Buchheim Museum:Hauptwerke des Untergrunds

Die Münchner Street-Art-Szene zeigt unter dem Motto "Won Abc & Friends" im Buchheim Museum ihre Arbeiten. Star ist der ehemalige S-Bahn-Sprayer Won ABC, dessen Bildwelten von Zombies bevölkert sind

Von Katja Sebald, Bernried

Samstagmittag im Buchheim Museum. Von Party noch keine Spur. Ein paar bärtige Typen in farbbespritzten Hosen stehen herum. Ein älterer Herr sagt den Journalisten ins Mikrofon, dass er sich seinen schnittigen Rennwagen aus den Sechzigern "rein als Geldanlage" mit psychedelischen Motiven besprühen lassen habe. Das Kulturpublikum auf der Suche nach der "richtigen" Kunst drängelt sich an dem störenden Pulk aus irgendwie wild und bunt aussehenden Menschen vorbei. Münchner Street-Art-Künstler stellen in der Provinz aus, in einem veritablen Museum.

Museumsdirektor Daniel Schreiber ist sichtlich stolz auf die "Hauptwerke des Untergrundes, made in Munich", die er für die aktuelle Ausstellung nach Bernried geholt hat. Kurz vor der "Eröffnungsparty" gibt er sich betont locker. Es sei "verdammt schwierig" geworden, mit Kunst skandalös zu sein, sagt er, aber: "Man regt sich auf, wenn Kunst an Orte vordringt, an die sie eigentlich nicht hingehört." Nun könnte man vielleicht argumentieren, dass Street Art nicht in ein Museum gehört, aber selbst das ist angesichts der längst vollzogenen Kommerzialisierung der einstmals illegalen Kunst aus dem Untergrund schon ein alter Hut - und für die Ausstellung von "WON ABC & Friends" kooperiert das Museum mit der Münchner Galerie Richter & Masset, von der die meisten der ausstellenden Künstler vertreten werden.

Bereits seit zwei Jahren steht ein polnischer Militärhubschrauber im Park des Buchheim Museums, der im Auftrag der Galerie von Münchner Sprayern unter dem Motto "From War to Peace" in ein Kunstwerk verwandelt worden ist. Jetzt hat man die Zusammenarbeit noch einmal erweitert und den Künstler und ehemaligen S-Bahn-Sprayer Won ABC, der nach einem Studium bei Robin Page auf die legale Seite der Kunst gewechselt hat, mit einem monumentalen Gemälde an der Außenwand des Museums beauftragt. Parallel dazu sind im Vortragssaal und in einem der langen Gänge Arbeiten von etwa 35 Künstlern der Münchner Street-Art-Szene zu sehen. Die weitaus meisten der Bilder von Won ABC entstehen als Airbrush auf Leinwand. Seine von Zombies und comicartigen Figuren bevölkerten Bildwelten sind oder waren oftmals gesellschafts- oder kirchenkritisch zu lesen. Es gibt Bilder aus den Neunzigern, in denen er den Irakkrieg anprangert oder sich selbst auf dem elektrischen Stuhl darstellt. Eine andere Bildtafel zeigt Jesus als Superheld oder das Münchner Kindl als vielarmiges Pin-Up-Girl in gelbschwarzer Reizwäsche, alles handwerklich höchst überzeugend ausgeführt. Seine "Wholetrains" entstehen jetzt auf Fotos von S-Bahnen in Originalgröße, einige dieser Arbeiten sind ebenfalls in Bernried zu sehen.

Den Kick beim nächtlichen Besprühen eines "schlafenden Zugdrachens", von dem einer der Künstler bei der Ausstellungseröffnung erzählt, dürfte man wohl beim Besprühen von Legozügen eher nicht empfunden haben. Auch die von mehreren Künstlern bemalten und besprühten und als Zugwaggons gestalteten Gettoblaster sind für eine Ausstellung entstanden. Der Künstler Cemnoz zeigt eine tagging-artige Umsetzung des "Vater unser", die Künstlerin Beastiestylez ihre popsurrealistischen Märchenfiguren und Casiegraphics ihre Tiermotive, I are ugly ist mit seinen freundlichen Monstern im Comic Stil vertreten. Filmvorführungen und ein Sprayer-Workshop begleiten die Ausstellung. Höhepunkt, aber nur bei schönem Wetter: Am 29. Juli soll die Einweihung des neuen Wandbildes stattfinden, an dem der Künstler nur bei gutem Wetter arbeiten kann.

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