Süddeutsche Zeitung

Bündnis "Sichere Häfen":Tutzing will Flüchtlingsleid lindern

Die Gemeinde unterstützt die Aktion für humanitäre Hilfe im Mittelmeerraum mit 3000 Euro - als bisher einzige Kommune des Landkreises.

Von Manuela Warkocz

"Wir wissen alle, dass die Lage fürchterlich ist - Unvorstellbares passiert in Europa, im Mittelmeer." Wenn Tutzings Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) über die katastrophale Situation für Flüchtlinge spricht, ist ihre persönliche Erschütterung spürbar. Bei Worten soll es aber nicht bleiben. Tutzing wird seine erklärte Solidarität mit dem bundesweiten Bündnis "Sichere Häfen" unter Beweis stellen und in den kommenden Wochen eine groß angelegte Spendenaktion für "Humanitäre Hilfe im Mittelmeerraum" aktiv unterstützen. 3000 Euro steuert die Gemeinde als Sockelbetrag bei und richtet ein Spendenkonto ein. Die beiden Kirchen sind mit dem Ökumenischen Helferkreis die treibenden Kräfte. Die Seegemeinde engagiert sich damit als erste Kommune im Landkreis Starnberg in dieser Form. Kapitän Claus-Peter Reisch, der selbst bei sieben Missionen hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet hat, sieht Tutzing als beispielhaften Vorreiter und hofft auf weitere Nachahmer.

Der Landsberger Kapitän hat schon mehrfach, begleitet von großem Interesse, über seine humanitäre Arbeit in Tutzing berichtet. Im Hauptausschuss des Gemeinderats nannte Reisch am Dienstag drei Bereiche, in denen Projekte unterstützt werden sollten: Fluchtursachen bekämpfen, Seenotrettung - "man kann die Menschen nicht ertrinken lassen, das geht nicht" - und vernünftige Integration von Flüchtlingen. Pfarrer Peter Brummer, der in Tutzings katholischer Pfarrei St. Joseph seit Jahren immer wieder Flüchtlinge im Kirchenasyl schützt, sprach sich für medizinische Unterstützung auf Lesbos mit dem Verein Medical Volunteers International aus. Die Augsburger Ärztin Maria Möller kennt Brummer persönlich. Möller versucht mit dieser Organisation, im neuen Flüchtlingslager Kara Tepe in einer Ambulanz den eng zusammengepferchten, zumeist von ihren Fluchterfahrungen traumatisierten 7000 Menschen grundlegende Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen. Claudia Steinke, Sprecherin des Ökumenischen Helferkreises, hält die Betreuung von unbegleiteten Jugendlichen in griechischen Flüchtlingslagern, die völlig ungeschützt seien und sich Erwachsenen "andienten", für vordringlich.

Welche gemeinnützige Organisation die Tutzinger konkret fördern, entscheidet ein Projektteam aus Mitgliedern des Unterstützerkreises gemeinsam mit Kapitän Claus-Peter Reisch und CSU-Gemeinderat Florian Schotter. Letzterer fungiert als Ansprechpartner der Gemeinde für die Seenotrettung. Für die Spendenaktion planen die Initiatoren mit der Gemeinde einen Flyer, der in Kirchen, Läden und bei Ärzten ausgelegt werden soll, sowie Infostände. Die evangelische und die katholische Kirche werden Spendenkonten einrichten. Das Spendenkonto der Gemeinde wird auf der Homepage veröffentlicht.

Dass sich die Gemeinde inhaltlich solidarisch zeigt und auch finanziell beteiligt, beschloss der Ausschuss ohne große Diskussion einstimmig. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) fand es sogar "eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass wir mindestens 3000 Euro beitragen". Das "übliche Gejammer", dass Tutzing kein Geld habe, dürfe in diesem Fall keine Rolle spielen. Der Bürgermeisterin war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass "die Not bei uns", die es auch gebe, dennoch nicht vergessen werde. Für soziale Zwecke in Tutzing unterhält die Gemeinde ebenfalls ein Konto. "Da ist auch vorgesorgt", versicherte Greinwald.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2020
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