Fotografie und Malerei:Seltsame Ansichten aus dem Land der Sehnsucht

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Ganz Italien in einer guten Stunde: Im "Kunstfenster Dießen" zeigt der Maler Martin Gensbaur eine originelle Ausstellung mit Bildern aus dem Sehnsuchtsland der Deutschen. (Foto: Martin Gensbaur)

Die Ausstellung "Kennst du das Land...?" im Taubenturm und Kunstfenster Dießen zeigt eine Reise in Bildern nach Italien.

Von Katja Sebald, Dießen

Kennst du das Land, das man mit ein paar Stunden Autofahrt über den Brenner ganz schnell erreicht? Die einstmals glühende Liebe zwischen Germania und Italia schien noch vor ein paar Jahren abgekühlt wie eine alte Ehe. In Zeiten aber, in denen das Reisen so schwierig geworden ist, erlebt sie einen zweiten Frühling. Mal kurz an den Gardasee, an die Adria, nach Venedig, nach Ligurien, in die Toskana, nach Rom. Oder ganz Italien in einer guten Stunde? Auch das ist möglich: In einer Reise in Bildern in der Ausstellung "Kennst du das Land...?", die noch bis zum 8. Mai im Taubenturm und im Kunstfenster Dießen zu sehen ist.

Die Idee zu dieser Ausstellung hatte der Dießener Maler Martin Gensbaur angesichts einer Fotografie von der menschenleeren Spanischen Treppe in Rom: Der Fotograf Marcello Leotta hatte als einer von wenigen die Erlaubnis erhalten, im Lockdown die touristischen Hotspots zu fotografieren. Seine Bilder gingen um die Welt. Gensbaur erkannte eine Gemeinsamkeit zu seinen eigenen Gemälden, die zwar vor Ort an belebten Plätzen entstehen, jedoch alles Störende und vor allem störende Menschen ausblenden. In seinem eigenen Ausstellungsraum "Kunstfenster" an der Hofmark bringt er jetzt Fotografie und Malerei in einen Dialog. Leotta mit seinen atemberaubend stillen Bildern steche ihn zwar aus, aber das störe ihn nicht, sagt Gensbaur neidlos. Ergänzt wird dieser Teil der Ausstellung durch die Papierskulptur "Goldener Schnitt" der Dießener Bildhauerin Margareta Biegert-Simm: Sie war ebenfalls auf der "Piazza di Spagna", nahm dort das elegante Profil einer Treppenstufe ab und vergoldete die Kante des Papierstreifens.

Insgesamt zehn Künstler hat Gensbaur eingeladen

Insgesamt zehn Künstler hat Gensbaur eingeladen, ihre Sicht auf das Sehnsuchtsland Italien zu zeigen. Die weitaus meisten Arbeiten haben einen Platz in den drei übereinandergestapelten Stübchen des Taubenturms beim Marienmünster gefunden. Der erste Stock habe sich in einen "Vedutensaal" verwandelt, sagt Gensbaur. Zu sehen sind dort weitere Bilder des römischen Fotografen, nun in einer Gegenüberstellung mit den Bildern von Thorsten Fuhrmann: Unter dem Titel "Ich war's nicht" fotografiert der seit einiger Zeit bezaubernde Merkwürdigkeiten wie etwa die Aufschrift "very good" auf der Markise eines geschlossenen Ladens in Venedig.

Ansichten einer Tankstelle: Die Ausstellung präsentiert Fundstücke aus Italien. (Foto: Arlet Ulfers)

Auch die nächste Turmetage ist Fundstücken aus Italien gewidmet. Sabine Jakobs zeigt hier noch einmal ihre Bildserie "Sedie", die entstand, als sie in einem kleinen Dorf in Ligurien vor einigen Jahren auf eine gleichsam in freier Wildbahn lebende Herde von altersschönen, leise vor sich hinrostenden Eisdielenstühlen stieß. Susanne Kohler hingegen fotografierte im "Valle di Cantieri", im zum Tal der Baustellen umbenannten "Valle di Canteri" oberhalb des Gardasees: Die grellroten Baustellenabsperrungen wirken wie auf ihren Bildern wie Land-Art.

Einer der Höhepunkte sind die seltsam-schönen Schnappschüsse von Florian Freier

Wer jetzt noch nicht in Sehnsucht nach Italien entbrannt ist, um den wird es spätestens im obersten Stockwerk geschehen sein, das nostalgischen Erinnerungen an Italienreisen gewidmet ist. "Adria Mare" heißen die Schwarz-Weiß-Fotografien von Gabriele Rothweiler, die wie verblichene Bilder von längst vergangenen Strandurlauben wirken: Grobkörnige, zuweilen nur schemenhafte Aufnahmen von Sonnenschirmen und Strandliegen, die durch Schattenwürfe, Spiegelungen und Überblendungen auf sehr poetische Weise verfremdet wurden. Die "Unschärfebilder" von Harry Sternberg entstanden auf einer Reise ins Veneto, ausgerechnet Andrea Paladins perfekte Villenarchitektur und schnurgerade Zypressenalleen verwackelte er zu surrealen Traumbildern.

Die "Italienische Reise 2.0", für die Florian Freier seltsam-schöne Schnappschüsse und wundersame Italo-Schnulzen vereinte, ist einer der Höhepunkte der Ausstellung. Die Skulpturen und Assemblagen von Mauro Corbani schließlich verbinden alle Stationen der Sehnsuchtsreise, an deren Ende man nur mit Goethe sagen kann: "Dahin, dahin, möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!"

Die Ausstellung im Taubenturm ist nur am kommenden Wochenende samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr zu sehen, das Kunstfenster öffnet danach noch einmal vom 21. bis 29. Mai.

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