Schon wieder? Britta Hundesrügge war 2014 Bürgermeisterkandidatin der FDP in Gauting, 2017 Direktkandidatin bei der Bundestagswahl und 2018 bei der Landtagswahl. Und nun hängen einmal mehr 1000 Plakate mit ihrem Konterfei zwischen Starnberger See und Ammersee. "Ich bin das Gesicht der FDP im Landkreis", sagt Hundesrügge. Es brauche eben ein bis zwei überregionale Kandidaturen, um bekannt zu werden. Frotzeleien ernte sie keinesfalls, auch nicht von der Konkurrenz, nur viel Zuspruch. Tatsächlich könnte es die ewige Kandidatin diesmal sogar in den Bundestag schaffen. Hundesrügge kämpft jedenfalls entschlossen dafür.
Seit Monaten ist sie unterwegs. Sie habe alle Geschäfte in Starnberg, Germering, Seefeld und Tutzing und viele in ihrer Heimatgemeinde Gauting besucht, wo sie am bekanntesten sein dürfte. Sie versucht die Stimmung aufzusaugen, fragt die Inhaber stets: "Was erwarten Sie von der FDP?" Sie beantwortet jeden Tag zig E-Mails. Sie verteilt Tausende ihrer Flyer, die sie in Gauting hat drucken lassen und schon dreimal nachbestellt hat. Sie hatte Parteichef Christian Lindner im August auf dem Starnberger Kirchplatz vor 250 Zuhörern zu Gast und neulich Generalsekretär Volker Wissing in Gilching. Die bundesweite Prominenz lässt sich gern in der reichen, liberalen Hochburg blicken.
Wissing war mit Hundesrügge und ein, zwei Dutzend Sympathisanten zu Besuch in der Bäckerei von Parteifreund und Kreisrat Willi Boneberger. Mittelstand, Handwerk, Zwetschgendatschi - ganz nach dem Geschmack der Liberalen. Hundesrügge steht da unter lauter Anzug- und Hemdenträgern und knüpft die Gesprächsfäden. Als der Dialog zwischen Wissing und Boneberger ins Stocken gerät - nach Herzbrezen für einen guten Zweck und Schwierigkeiten von Familienbetrieben -, wirft Hundesrügge geschwind das Thema Krapfen-Aktion der Bäckerei und deren ökonomische Bedeutung ein. Die 54-Jährige arbeitet als Moderatorin für Radio und Fernsehen und weiß, für ihre Standpunkte zu werben. Auf ihrer Internetseite veröffentlicht sie regelmäßig gut gemachte Videointerviews mit lokaler Prominenz in der Reihe "Britta trifft. . ."
Sie versprühe Optimismus und gute Laune, befindet der Generalsekretär nach seinem Besuch, bei dem er Hundesrügge gerade erst kennengelernt hat. Sie stamme aus der Kommunalpolitik, der "Königsdisziplin", wie er sagt, in der man lerne, praktische Probleme zu lösen, und erkenne, dass auch vermeintlich kleine Dinge eine große Bedeutung für Menschen haben könnten. "Sie brennt fürs Gestalten", sagt Wissing über Hundesrügge, die das rührt, weil sie sich gut getroffen sieht.
Die Kandidatin gehört seit sieben Jahren dem Gautinger Gemeinderat an und seit sechs Jahren dem Kreistag. Im vergangenen Jahr wählte das Gremium sie sogar zur weiteren Stellvertreterin des Landrats, der einzigen der FDP in ganz Oberbayern - dabei war sie ausnahmsweise einmal nicht Spitzenkandidatin ihrer Partei. In den Landtag hätte sie es fast geschafft, dort steht sie als erste Nachrückerin auf der Liste der FDP. Was jetzt das Ticket nach Berlin angeht, muss sie wegen ihres mäßigen Listenplatzes 18 auf ein gutes Abschneiden ihrer Partei in Bayern mit knapp 14 Prozent hoffen, die jüngsten Umfragen sehen die FDP bei 12 und 13 Prozent. Oder aber die Wahlarithmetik verhilft ihr in den Bundestag - wenn die CSU Überhangmandate holte, für die andere Parteien mit Ausgleichsmandaten bedacht würden.
Dinge verändern, Missstände beheben: Das sei ihr Antrieb in der Politik, sagt Hundesrügge. Als sie 1996 nach Gauting zog und es für ihr damals einjähriges Kind keine Spielgruppe gab, organisierte sie eben selbst eine. Als das Kind drei Jahre alt wurde, gründete sie dann eine Kita. Die gebe es heute noch, sagt die Mutter dreier mittlerweile erwachsener Kinder, und sei im Kindernest des Roten Kreuzes aufgegangen. Die in ihren Augen rückständige bayerische Bildungspolitik brachte sie 2008 in die FDP, sie soll zusammen mit der Digitalisierung einer ihrer Schwerpunkte in Berlin sein, neben mehr Gestaltungsfreiheit für Kommunen und dem Bau von Werkswohnungen.
Hundesrügge stammt aus einer niedersächsischen Handwerkerfamilie, "die für sich selbst gesorgt hat", wie sie sagt, und liberale Werte gelebt habe. Während Rot-Grün stets die Alleinerziehende als Fixpunkt der Politik im Blick habe und einen Staat, der sich um alles kümmere, wolle sie Eigeninitiative und die Leistungsträger stärken, sagt sie und deutet auf Bäcker Boneberger. Schließlich müssten Sozialleistungen erst einmal erwirtschaftet und Jobs geschaffen werden.
Im Wahlkampf profiliert sie sich auch mit Persönlichem. Ihre Kleider kaufe sie in Starnberger Geschäften und bestelle grundsätzlich nichts bei Internetriesen, sagte sie neulich in der Diskussion von vier Direktkandidatinnen und -kandidaten im Starnberger Kino. Dabei schockierte sie die Konkurrenz mit ihrem im Internet selbst errechneten CO₂-Fußabdruck, der bei 7,5 Tonnen liegen soll. Das wäre außergewöhnlich niedrig. Nun, sie hat das noch einmal überprüft mit einem anderen Rechner, den sie mit den gleichen Angaben fütterte, wie sie beteuert - und kam auf eher durchschnittliche zehn Tonnen.