Süddeutsche Zeitung

Corona-Auszeit: Der Schüler:Fürs Abi lernen ohne Stress

Landesschulsprecher Joshua Grasmüller aus Kempfenhausen bereitet sich daheim auf die Prüfungen vor.

Interview von Charlotte Alt

Seit vergangenem Montag sind die Schulen geschlossen. Für angehende Abiturienten ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, denn sind sie mitten in den letzten Vorbereitungen für die Prüfungen im Mai. Der bayerische Landeschulsprecher Joshua Grasmüller, 17, geht auf das Landschulheim Kempfenhausen, jetzt ist er zu Hause in Eichenau (Fürstenfeldbruck). Ein Gespräch über Schule im Pyjama, Einsamkeit, Optimismus und wie einem zu Hause die Decke nicht auf den Kopf fällt.

SZ: Herr Grasmüller, wie geht es Ihnen?

Joshua Grasmüller: Mir geht es gut. Ich war lustigerweise heute früh beim Betriebsarzt, weil ich im September eine Ausbildung bei der Stadt München bei der Berufsfeuerwehr anfange, und wurde komplett durchgecheckt. Ich bin kerngesund.

Wie läuft der Unterricht von zu Hause?

Wir bekommen sehr viel Unterstützung von unseren Lehrerinnen und Lehrern und bereiten uns weiter aufs Abi vor. In den meisten Fächern bekommen wir regelmäßig E-Mails mit Aufgaben und sind auch über eine App mit den Lehrern vernetzt. Wir sind sozusagen im Selbststudium.

Schule im Pyjama?

Inzwischen entwickelt sich bei mir eine Routine: Ich stehe meistens um neun oder halb zehn auf, frühstücke erst mal gemütlich und lese dann die Zeitung. Dann mache ich so zwei Stunden jeden Tag was für die Schule, aber nicht unbedingt in dem Dresscode, in dem ich sonst in die Schule gehen würde.

Machen Sie sich Sorgen, wie sich die Situation auf Ihr Abitur auswirken könnte?

Jetzt, da wir endlich wissen, dass das Abitur verschoben wird, bin ich auf jeden Fall entspannter. Man ist sich jetzt im Klaren, wie und wann wir das Abitur schreiben, und kann sich jetzt auch mal ein oder zwei Stunden zurücklehnen.

Wie ist es, den ganzen Tag zu Hause zu sitzen?

Ich war in den letzten Tagen viel im Garten und habe den wieder auf Vordermann gebracht und Blumen angepflanzt. Und die Fenster sind jetzt auch frisch geputzt.

Bleiben Sie denn auch wirklich daheim?

Ich versuche es schon. Bis aufs Einkaufen und den Arztbesuch heute gelingt es mir auch sehr gut. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich irgendwann doch mal einen Waldspaziergang mache, um ein bisschen rauszukommen.

Ihre Freunde können Sie jetzt auch nicht mehr treffen.

Wir halten Kontakt über die verschiedenen sozialen Medien, aber es ist schon auch anstrengend, so lange tatsächlich alleine zu Hause zu sitzen. Und der Drang, doch mal schnell rüber zu fahren ist, natürlich schon da. Aber es hilft ja leider nichts.

Was machen Sie, wenn Ihnen zu Hause langweilig wird?

Ich habe jetzt endlich Zeit, die neusten Folgen meiner Lieblingsserie "Chicago Fire" anzuschauen, da hänge ich noch sehr hinterher. Ich hab mir aber auch noch ein Buch bestellt: "1000 places to see before you die." Ich wollte nämlich im Juli eine Interrail-Reise durch Süd-Ost-Europa machen, die sich jetzt natürlich zeitlich ein bisschen verschiebt. Das Buch ist sozusagen die Reisevorbereitung.

Wie gehen Sie mit der ganzen Situation um? Sind Sie eher optimistisch?

Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich hoffe einfach, dass sich die Lage jetzt wieder beruhigt und dass ich das Abitur auch zum neu festgesetzten Zeitpunkt schreiben kann. Da muss ich zuversichtlich bleiben.

Auf was freuen Sie sich am meisten, wenn Sie sich wieder frei bewegen dürfen?

Jetzt müsste ich ja fast sagen: auf den Unterricht. Nein, nein, um Gottes Willen. Ich freue mich dann wieder auf den gemütlichen Freitagabend an unserem Stammtisch. Das machen meine Freunde und ich schon seit Jahren, wir sind zu siebt und kennen uns seit der Grundschule. Und am Freitag gehen wir regelmäßig zusammen weg.

Vielen Dank und bleiben Sie gesund.

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Quelle:
SZ vom 23.03.2020
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