Süddeutsche Zeitung

Gastronomie in Utting:Vom Kramerladen zum Café

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Früher hatte Lotte Kern in dem Gebäude in der Bahnhofstraße eine Gemischtwarenhandlung, jetzt starten Sina Setzer und Luis Lüps darin ein Café mit Barbetrieb.

Von Renate Greil, Utting

Noch ist das neue Café mit Barbetrieb ein Projekt, aber eines das mit viel Engagement voran getrieben wird. Seit November tasten sich Inhaberin Sina Setzer und ihr Lebensgefährte Luis Lüps in das neue Abenteuer "Gastronomiebetrieb". Eröffnet wurde im März - vorerst in Teilzeit, denn bislang haben sie nur freitags und samstags geöffnet. Ein weiterer Tag soll hinzu kommen, ebenso schrittweise umgesetzt werden soll auch ihr Konzept eines Treffpunktes für ein bunt gemischtes Publikum. Lesungen, einmal im Monat ein Bandauftritt, auch einmal eine Ausstellung, planen sie als Kulturprogramm.

Inhaberin Sina Setzer, 37 Jahre alt, arbeitet als Diplom-Restauratorin im Bereich Wandmalerei bei einem Uttinger Restaurator an drei Tagen in der Woche. Ihr Partner, der 36-jährige Schauspieler Luis Lüps, arbeitet gerade wieder an einer neuen Produktion des Elle-Kollektivs, die eine Landpartie verspricht, diesmal in Moosach. Das Paar lebt mit der fast zweijährigen Tochter in Utting.

Erste Erfahrungen in der Gastronomie im weitesten Sinne machten die beiden mit ihrer Produktion ihres eigenen Cidres "Süper Brüt". 1200 Liter haben sie letztes Jahr produziert, der Apfelwein wird natürlich auch im Café angeboten ebenso wie selbstgemachter Apfelsaft. Brot und Kuchen wird zum Teil selbst gebacken, zum Teil geliefert. Für die Kuchenauswahl, die auch vegane Produkte vorsieht, steuert die vom Uttinger Wochenmarkt bekannte Ute Jesina ihre Kreationen bei.

Gestartet wird der Tag mit einem kleinen Frühstück, wie Lüps erzählt. Die kulinarischen Angebote sind auf wenige Speisen begrenzt, die Tagestafel bietet beispielsweise Croissant mit Salzbutter, Gurken-Ricotta-Brot und Schinken-Käse-Grün-Sandwich an. "Einfache Sachen", sagt Lüps, aber mit guten Zutaten zubereitet. Ein gewisses Extra sei immer dabei. Auch ein kleiner Mittagstisch ist geplant. Vorgesehen ist, dass an manchen Tagen Crêpes und Galettes von Carl Stracke serviert werden.

Lüps, der sich abends um den Barbetrieb kümmert, während Setzer für den Tagesbetrieb und das Bürokratische zuständig ist, hat sich auch viel mit Naturwein zumeist von deutschen Winzern beschäftigt. Handwerklich gemachte Weine, die zum Teil "einen wilden Geschmack" haben, hat er im Ausschank. Zu vielen Weinen kann er etwas erzählen, der tagesaktuelle Umfang des breiten Angebotes umfasst drei Seiten. Er schwärmt auch von Schaumwein, dessen Image er aufbessern will. Bei den Cocktails, im Standard gibt es Negroni und Gin Tonic, richtet Lüps sich auch nach den Wünschen der Gäste.

Immer freitags gab es frische Heringe bei Lotte Kern.

Bisher macht den beiden der Betrieb "großen Spaß". Oft bekommen sie die Rückmeldung, dass die Gäste schon lange auf die Wiedereröffnung der Gastronomie in der Bahnhofstraße gewartet haben und sich sehr darüber freuen. Ein Aufhänger bei den Gesprächen ist der Name: "Lotti Kern". Denn in dem Haus, das aus den 1930er Jahren stammt, wurde lange ein Gemischtwarenladen betrieben. "Man ging zur Kern Lotte", bekam Lüps erzählt. Setzer hat im Zuge der Namensfindung über die Kern Lotte oder Lotti recherchiert. Es werden viele Geschichten erzählt, aber manches wiederhole sich: "Immer am Freitag gab es frische Heringe, die die Kern Lotte mit einer langen Holzzange aus dem Holzfass holte, sie hatte einen Dalmatiner namens ,Prinz' und eine Busenfreundin." Ein Nachbar verbindet mit dem kleinen Laden Süßigkeiten, die dort in großen Gläsern standen, deshalb brachte er ein kleines Bonbonglas mit roten Himbeerbonbons zur Eröffnung mit. Setzer hat das Motiv mit den Heringen aufgenommen und ein Bild dazu gemalt, dass nun über einem ausladenden Sessel hängt. Aus Kern Lotte wurde nun "Lotti Kern", was ihrem Konzept aus neuen Ideen gepaart mit Kernigem nahekommt.

Bestückt ist das Lokal mit Möbeln aus verschiedenen Stilrichtungen, die eine charmante Atmosphäre zaubern. Noch sind die Tische luftig gestellt, theoretisch wären es vierzig Sitzplätze ebenso wie auf der noch nicht vollständig möblierten überdachten Terrasse, die aus früheren Umbauten des Hauses stammt. Nach der Schließung des Gemischtwarenladens Ende der sechziger Jahre gab es in dem Gebäude verschiedene Cafés, dann folge das Restaurant "Zander" und zuletzt das italienische Restaurant "Lunardi". In den vergangenen Jahren wurden die Räumlichkeiten von den heutigen Hausbesitzern privat genutzt. Aber diese wünschten sich eine Neubelebung der Gastronomie und als Setzer und Lüps per Anzeige Räumlichkeiten für ihre Cidre-Produktion suchten, kamen sie mit dem Eigentümerpaar ins Gespräch. Überlegt hatten Setzer und Lüps schon früher, in die Gastronomie einzusteigen - allerdings eher als Pop-Up-Lokal.

Sie haben vieles übernommen, auch um die Investitionen nicht ausufern zu lassen, aber eine neue Küche musste beispielsweise eingebaut werden. Durch glückliche Umstände trauten sich Setzer und Lüps den Sprung ins Abenteuer, für das sie eine Probezeit von einem Jahr einplanen.

Café-Bar "Lotti Kern", geöffnet am Freitag von 9 bis 24 Uhr und am Samstag von 10 bis 24 Uhr, in der Bahnhofstraße 9 in Utting am Ammersee.

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