Corona-Krise in Starnberg:Trüffelpizza a casa

Pizzen vom Beach Club

Statt Partys am See zu organisieren, werden Bino Crocomo (links) und Alfonso Farace von H'ugos Beach Club im Undosa nun Pizzen ausliefern.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Einige Wirte liefern jetzt ihre Gerichte nach Hause oder bieten Speisen zum Mitnehmen an, um Umsatzeinbußen zum Teil abzufangen. Viele plädieren für eine Ausgangssperre, denn in diesem Fall gäbe es wohl Entschädigungen.

Von Astrid Becker

Das erste Wort, das Ugo Crocamo an diesem Tag am Telefon herausbringt, ist "furchtbar". Wegen der Corona-krise hat der sonst erfolgsverwöhnte Gastronom das Starnberger Undosa, in dem er einen Beach Club betreibt, auf unbestimmte Zeit geschlossen. "Wir wissen gar nicht, wie es weitergehen soll." Sein Münchner Lokal "H'ugos" hat er den Auflagen entsprechend noch über die Mittagszeit geöffnet, aber in Starnberg lebte er vor allem vom Abendgeschäft, von den Partys, die er veranstaltete und dem damit verbundenen Umsatz durch alkoholische Getränke. Das ist nun vorerst vorbei. Doch Ugo Crocamo will nicht aufgeben - von Freitag an will er seine beliebten Trüffelpizzen im Lieferservice anbieten: "Wir wollen den Einzelhandel entlasten", sagt er - und natürlich auch noch ein wenig Umsatz generieren in diesen Zeiten. "Ich sehe meine Mutter eben auch nicht in meterlangen Schlangen über Stunden hinweg vor der Kasse stehen", sagt er. Aber wie er seinen Lieferservice im Detail umsetzt, da ist er sich am Donnerstagmittag noch nicht so ganz sicher: "Wir können nicht wie echte Lieferdienste das Essen vor die Tür stellen, wir müssen persönlich abkassieren - und unsere Mitarbeiter wie Kunden schützen."

Wie Ugo Crocamo geht es derzeit vielen Wirten im Landkreis. Viele würden gern liefern, können es nicht umsetzen. Die einen haben bereits geschlossen, weil sich die Auflagen wirtschaftlich nicht rechnen oder sich nicht umsetzen lassen. Andere wiederum haben den Abstand zwischen ihren Tischen erhöht und bieten ihre Speisen nun auch zum Mitnehmen an. Die SZ hat mit Wirten im Landkreis darüber gesprochen, wie sie mit der Corona-Krise umgehen - ein Überblick.

Kloster Andechs

Es ist genau die Jahreszeit, in der Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen auf den Heiligen Berg pilgern, zum Beten, aber auch zum Einkehren ins "Bräustüberl" mit seinen mehr als 1000 Sitzplätzen. Seit Mittwoch stehen die Gäste allerdings vor verschlossenen Türen: "Wir haben uns einfach gefragt, wie wir diese Auflagen umsetzen sollen", sagt Martin Glaab, Sprecher des Klosters. Betrieb nur bis 15 Uhr, maximal 30 Gäste zeitgleich bewirten - das war nach Ansicht der Verantwortlichen im Kloster nicht machbar: "Wir haben verschiedene Eingänge", sagt Glaab: "Wie wollen sie das mit der beschränkten Gästezahl überwachen?" Und ein so großer Betrieb wie das Bräustüberl sei auch wirtschaftlich so nicht zu führen. Ein paar Meter weiter unten im Klostergasthof sieht die Sache etwas anders aus. Dort ist täglich von 11 bis 15 Uhr, am Wochenende von 10 bis 15 Uhr geöffnet. Dort seien die Auflagen erfüllbar, sagt Glaab: "Deshalb schicken wir unsere Bräustüberl-Gäste nun dorthin."

Gasthof zur Post Herrsching

Es ist Mittag. Die Tische auf der Terrasse der beliebten Herrschinger Wirtschaft sind noch einigermaßen gut besetzt. Aus der Tatsache, dass er abends nicht mehr öffnen darf, hat Wirt Otmar Walch bereits Konsequenzen gezogen. "Wir haben so eine Entwicklung schon in der vergangenen Woche befürchtet", sagt er. Daher habe er längst für einen Teil seiner Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt, andere hat er dazu aufgefordert, ihren Jahresurlaub zu nehmen: Wenn sie diesen abgefeiert haben, wird er für sie Kurzarbeit beantragen, sollte sich bis dahin nichts geändert haben, Bierlieferungen hat er zurückgefahren, mit seinem Verpächter will er über die Höhe der Pacht verhandeln. Für seine Gäste bietet er bereits einen Abholservice von Speisen an: "Das wird auch genutzt, wenngleich in verschwindend geringem Maße", sagt er. Deshalb spricht er wohl auch aus, was viele Wirte denken: Eine Ausgangssperre wäre für viele besser zu ertragen.

Landgasthof Haller Buchendorf

Vor zwei Jahren hat der Restaurantfachmann und Hotelbetriebswirt Ralf Boehnert das Traditionslokal im Gautinger Ortsteil Buchendorf übernommen und sich seither vor allem an den Werktagen aufs Abendgeschäft konzentriert: "Wir liegen ja etwas abseits, viel Gewerbe, viele Büros sind hier nicht, mittags - das lohnt sich gar nicht, außer am Freitag und am Wochenende." Trotzdem: Die Auflagen zwingen ihn, seine Art der Gastronomie umzustellen: Auch er hat nun mittags, bis 15 Uhr auf. Dass er mit seinen Aussagen recht hat, belegt der Blick in seinen Biergarten an diesem Donnerstag: Gerade zwei Menschen haben dort Platz genommen. Um die Umsatzeinbußen irgendwie aufzufangen, bietet er nun warme Gerichte von 17 bis 21 Uhr zum Mitnehmen an. "Schweinsbraten to go" steht auf einer Tafel geschrieben, ein Bild davon hat er in sozialen Medien gepostet. Ausgegeben werden Speisen, die auch den Weg von der Wirtschaft nach Hause überleben: "Braten, Gulasch, Schnitzel beispielsweise", sagt er. Pommes hingegen funktionierten nicht. "Die werden matschig." Die Speisen packt er für die Gäste in spezielles Einweggeschirr oder in mitgebrachte Schüsseln. Ob er das auch längere Zeit so durchhält, weiß er nicht. Auch bei ihm liegen daher die Anträge auf Kurzarbeit bereits ausgefüllt auf dem Tisch: "Ganz echt: Wenn wir alle schließen müssten, wäre es leichter, dann wären wir wenigstens ein Fall für die Versicherungen."

Il Kiosko Wörthsee

Um bei ihm direkt am See die ersten Sonnenstrahlen genießen zu können, kommen die Gäste nicht nur aus der Umgebung, sondern viele auch aus München. Doch Betreiber Generoso Aurigemma hat es schwer in diesen Tagen. Immer wieder zählt er die Gäste, muss überzählige wegscheuchen. Manch einer verschlingt die Pizza, die er bestellt hat, möglichst schnell, damit andere auch noch zum Zug kommen. Denn von 15 Uhr an gibt es auch beim "Gene", wie er genannt wird, nur mehr Speisen zum Mitnehmen. "Ich darf ja am Nachmittag nur noch Wein im Plastikbecher ausschenken", sagt er. Und obwohl er nur Sitzplätze im Freien hat, dürfen sich die Gäste nach 15 Uhr dort nicht mehr zum Verzehr hinsetzen. "So kann man doch nicht arbeiten", sagt er. Und: "Da wäre mir eine echte Ausgangssperre lieber."

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