Coronavirus:Feldafinger produziert im 3D-Drucker daheim Schutzvisiere für Zahnarzt

Feldafing: Felix Hummel fertigt mittels 3D Druckern Schutzvisiere

Felix Hummel stellt mit seinem 3D-Drucker die Halterung für eines seiner Schutzvisiere her, das er mit Plexiglasfolie und Gummiband aus den Nähkasten seiner Frau komplettiert.

(Foto: Nila Thiel)

Felix Hummel hat sich die Vorlage aus dem Internet geladen und überlässt die Geräte dem Starnberger Sebastian Henker, der sonst keine Patienten mehr behandeln könnte.

Von Leonard Frick

Nachtarbeit ist angesagt bei Felix Hummel in Feldafing. Nicht, dass der Hausherr selbst die ganze Nacht durchschuften müsste. Nein, er lässt seinen 3D-Drucker für sich arbeiten. Denn der 39-jährige Vater dreier kleiner Kinder druckt nach Dienstschluss ehrenamtlich für einen befreundeten Zahnarzt aus Starnberg Schutzvisiere für dessen Praxis. Das Gerät in Hummels Hobbyraum bewegt sich unablässig. Summt und piept, fährt nach links, rechts, links und wieder rechts. Wie von Geisterhand gesteuert. Kaum merklich wächst das Bauteil in die Höhe.

"Das Ganze funktioniert wie eine Heißklebepistole, der Druckkopf bewegt sich in alle Richtungen und bringt Schicht um Schicht flüssiges Material auf, das dann sehr schnell abkühlt", erklärt Hummel. So können dreidimensionale Gegenstände aus Kunststoff hergestellt werden. Die Objekte werden vorher am Computer entworfen oder als Vorlage aus dem Internet heruntergeladen.

Feldafing: Felix Hummel fertigt mittels 3D Druckern Schutzvisiere

Mit diesem 3D-Drucker wird die Halterung für die Schutzvisiere gedruckt.

(Foto: Nila Thiel)

Im Moment entsteht langsam die Halterung für ein Gesichtsvisier. Ist das Bauteil fertig, kommen ein Stück Plexiglasfolie und ein Gummiband dran - fertig ist die medizinische Schutzkleidung. "Die Folie gibt es im Schreibwarenladen, und die Gummizüge habe ich aus dem Nähkasten meiner Frau", sagt Hummel. Die Kosten für den Druck eines Visierhalters belaufen sich auf 1,30 Euro pro Stück. Der Drucker ist damit etwa zwei Stunden beschäftigt. Die ausgedruckten Visiere desinfiziert Hummel, packt sie in Plastikfolie und kann sie dann verschicken. Auf die Idee ist er durch die Frau seines Freundes Sebastian Henker gekommen. "Sie hat gesagt, dass ihr Mann bald seine Zahnarztpraxis zusperren könne, weil ihm die Schutzkleidung ausgehe. Ich habe sie dann gefragt, ob ihm solche Visiere helfen würden, und seitdem mache ich das." Bisher hat er fünf Stück für ihn gedruckt. Weitere Bauteile sind in Arbeit.

Henker, 43, leitet eine von zehn Notfallpraxen in der Region, die auch während der Coronakrise geöffnet haben. "Wir hatten eine Patientin, die saß eine Woche lang mit Schmerzen zuhause, weil sie sich in keine Praxis getraut hat. Als sie uns dann mit der Schutzkleidung gesehen hat, meinte sie, mehr könne man eigentlich nicht tun", erzählt der Mediziner. Allgemein ist Schutzausrüstung in diesen Zeiten Mangelware. Er habe einige Handschuhe, 500 Milliliter Desinfektionsmittel und 60 Masken von der Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns bekommen. Eine überschaubare Menge. "Mittlerweile rufen mich meine Patienten an, wenn sie Handschuhe finden, und fragen, ob ich die brauche", sagt Henker. So ist der Zahnmediziner auch weiterhin auf die Hilfe von Freunden und Bekannten angewiesen und muss auf improvisierte Notlösungen zurückzugreifen. "Als Schutzkleidung müssen wir sogar Malerkittel verwenden", sagt er, "die Schutzvisiere helfen uns extrem dabei, eine Kontamination zu verhindern".

Starnberg: Zahnarzt Sebastian Henker hat den Visier bereits in Benutzung

Mit den Visieren versorgt Hummel seinen Freund, den Starnberger Zahnarzt Sebastian Henker, der ohne die selbst gefertigte Schutzausrüstung aus Feldafing aufgeschmissen wäre.

(Foto: Nila Thiel)

Da kommt der Bastler mit dem 3D-Drucker gerade recht. "Ich bin normalerweise nicht so der Robin-Hood-Typ, der alles für die Allgemeinheit tut", sagt Hummel, der derzeit im Home-Office für ein IT-Unternehmen arbeitet, über sich. "Aber in der Krise sollte jeder schauen, wie er seine Ressourcen einsetzen kann, um der Gesellschaft zu helfen."

Vergangene Woche hat er mit einem Freund die Website "Lokalversorgt" entwickelt und gestartet. Durch diese Plattform sollen lokale Unternehmen unterstützt werden, die unter der derzeitigen Ausnahmesituation leiden. Natürlich hat der 39-Jährige nicht die Kapazität, um Unmengen an Visierhalterungen zu drucken - "ein Tropfen auf den heißen Stein", nennt er seine Aktion zurückhaltend. Aber er glaubt, dass es "eine große Community gibt", die nur darauf wartet, aktiv zu werden. Es brauche jemanden, der das Angebot, in diesem Fall die Personen mit Drucker, und die Nachfrage, zum Beispiel die Zahnärzte, koordiniert. Wenn die Corona-Krise vorbei ist, will Hummel wieder andere Objekte drucken. So will er sich zum Beispiel eine Holzfräse oder ein Teleskop für die nächtliche Sternenbeobachtung bauen.

"3D-Druck ist abgeschlossen. Druckzeit: eine Stunde und 51 Minuten", meldet sich unvermittelt eine Computerstimme aus einem Lautsprecher, der auf Hummels Schreibtisch steht. Es wird Zeit für das nächste Visier.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: