Ausstellung "Buchheim 100":100 Jahre Lothar-Günther Buchheim

Bernried: Buchheim Museum : 100 Jahre Buchheim

Die Ausstellung "Buchheim 100" zeigt, dass der Künstler keineswegs Opfer der Nazi-Herrschaft war, sondern bereitwillig kooperiert hat.

(Foto: Nila Thiel)
  • Lothar-Günther Buchheim war zu Lebzeiten Künstler, Autor, Verleger, Sammler und Museumsgründer.
  • Für die aktuelle Ausstellung im Buchheim-Museum hat der Journalist Gerrit Reichert umfängliches und bisher unbekanntes Archivmaterial zusammengetragen.
  • Im Dienst des Reichspropagandaministeriums schrieb er auch das Buch "Jäger im Weltmeer", als Vorbild für den Roman "Das Boot" hat es ihn Jahrzehnte später reich gemacht.

Von Katja Sebald, Bernried

"Die Wahrheit ist ja ein heikel Ding", sagte der Lothar-Günther Buchheim einst in einem Interview. Der Künstler, Autor, Verleger, Sammler und Museumsgründer hat seine eigene Legende noch zu Lebzeiten selbst geschrieben. Zu seinem 100. Geburtstag sei eine historisch-kritische Neufassung seines Lebenslaufs Gebot der Stunde gewesen, sagt der Direktor des Buchheim Museums, Daniel J. Schreiber.

Eine umfangreiche Ausstellung erzählt Buchheims Leben anhand von vier Booten, die für jeweils entscheidende Etappen stehen. In seinem Vorwort zur 250 Seiten starken Begleitpublikation geht Walter Schön, Vorstandsvorsitzender der Buchheim Stiftung, auch auf die Anfang des Jahres erschienene Biografie von Buchheims Sohn Yves ein. "Eine suggestive Wolke der Beschuldigungen überlagert die Wahrnehmung Buchheims", schreibt Schön. Weder die Heiligsprechung des Museumsgründers sei Anliegen der Stiftung, noch wolle man das Jüngste Gericht über ihn abhalten.

Die aktuelle Ausstellung, vor allem aber der Katalog, für den der Journalist Gerrit Reichert umfängliches und bisher unbekanntes Archivmaterial zusammengetragen hat, stützt sich deshalb strikt auf die Faktenlage. Es entsteht ein facettenreiches und wenig schmeichelhaftes Bild von Lothar-Günther Buchheim. Neu beleuchtet wird vor allem seine Rolle im NS-Propagandaapparat.

Bernried: Buchheim Museum : 100 Jahre Buchheim

Auch die Schreibmaschine, auf der Ditti Buchheim das Manuskript für "Das Boot" getippt hat, ist in der Ausstellung zu sehen.

(Foto: Nila Thiel)

Der erste Teil der biografischen Schau widmet sich der Kindheit und Jugend in Chemnitz und dann vor allem der Paddeltour auf der Donau bis zum Schwarzen Meer, die der 20-Jährige im Jahr 1938 unternahm und die in die Buchveröffentlichung unter dem Titel "Tage und Nächte steigen aus dem Strom" mündete. Zeichnungen und Fotos, die auf dieser zur "Initiationsreise"stilisierten Fahrt entstanden, sind ebenso zu sehen wie das hölzerne Gerippe des Faltboots von damals, das sich bei der Räumung von Buchheims Haus in Feldafing fand.

Der zentrale Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit Buchheims Arbeit als Kriegsberichterstatter der Marine im Zweiten Weltkrieg. Reichert konnte mit seiner Recherchearbeit darlegen, dass Buchheim keineswegs ein Opfer nationalsozialistischer Gleichschaltung war, sondern dass er sehr zielstrebig und bereitwillig kooperierte.

Als einer der erfolgreichsten Kriegsmaler, Wort- und Bildberichterstatter überhaupt veröffentlichte er in den auflagenstärksten Publikationen des Deutschen Reichs und war mit seinen Bildern von Soldaten und Kommandanten wie auch von U-Booten in den Jahren 1941 bis 1943 in der "Großen Deutschen Kunstausstellung" vertreten. Im Dienst des Reichspropagandaministeriums schrieb er auch das Buch "Jäger im Weltmeer".

Das Schiff, das diesen Lebensabschnitt symbolisiert, ist das U 96, auf dem Buchheim unter dem Kommandanten Heinrich Lehmann-Willenbrock bei einer "Feindfahrt" mitfuhr. Als Vorbild für den Roman "Das Boot" sollte es ihn Jahrzehnte später reich machen - in der Ausstellung ist es als Filmrequisite vertreten.

Angesichts der bislang unterschätzten Bedeutung von Buchheim in der NS-Propagandamaschinerie erscheint die Überschrift "Tätige Reue" für das dritte Kapitel etwas überraschend: Zwar wurde Buchheim unmittelbar nach Kriegsende zum "Chief of the M.G. Police of Feldafing" ernannt, nutzte aber diese Machtposition, um von den amerikanischen Streitkräften Benzin zu stehlen und die Gebäude der ehemaligen NS-Reichsschule zu plündern. Dafür wurde er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Die Aufarbeitung der Kriegserlebnisse wird durch ein Modell von Deutschlands erstem Nuklearschiff "Otto Hahn" symbolisiert. Im letzten Ausstellungsteil mit der Überschrift "Vom Meer durch die Wolken an den See" wird das Museum mit seiner Architektur voller Schiffsmetaphorik anhand Originalmodellen aus dem Büro Behnisch dargestellt.

Die Jubiläumsausstellung "Buchheim 100" ist bis zum 1. Juli 2018 zu sehen. Buchheim Museum, Am Hirschgarten 1 , 82347 Bernried Tel: 08158 997020

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