter nördlich eine Zufahrt öffnen. Dafür müssen die Fahrradständer weiter nach Norden versetzt werden, den Raum bis zum Haus will Kaun künftig für einen Biergarten nutzen, der durch das ehemalige Kioskfenster aus der Küche beliefert wird.
Der neue Eingangsbereich soll bis zum Herbst umgestaltet werden
Das Areal entlang der Straße biete dann „hohe Aufenthaltsqualität“, verspricht Kaun. „Das ist abends der schönste Punkt, weil dort die meiste Sonne ist.“ Der neue Eingangsbereich soll bis zum Herbst Hand in Hand mit dem kommunalen Bauhof umgestaltet werden. Dort lagert auch das neue Schwimmfloß, das noch in Bearbeitung ist.
Trotz der noch laufenden Umbauarbeiten ist das Badegelände täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet. An der Westseite des Gebäudes sind schon die Schirmständer aufgereiht, an schönen Tagen finden sich dort Gäste zum Sundowner ein. „Die Leute kommen schon des Kaffees wegen“, sagt Kaun. Und auch das hausgemachte Eis finde regen Zuspruch.
Und dann muss er doch noch etwas Ärger loswerden: Seit sechs Wochen wartet er vergeblich auf einen Telekom-Techniker, der ihm wieder zu einem Internet-Zugang verhelfen könnte. Geduld bleibt also die Devise der Stunde – auch wenn sie einem energischen, zupackenden Charakter wie Kaun nicht unbedingt gegeben ist.