Buchheim-Ausstellung:Hommage an einen klugen Kauz

Die vergessenen Bilder von Lothar-Günther Buchheim werden in Bernried gezeigt - bei der Eröffnung der Ausstellung erinnern sich drei Wegbegleiter an den Autor, Künstler und Verleger

Von Katja Sebald, Bernried

Muss man jetzt ein Kapitel Kunstgeschichte neu schreiben? Oder den Sammler und Autor Lothar-Günther Buchheim in einem neuen Licht sehen? Dieser Frage geht die Ausstellung von "Buchheims vergessenen Bildern" nach, die derzeit parallel zur aufsehenerregenden Picasso-Ausstellung im Bernrieder Buchheim Museum zu sehen ist.

42 Ölgemälde, zumeist Porträts von Menschen aus seinem Umfeld, die Lothar-Günther Buchheim selbst in den Jahren 1938 bis 1952 malte, fanden sich im Nachlass seiner 2014 verstorbenen Witwe Diethild Buchheim. Es sind Bilder, mit denen Buchheim nie an die Öffentlichkeit ging und von denen einige unvollendet geblieben sind. Sie zeigen aber nun sehr eindrücklich, dass Buchheim zunächst auch als Maler das versuchte, was er als Autor propagierte: Nach der Verfemung durch die Nationalsozialisten waren die Vertreter des deutschen Expressionismus, insbesondere die Brücke-Maler, beinahe in Vergessenheit geraten. Ein "natürliches Ausschwingen" und "Mitgehen in neuen Strömungen der Kunst" sei durch "das barbarische Verdikt der zur Macht Gelangten abrupt unterbrochen" worden, schrieb Buchheim 1956 im Vorwort seines Buchs über die Künstlergemeinschaft "Brücke". Es war deshalb sein Ziel, die Avantgardisten des frühen 20. Jahrhunderts wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen.

Buchheim-Ausstellung: Frauen-Porträts malte auch Buchheim.

Frauen-Porträts malte auch Buchheim.

(Foto: Arlet Ulfers)

Unbestritten sind Buchheims Verdienste als Autor, Verleger und vor allem als Sammler: Es ist nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass Künstler wie Max Beckmann, Otto Dix, vor allem aber Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein und Otto Mueller heute auch international die ihnen zustehende Aufmerksamkeit bekommen. Dass Buchheim anfänglich aber auch als Maler direkt an die von ihm verehrten Künstler anknüpfen wollte, war bislang wenig bekannt. Während die jetzt gezeigten Portraits aus den frühen Jahren in Feldafing in deutlicher Anlehnung an seinen Mentor, den in Tutzing lebenden Berliner Secessionisten Leo von König, entstanden, finden sich bei den späteren Arbeiten drei Bilder, bei denen Buchheim versuchte, sich durch Kopieren den Stil der Brücke-Künstler anzueignen.

Buchheim-Ausstellung: Über den Künstler und Sammler diskutierten Klaus Doldinger, Kurt Faltlhauser und Michael Skasa (v. re.).

Über den Künstler und Sammler diskutierten Klaus Doldinger, Kurt Faltlhauser und Michael Skasa (v. re.).

(Foto: Arlet Ulfers)

Schade ist es dabei allenfalls, dass Kirchners Gemälde "Die Artistin Marcella" von 1910 und "Die Russin" von 1912 nicht im direkten Vergleich gezeigt werden können. Anders jedoch die "Norwegische Landschaft" von Karl Schmidt-Rottluff aus dem Jahr 1912: Hier hängen Original und Kopie in unmittelbarer Nachbarschaft.

Entstanden ist eine Ausstellung, die auch kritisch vor Augen führt, dass es Buchheim als Maler nicht gelungen ist, den Expressionismus in die neue Zeit hinüberzuretten und weiter zu entwickeln.

In dem Erinnerungsgespräch, das drei seiner Wegbegleiter am Sonntag vor seinen Bildern führten, wurde noch einmal der kauzige Sammler und Museumsgründer Buchheim lebendig. Der Saxofonist Klaus Doldinger, der Buchheim und sich selbst mit der Musik zum Kinofilm "Das Boot" unsterblich gemacht hat, spielte noch einmal die berühmte Melodie und einen "Blues für Ditti und Buchheim". Der Journalist Michael Skasa wusste über den knausrigen Verleger Buchheim zu berichten, für den sein Vater arbeitete. Und der ehemalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser hatte entscheidenden Anteil an der Realisierung von Buchheims Museums und ist heute im Vorstand der Stiftung, die als Träger des Museums fungiert.

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