Bürgerentscheid in Inning:Sturm vor der Ruhe

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Innings Bürgermeister Walter Bleimaier rechnet bei der Abstimmung am Sonntag mit einem Votum gegen den Bau von Windrädern an der Lindauer Autobahn. Die Gegner vertreten ihren Standpunkt viel engagierter als die Befürworter

Von Astrid Becker, Inning

Es gibt kein anderes Thema in Inning, das derzeit die Gemüter so erhitzt wie die drei geplanten Windräder nordwestlich der Lindauer Autobahn. Am Sonntag liegt die Entscheidung, ob das Projekt weiter vorangetrieben wird, bei den Bürgern der kleinen Ammerseegemeinde. Denkbar wäre, dass dieser Entscheid, dem ein Ratsbegehren vorausgegangen war, das Aus der Energiewende durch Windkraft im westlichen Landkreis bedeutet.

Ob sich die heftigen Auseinandersetzungen in einer hohen Beteiligung an der Abstimmung niederschlägt, kann bezweifelt werden. Bislang haben 13,4 Prozent der Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen angefordert; das ist nicht besonders viel, wenn man bedenkt, dass sich gerade diese Form der Wahl steigender Beliebtheit erfreut. Bis zu 25 Prozent Briefwähler sind im Landkreis Starnberg keine Seltenheit mehr. Das Rathaus in Inning rechnet daher auch am Sonntag mit keiner allzu großen Beteiligung. "68 Prozent wie bei der Kommunalwahl werden es nicht werden", sagt Bürgermeister Walter Bleimaier. Das Quorum, das bei 20 Prozent liegt, werde man aber "schon leicht erreichen", glaubt er. Dann wäre die Entscheidung am Sonntag für Bleimaier bindend.

Zu entscheiden ist über folgende Frage: "Sind Sie dafür, dass im Gemeindegebiet von Inning nördlich der Bundesautobahn A 96 und innerhalb der Konzentrationsfläche des südlichen Teilflächennutzungsplans (Windkraft) bis zu drei Windenergieanlagen errichtet werden, sofern 1) die Wirtschaftlichkeit gegeben ist, und 2) die Gemeinde Inning die Windenergieanlagen unter finanzieller Beteiligungsmöglichkeit der Bürger betreibt?"

Die Gegner des Projekts, die vor allem aus der Nachbargemeinde Grafrath und aus Etterschlag stammen, hatten diese Fragestellung, auf die sich der gesamte Gemeinderat nach einer zweistündigen Sitzung geeinigt hatte, massiv kritisiert. Sie bemängelten, dass der Artenschutz dabei nicht berücksichtigt werde. Ein Gutachten, das über einen Zeitraum von zwei Jahren die Konzentrationsfläche, auf der die drei Windräder gebaut werden sollen, geprüft hatte und von den Gegner finanziert worden war, hatte dort Brut- und Jagdplätze von geschützten Arten wie dem Rotmilan und dem Wespenbussard ausgemacht. Dem offiziellen Gutachten der Münchner Stadtwerke zufolge, das an mehreren Tagen im vergangenen Jahr erstellt wurde, bestehen hingegen keinerlei Bedenken; darin ist nur von einem Rotmilan-Brutplatz in drei Kilometer Entfernung die Rede.

An diesem Widerspruch könnten sich die Geister also noch scheiden, auch wenn man an die Gemeinde Berg denkt, in der das dortige Windkraftprojekt schon sehr weit gediehen war. Mittlerweile hat aber die Höhere Naturschutzbehörde Zweifel angemeldet, ob dort dem Artenschutz ausreichend Rechnung getragen wurde. Berg muss nun nachuntersuchen lassen.

In Inning hingegen entscheiden erst einmal die Bürger, wie sie zur Windkraft stehen. Auffällig ist dort, dass sich die Kritiker recht lautstark zu Wort gemeldet, sogar große Anzeigen mit ihren Argumenten geschaltet haben. Von den Befürwortern hingegen war bislang nur Schweigen zu vernehmen. Auch von den Gemeinderatsfraktionen war, mit Ausnahme der BIZ, ihre mehrheitlich positive Position zum Thema erst auf Drängen der SZ zu erfahren. Gekämpft haben sie nicht. Große Begeisterung für die drei geplanten Windräder ist also in der Gemeinde nicht zu spüren, abgesehen von der Ortsgruppe des Energiewende-Vereins. Sie bot immerhin zwei Fahrten in den Windpark Wildpoldsried an, um den Inningern die Möglichkeit zu geben, sich dort eingehend zu informieren.

So verwundert es auch nicht, dass Bürgermeister Bleimaier, der zwar für die Energiewende ist, das Windkraftprojekt aber dennoch nur von seinem Vorgänger "geerbt" haben will, überzeugt ist, den Ausgang des Entscheids zu kennen: "Die Bürger werden es ablehnen." Weil es sie nicht wirklich betreffe und weil Windräder ihnen nicht gefielen. Bewahrheitet sich diese Einschätzung, wird das Projekt nicht mehr verfolgt. Stimmen die Bürger jedoch dafür, treibt die Gemeinde die Planungen gemeinsam mit den Stadtwerken voran. Ob dies dann allerdings von Erfolg gekrönt sein würde, ist trotzdem fraglich. Denn in der Nachbargemeinde Grafrath will man auf die Einhaltung der 10-H-Regelung bestehen und notfalls die Gerichte bemühen. Sollte Grafrath damit durchkommen, wären die jetzigen Standorte für die Windräder wohl nicht bis Ende 2016 wie geplant durchzusetzen - und das ganz unabhängig davon, wie die Inninger am Sonntag entscheiden.

© SZ vom 06.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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