Coronavirus:Impfen für alle

Coronavirus: "Jetzt ist Schluss mit dem Gejammer": Klaus Holetschek (zweiter von rechts) mit Ute Eiling-Hütig, Jan Lang, Christian Schiller, Bernhard Junge-Hülsing und Stefan Frey (von links).

"Jetzt ist Schluss mit dem Gejammer": Klaus Holetschek (zweiter von rechts) mit Ute Eiling-Hütig, Jan Lang, Christian Schiller, Bernhard Junge-Hülsing und Stefan Frey (von links).

(Foto: Arlet Ulfers)

Schluss mit der Priorisierung, weg mit der Bürokratie: Im Kampf gegen das Virus könnten die Hausärzte die Impfzentren überholen. Gesundheitsminister Klaus Holetschek macht bei seinem Besuch in Herrsching zugleich die Hoffnung auf Lockerungen in der Gastronomie zunichte.

Von Carolin Fries

"Die Pandemie verträgt keine Bürokratie": Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat sich am Montag bei einem Besuch des Impfzentrums in Herrsching für eine schnelle Aufhebung der Priorisierung beim Impfen gegen das Coronavirus ausgesprochen - und damit Verunsicherung beim BRK-Kreisverband als Betreiber der Impfzentren ausgelöst. Geschäftsführer Jan Lang befürchtet offenbar eine Konkurrenz zwischen Impfzentren und Hausärzten und beschwört das bislang gute Miteinander.

"Pragmatisch" soll das Impfen sein und "flexibel zu steuern", sagte der Minister, während sich Bund und Länder zur gleichen Zeit zum Impfgipfel trafen. Er habe viel Vertrauen in die Ärzte vor Ort, so der Minister. Diese seien ein "Booster" im Kampf gegen die Pandemie, Starnberg mache das "vorbildlich". Tatsächlich haben die Haus- und Fachärzte in den vergangenen vier Wochen nirgendwo sonst im Münchner Umland so viel geimpft wie im Fünfseenland. Mehr als 10 000 Spritzen wurden in etwa 90 Praxen von niedergelassenen Mediziner gesetzt.

Der Starnberger HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing als Koordinator der Hausärzte zeigt sich ebenfalls als Freund des Pragmatismus. Bei den 10 000 Astra-Zeneca-Dosen, die zuletzt aus einer Sonderlieferung bei den Hausärzten im Landkreis landeten, wischte er die Priorisierung bereits zur Seite, noch bevor der Freistaat das Vakzin in der vergangenen Woche für alle Gruppen freigab. Der Mediziner drückt beim Impfen auf's Tempo, will möglichst bald die Privatärzte mit ins Boot holen - wofür sich Holetschek einsetzen will - und auch die Betriebsärzte.

Die Impfzentren erwähnte der Minister indes mit keinem Wort. Die Container blieben in Herrsching Kulisse. Alle liefen einmal durch, Holetschek wechselte ein paar Worte mit einer frisch geimpften Frau - wenige Minuten später waren alle wieder draußen und Jan Lang ein wenig ratlos. Pragmatisch und flexibel? Wer in einem der fünf Impfzentren im Landkreis einen Termin bekommt, entscheidet die Software BayImco - streng nach Priorisierung.

Herrsching Impfzentrum und V

21000 Erst- und 7000 Zweitimpfungen haben die Zentren im Landkreis bislang verabreicht, bei den Hausärzten sind es schon 11000 Dosen.

(Foto: Georgine Treybal)

"Wir wollen nicht zu den Lückenbüßern degradiert werden", sagte BRK-Kreisgeschäftsführer Jan Lang im Anschluss an das Treffen. Das Miteinander von Impfzentren und Hausärzten habe bislang gut funktioniert, das habe unter anderem der Sonderimpftag im Landratsamt bewiesen. Um diesen Zusammenhalt zu bewahren, brauche es bei der Aufhebung der Priorisierung ebenfalls einen gemeinsamen Weg: Entweder nach einem vertretbaren Lockerungsmechanismus oder aber - ausreichend Impfstoff vorausgesetzt - man streicht eine Regelung der Reihenfolge komplett. Holetschek hofft, dass die Priorisierung noch im Mai fällt.

Dann soll es mehr Impfstoff geben, noch mehr im Juni. Doch wann die Deckelung für Impfzentren und Hausärzte fällt, das könne er nicht sagen. Junge-Hülsing rechnet in dieser Woche mit 36 Biontech-Dosen für jede impfende Praxis, in der kommenden Woche erhalte jeder Arzt zusätzlich bis zu 50 Astra-Zeneca-Dosen obendrauf. In den Impfzentren plane man mit täglich jeweils etwa 100 Impflingen, so Markus Möbius vom BRK.

Holetschek witzelte, dass er künftig keine Impfstoffanfragen aus Starnberg mehr über den Kurznachrichtendienst WhatsApp bekommen wolle. Wochenlang hatte sich Landrat Stefan Frey (CSU) für größere Lieferungen eingesetzt, um dem hohen Anteil der älteren Bevölkerung sowie den vielen Kliniken und Altenheimen gerecht zu werden. "Hätte es nicht die 10 000-Astra-Dosen gegeben, hätte ich heute wieder nachgefragt", so Stefan Frey. Doch nun sei er "einfach happy". Die Impfquote liege inzwischen bei 26 Prozent und damit über dem landesweiten Schnitt. Angesichts dieser Zahl forderte Holetschek: "Jetzt ist Schluss mit dem Gejammer.

Doch so einfach ist das freilich nicht mit den Bedürfnissen. Herrschings Bürgermeister Christian Schiller etwa hatte sich vom Minister konkrete Lockerungsperspektiven für den Einzelhandel und die Gastronomie erhofft. Doch daran sei aktuell gar nicht zu denken, so Holetschek. Die Öffnungen in Modellregionen lägen für unbestimmte Zeit auf Eis, auch für die Gastronomie könne er kein Datum für Öffnungsmöglichkeiten nennen. Die Lage "mitten in der dritten Welle" sei zu ernst. Außerdem wolle ein ständiges Wechseln zwischen Öffnen und Schließen vermeiden. Schiller ging ein wenig bedröppelt zurück ins Rathaus. Zu gerne hätte er den Wirten und Geschäftsleuten eine frohe Botschaft überbracht, doch das "ist leider nicht möglich".

Bevor der Minister sich wieder auf den Weg zurück nach München machte, hinterließ er noch, dass er den Klinik-Neubau in Seefeld unterstütze. Ach ja, und er sei gern gekommen. Weshalb genau er überhaupt gekommen war, verriet er nicht.

Zur SZ-Startseite
Coronavirus unter dem Elektronenmikroskop

Coronavirus-Newsblog im Landkreis Starnberg
:82-Jähriger stirbt mit Covid-19

Der Mann ist das 197. Todesopfer im Landkreis seit Pandemiebeginn.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: