Bundestagswahl 2025:„Radikale Zuversicht“ in der schwersten Krise

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Die strahlende Siegerin Verena Machnik aus Höhenrain wird nach der Nominierung als Direktkandidatin der Grünen von einer Parteifreundin umarmt, (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Grünen aus dem Wahlkreis Starnberg-Landsberg-Germering benennen Verena Machnik aus Höhenrain als Direktkandidatin. Und das am Tag, an dem der Bundesvorstand seinen Rücktritt erklärt.

Von Michael Berzl, Starnberg

Der Zeitpunkt hätte kaum ungünstiger sein können: Die Grünen stecken in ihrer schwersten Krise, als in Starnberg eine wichtige Entscheidung für den nächsten Wahlkampf fällt. Verena Machnik aus Höhenrain bewirbt sich im nächsten Jahr als Direktkandidatin um einen Sitz im Bundestag. Mit großer Mehrheit setzt sich die 45-Jährige gegen ihre Mitbewerberin Miriam Anton aus Dießen durch.

Bei der Nominierungsversammlung mit Vertretern aus den Kreisverbänden Starnberg und Landsberg sowie aus Germering ist aber unüberhörbar, wie sehr es die Parteimitglieder nötig haben, sich Mut zuzusprechen, nachdem am Morgen der gesamte Bundesvorstand zurückgetreten war. Später wird auch noch bekannt, dass auch der Vorstand der Grünen Jugend die Partei verlässt.

Trotz oder gerade wegen der äußerst schwierigen Lage der Grünen ist das Interesse an der Nominierungsversammlung am Mittwochabend groß. Die Sitzplätze im kleinen Saal der Starnberger Schlossberghalle reichen kaum aus, einige Teilnehmer sitzen am Rand auf umgedrehten Getränkekisten. Trotz der Untergangsstimmung in der Bundespartei wegen des Scheiterns zuletzt in Brandenburg gibt sich die designierte Kandidatin Machnik kämpferisch. „Ja, wir stehen vor vielen Herausforderungen“, sagt sie in ihrer Vorstellungsrede vor etwa 150 Parteifreunden. „Mit radikaler Zuversicht“ wolle sie sich dem stellen – und sie versteigt sich in ihren Dankesworten nach ihrer deutlichen Nominierung als Kandidatin zu der Aussage: „30 Prozent sind schon drin.“ Damit war wohl der Stimmenanteil bei der Wahl in ziemlich genau einem Jahr gemeint. Diese Marke ist allerdings weit entfernt von aktuellen Prognosen, in denen die Grünen eher im Bereich von zehn bis zwölf Prozent liegen.

Bei ihren Parteifreunden immerhin gewinnt Verena Machnik mit ihrer Vorstellungsrede viele Sympathien; stellenweise gibt es Applaus und Jubel. Beim Ablauf unter der Leitung des Landtagsabgeordneten und Bezirksvorsitzenden Johannes Becher sind die Grünen formal streng. Jeder Bewerberin wird eine Redezeit von sieben Minuten zugebilligt und weitere drei Minuten für die Beantwortung von Fragen. Von genau 99 stimmberechtigten Mitgliedern votieren schließlich 80 für die Höhenrainerin und nur 17 für die Mitbewerberin aus Dießen. Zeitweise war auch der in den Gautinger Gemeinderat nachgerückte Heiko Braun als Bewerber im Gespräch; der ist aber nun nicht mehr angetreten.

In der Abstimmung unterliegt Miriam Anton aus Dießen (rechts) deutlich gegen Verena Machnik aus Höhenrain. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Machnik ist in München geboren und in Haidhausen und Wolfratshausen aufgewachsen. Nach dem Abitur hat sie in Augsburg Politik- und Kommunikationswissenschaften studiert und danach als Redakteurin in Nürnberg gearbeitet, wie ihrer Vita zu entnehmen ist. Seit 2013 lebt die Mutter von zwei Kindern im Alter von zehn und 13 Jahren mit ihrer Familie in Höhenrain und arbeitet als freie Journalistin und Lektorin für verschiedene Zeitschriften, Agenturen, Verlage und Unternehmen.

Sie ist begeisterte Schwimmerin und schafft auch mal eine Seeüberquerung von Tutzing nach Ambach. Als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin kümmert sie sich seit 2015 um Kinder und Jugendliche, die oft nicht schwimmen können, wenn sie nach Deutschland kommen. In Berg sitzt die 45-Jährige im Gemeinderat.

Federführend war sie im Februar beteiligt an einer Aktion unter dem Motto „demokratischer Schulterschluss“. Nach Kundgebungen gegen Rechtsextremismus und die AfD sollte damit parteiübergreifend ein Zeichen gesetzt werden: In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten Kreisvorstände der meisten Parteien im Landkreis Starnberg ihr Bekenntnis zu Demokratie und gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung. Als wichtige Anliegen nennt die Asylhelferin Machnik eine „echte Integrationspolitik“ und finanziell gut ausgestattete Kommunen, damit die ihren Aufgaben gewachsen sind. Angesichts des Vertrauensverlusts von Wählern sei es außerdem wichtig, „dass sich Politiker daran halten, was sie versprechen“.

Mit der Nominierung bei den Grünen sind nun vier Direktkandidaten bei der kommenden Bundestagswahl bekannt. Die FDP hat Mitte September den erst 21-jährigen Jurastudenten und Kreisvorsitzenden Paul Friedrich aus Tutzing nominiert. Bei der SPD geht wieder die 35-jährige Carmen Wegge aus Germering ins Rennen, die bereits ihre erste Legislaturperiode in Berlin absolviert. Und auch der 51-jährige CSU-Abgeordnete Michael Kießling will seinen Sitz im Parlament verteidigen. Im Bundestag sitzt er seit 2017. Dort ist der Diplom-Bauingenieur aus Landsberg im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Zu dem Wahlkreis 223 gehören Landsberg, Starnberg und die Stadt Germering. Gewählt wird nächstes Jahr am 25. September.

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