Bundestagswahl im Landkreis Starnberg:Kießling legt noch ein paar Prozent drauf

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Blumen für den Mann mit den meisten Stimmen: Michael Kießling hat den Wahlkreis mit 42,9 Prozent der Erststimmen gewonnen. Zu den ersten Gratulanten gehört der Landsberger Landrat Thomas Eichinger und Simon (links daneben).
Blumen für den Mann mit den meisten Stimmen: Michael Kießling hat den Wahlkreis mit 42,9 Prozent der Erststimmen gewonnen. Zu den ersten Gratulanten gehört der Landsberger Landrat Thomas Eichinger und Simon (links daneben). (Foto: Nila Thiel)

Der CSU-Direktkandidat darf mit einer weiteren Legislaturperiode in Berlin rechnen, doch auch für Carmen Wegge (SPD) dürfte es reichen. Aus dem Landkreis Starnberg kommen außerdem drei AfD-Abgeordnete.

Von Michael Berzl, Starnberg

Der Wahlkreis Starnberg-Landsberg-Germering ist im neuen Bundestag personell stark vertreten. Nach den Ergebnissen vom Sonntagabend sind es voraussichtlich vier Abgeordnete, die hier in der Region leben oder kandidiert haben: Michael Kießling (CSU) aus Landsberg, Carmen Wegge (SPD) aus München, sowie die drei AfD-Politiker Ingo Hahn aus Stockdorf, Gerrit Huy aus Inning und Reiner Gross aus Gauting.

Kießling durfte sich auf seine dritte Legislaturperiode schon vorab ziemlich sicher einstellen. Der 51-Jährige war ohne Platzierung auf der Landesliste und nur als Direktkandidat angetreten. Aufgrund der Wahlrechtsreform konnte es dieses Mal passieren, dass einzelne CSU-Kandidaten – anders als bei früheren Bundestagswahlen – leer ausgehen, obwohl sie in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen bekommen haben. Kießling dürfte dieses Schicksal jedoch nicht treffen, zumal sein Ergebnis mit 43,8 Prozent noch besser ausgefallen ist als bei der vorherigen Wahl 2021 (38,2 Prozent). Sein erstes Fazit am Wahlabend: „Es ist deutlich geworden, dass die Bürger einen Politikwechsel wollen. Die Ampelparteien haben alle verloren, während CDU und CSU deutlich zugelegt haben.“

Die SPD-Direktkandidatin und Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge aus München kann voraussichtlich für eine weitere Legislaturperiode in Berlin bleiben. Ganz sicher konnte sich die 35-jährige Juristin allerdings bis spät in die Nacht nicht sein: Zu ungewiss, wie es BSW und FDP ergeht und wie sich das Ergebnis dieser Parteien auf die Zusammensetzung des Bundestags auswirkt. Die SPD wird nach ihrem dramatischen Absturz voraussichtlich zum Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU/CSU. Keine erfreuliche Aussicht für Wegge, die bei den Erststimmen nur 12,7 Prozent erzielte: „Mit einem Friedrich Merz tue ich mich bei den Koalitionsmöglichkeiten schon sehr, sehr schwer.“

Die AfD stellt die zweitstärkste Fraktion im künftigen Bundestag. Ihr gehören auch zwei Politiker aus dem Landkreis Starnberg an, die Direktkandidaten in den Nachbarlandkreisen Weilheim-Schongau und Bad Tölz-Wolfratshausen waren. Für die 71-jährige Mathematikerin Gerrit Huy vom Ammersee ist es bereits die zweite Legislaturperiode. Ingo Hahn sitzt bislang schon im Starnberger Kreistag und im Bayerischen Landtag. Am Sonntag war er schon in Berlin, zunächst nur zum Feiern. „Mir geht’s hervorragend – und das Ergebnis ist auch hervorragend“, sagte er am Telefon. „Gut möglich, dass der Wahlkreis Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach demnächst einen neuen Bundestagsabgeordneten haben wird – nämlich mich.“ Theoretisch könnte er beide Mandate in München und Berlin ausüben. Rechtlich ist das möglich und im Bayerischen Abgeordnetengesetz auch geregelt. Allerdings gäbe es dann vom Landtag keine Entschädigung mehr. Den Sitz im Landtag verliert ein Abgeordneter erst, wenn er den Verzicht ausdrücklich erklärt.  AfD-Direktkandidat Alexander Neumeyer aus Seeshaupt hatte keinen Listenplatz und daher auch keine echte Erfolgsaussicht bei dieser Wahl. Diese Aussicht hatte jedoch sein Parteifreund Rainer Gross aus Gauting: Er schaffte es über Platz 20 der AfD-Liste, ins Berliner Parlament einzuziehen. Gross ist Rechtsanwalt, Mitglied im Bezirkstag und Schatzmeister der AfD in Bayern.

Applaus für Carmen Wegge: Die SPD feiert den Wahlabend im Abgeordnetenbüro in Starnberg.
Applaus für Carmen Wegge: Die SPD feiert den Wahlabend im Abgeordnetenbüro in Starnberg. (Foto: Georgine Treybal)
Gute Laune bei den Grünen, obwohl es die Direktkandidatin Verena Machnik nicht in den Bundestag schafft.
Gute Laune bei den Grünen, obwohl es die Direktkandidatin Verena Machnik nicht in den Bundestag schafft. (Foto: Georgine Treybal)

Die Grünen-Kandidatin Verena Machnik aus Höhenrain hat in einem Lokal in Stockdorf mit etwa 50 Mitstreitern und Sympathisanten vorrangig das vergleichsweise gute Ergebnis für ihre Partei gefeiert, das im Wahlkreis bei den Erststimmen 18,8 Prozent lag. Gleichwohl hatte die 45-Jährige damit rechnen müssen, dass es angesichts des bundesweiten Ergebnisses für sie nicht reichen würde. Sie war auf Platz 18 auf der Landesliste in die Wahl gegangen, am Sonntagabend aber durfte ihre Partei nur mehr mit 15 Plätzen für Kandidaten aus Bayern rechnen. Machnik kündigte an, sie werde weiterhin „für Klimaschutz und Vielfalt in diesem Land kämpfen“. Sie hält es für bemerkenswert, dass die Grünen zwar jene Partei in der Ampelkoalition gewesen sei, die am meisten gescholten wurde, dass ihr Wahlergebnis aber am stabilsten geblieben sei.

Die FDP, einstmals eine Hochburg der Liberalen im Landkreis Starnberg, mit 7,3 Prozent der Zweitstimmen den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft – aber nur im Landkreis. Bis zum späten Abend stand allerdings nicht fest, ob das auch bundesweit gilt. Direktkandidat Paul Friedrich aus Tutzing blieb mit 4,5 Prozent der Erststimmen unter dem bundesweiten Trend. Bedeutungslos für das Gesamtwahlergebnis waren im Landkreis Starnberg die Zweitstimmen für „Die Linke“ (4,6 Prozent) und die Freien Wähler (2,1 Prozent). Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) musste lange bangen, ob es reicht. Simone Ketterl aus Utting war auf dem vielversprechenden zweiten Platz auf der Landesliste angetreten und als Direktkandidatin in Passau.

Die Ergebnisse im Wahlkreis Starnberg-Landsberg, zu dem auch die Stadt Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck gehört, unterscheiden sich signifikant von den deutschlandweiten Resultaten. Rund um Ammersee und Starnberger See schneiden Union und Grüne besser ab, die SPD und die AfD hingegen schlechter. Etwas mehr als 214 000 Wahlberechtigte waren zu der Abstimmung aufgerufen; die Wahlbeteiligung lag bei 88,1 Prozent.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war der dritte AfD-Kandidat aus dem Landkreis Starnberg, der den Einzug in den Bundestag geschafft hat, Rainer Gross, noch nicht aufgeführt. Diese Version haben wir nun angepasst. 

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