Süddeutsche Zeitung

Umweltfreundlicher Tourismus:Mit dem Leihrad bis in die Berge

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Der Feldafinger Christian Hopf hat das Start-up Alpinrad gegründet. An wechselnden Endhaltestellen öffentlicher Verkehrsmittel vom Kochelsee bis zum Walchensee bietet er seine Leihmodelle an. Damit soll der Verzicht aufs Auto schmackhaft werden.

Von Benjamin Engel, Lenggries / Feldafing

Wer für Unternehmungen in die Berge will, fährt meist mit dem Auto. Denn im Vergleich erscheint es immer noch als das flexibelste und schnellste Verkehrsmittel. Gerade dagegen will Christian Hopf aus Feldafing arbeiten, damit möglichst viele Ausflügler umdenken. Der 34-Jährige ist selbst bergsportbegeistert und allein 50 bis 60 Tage pro Saison für Skitouren in den Alpen unterwegs. "Ich habe gemerkt, dass ich meine schönsten Bergerlebnisse in Verbindung mit dem Fahrrad habe", sagt er. Für ihn ist es die deutlich entspanntere und umweltfreundlichere Alternative, für Touren möglichst weit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und dann auf das Fahrrad umzusteigen. Daher hat der Mitdreißiger das Start-up-Unternehmen "Alpinrad Bikesharing" gegründet; heuer zunächst als Pop-up-Projekt mit verschiedenen Leihstationen am Alpenrand.

Insgesamt um die 50 Fahrräder, darunter großteils Mountainbikes, aber auch E- sowie Trekkingmodelle, stehen an verschiedenen Stationen bereit. Buchbar sind sie via Internet über die Homepage von Alpinrad. Seit Ende Juli war Hopf schon jeweils zwei Wochen lang am Bahnhof in Kochel am See und an der Talstation der Herzogstandbahn am Walchensee. Bis zum vergangenen Wochenende war der Feldafinger am Lenggrieser Bahnhof, ehe Gmund folgt. Warum er gerade diese Stationen ausgewählt hat? "Man muss da ansetzen, wo die Verkehrsbelastung am größten ist", schildert Hopf. Um gerade die Tagesausflügler zum Umsteigen zu bewegen, eigneten sich nach seinen Erfahrungen am besten Orte mit einer guten Bahnanbindung. Pro Tag kostet ein Rad ohne Elektro-Unterstützung 15 Euro, mit Motor 30 Euro.

Auf diese Weise ist es für Hopf möglich, genauso so flexibel wie mit dem Auto zum Ausgangpunkt für Bergaktivitäten zu kommen. Er selbst schwärmt davon, wie er zum Tourenski-Saisonabschluss im Frühjahr nach Klais mit dem Zug und dann weiter mit dem Rad in die Eng auf der dann noch für den Verkehr gesperrten Mautstraße im Karwendel fährt. Aufgestiegen wird dann mit Skiern. "Das ist ein Traum", sagt Hopf.

Das mag sich für einige sehr extrem anhören. Hopf will aber auch das Auto gar nicht gänzlich verteufeln. Doch wo es gute öffentliche Anbindungen gebe, sollten diese auch genutzt werden, findet er. Dafür hat er sein Start-up-Projekt initiiert und es gleichzeitig in seine Abschlussarbeit für sein Studium der internationalen Wirtschaftswissenschaften an der Universität Innsbruck integriert. Darin befragt Hopf seine Kunden nach ihrem Mobilitätsverhalten und will so aussagekräftige Daten zum Bikesharing im ländlichen alpinen Raum gewinnen. Gleichzeitig hat der Feldafinger sein Start-up-Projekt bei der Europäischen Woche der Mobilität gemeldet. Mit dieser Kampagne will die Europäische Kommission nachhaltige Formen der Mobilität unterstützen.

Für ihn dürfte selbstverständlich auch entscheidend sein, dass er von seiner Idee finanziell leben kann. Denn bislang hat Hopf selbständig für ein auf Bodenuntersuchungen bei der Kampfmittelbeseitigungen spezialisiertes geologisches Ingenieurbüro gearbeitet. Das hat er für sein Start-up aufgegeben und gleichzeitig wieder angefangen, endlich eine Diplom-Arbeit fertigzuschreiben. Das hatte er auf Eis gelegt, als er vor Jahren mit der Bürotätigkeit begann.

Durchaus berechtigt wäre es also zu sagen, dass Hopf mit dem Start-up seine Alpinleidenschaft direkt in den Beruf integriert. Von Kindheit an hätten ihn seine Eltern schon sommers wie winters in die Berge "geschleift", sagt er etwas salopp. Wenn alles funktioniert, wie er es sich vorstellt, will er im Herbst mit dem Alpinrad Bikesharing noch Station in der Eng machen. Nächstes Jahr soll es statt Pop-up feste Leihstationen für Fahrräder geben.

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